Kultur mit Kind, Nachgefragt

Der Vorteil von Schubladen

Wie es ihrem erotischen Debüt in der Fräulein-Schublade ergangen wäre, was ihr Kind über ihre Bücher weiß, wie sie zu Prenzlauer Berg steht und in welches Wespennest sie nicht stechen möchte, darüber habe ich mit Anna Blumbach gesprochen.

Selfie der Autorin

1.) Du schreibst schon erotische Romane noch bevor es en Vogue war, dass jeder sie liest, mit welchen Vorurteilen hast und hattest Du als Schreiberin zu kämpfen? Meine Erfahrung ist, dass meine Bücher wegen eben dieser Bezeichnung „erotischer Roman“ noch vor dem Lesen bereits in eine Schublade gesteckt werden, und dass es dem Leser dann kaum noch möglich ist, das Gelesene aus dieser Schublade wieder herauszuholen. Man stelle sich nur einmal vor, mein Debütroman mit dem Titel „Ficken in Mitte“ wäre Ende der 90er bei Suhrkamp erschienen, wahrscheinlich hätte man mich als Autorin damit in die damals frisch geöffnete Fräuleinwunder-Schublade gesteckt und meine Bücher wären mit völlig anderen Erwartungen rezipiert worden. Nicht? Im Klartext: „Erotische Literatur“ bewegt sich auf dem Level von Trivialliteratur. Als Autorin von Texten die unter dieses Label fallen können, wird man also nicht gerade für seine hervorragende Arbeit respektiert. Interesse wird mir als Autorin eher für meine vermeintliche Schamlosigkeit entgegengebracht. Zugegeben, dadurch entstehen manchmal interessantere Gespräche, als über den Untergang des Verlagswesens oder die Gesetzgebung eines neuen Urheberrechts ergebnislose Debatten zu führen. Also kann ich mich im Grunde gar nicht groß beschweren 2.) Dein Sohn ist mittlerweile im Teenageralter. Bei Deinem ersten Buch dürfte er noch nicht viel Ahnung davon gehabt haben, womit Du Dein Geld verdienst. Wie nimmt er es auf, oder wie erklärst Du es ihm? Seine Fragen versuche ich immer ehrlich zu beantworten – so ehrlich ich einem Kind gegenüber sein kann und mag. Ich habe ihm u.a. auch gesagt, dass ich nicht möchte, dass er meine Bücher liest, weil selbst Erwachsene/Bekannte glauben, meine Bücher seien völlig autobiografisch. Sicher werden wir wieder über dieses Thema sprechen, auch anders sprechen, wenn er älter ist. 3.) Du wohnst immer noch im Prenzlauer Berg. Deine Bücher zeigen, dass Du noch in einer Welt gelebt hast, die so ganz anders scheint als die heutige, wie gefällt es Dir mittlerweile? Meine Freunde, die vor Jahren weggezogen sind, kommen inzwischen wieder zurück, d.h. es scheint keine Alternative zu geben. Es zieht mich nicht weg aus Berlin, und ich will auch nicht nicht mehr darüber jammern, wie geil Berlin gewesen ist. Aber: Hey! Ich bin mitten drin gewesen!!! 4.) In Deinem Buch kommen die „Lattemacchiatomütter“ vor, beschreib doch mal das Vorurteil und warum die so nerven, oder eben nicht? Da gibt es doch so ein Sprichwort mit einem Wespennest … Ich werde mich hüten! 5.) Deine Protagonistin sieht ihre unterschiedlichen Rollen: die Geliebte, die Erfolgreiche, die ehemalige Hartz IV- Empfängerin. Wie geht es Dir beim Schreiben, blendest Du Deine Mutterrolle völlig aus? Beim Schreiben darf es gar nicht im Vordergrund stehen, dass ich Mutter, Tochter, Schwester, Tante oder mit jemandem zusammen bin, weil dann zu viele Fäden an mir zerren, die mich davon abhalten würden, erst einmal alles zu schreiben, was geschrieben werden will. Das spielt dann erst während der Überarbeitung eine Rolle. Obwohl es mir lieber wäre, ich wäre völlig frei davon. Bin ich aber nicht. (Noch nicht.)


Link zur Rezension.

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