Familienrollen, Kultur mit Kind

„Ein Kind kann nicht die Bürde tragen, etwas retten zu müssen oder zu verbessern“. / Dani von Glucke und So über Depressionen

Jeden Freitag gibt es die #familienrollen: Dieses Mal erzählt Dani von Glucke und So, wie sie damit umgeht, dass sie ihre Schwester sterben sah, was die Wochenbettdepression für sie bedeutet hat und wie sie ihrem Sohn die dunkeln Momente vermittelt. 

Du hast dunkle Momente, die über eine schlechten Tag hinausgehen. Woher kommen diese und wie bist Du in Deiner Erwachsenenzeit, bevor Du Mutter wurdest, damit umgegangen?

Ich habe schon viele viele Jahre, nennen wir es mal Gefühlsschwankungen. Ich kann von jetzt auf gleich sehr aufbrausend, impulsiv und emotional werden. Auslöser sind meist ganz simple Diskussionen oder Situationen. Oder aber es sind traumatische Erfahrungen, mit denen ich sehr schwer zurecht komme. Ich brauche deutlich länger Dinge zu verarbeiten.  Als ich schwanger wurde, wurde ich noch emotionaler und schneller wütend, aber auch noch schneller traurig. Ich isoliere mich dann so gut es geht, wenn es nicht geht, versuche ich natürlich es an niemandem auszulassen. Das klappt aber nicht immer.

Was hat sich durch die Geburt Deines Sohnes verändert?
Ich denke, dass sich einmal hormonell sehr viel verändert hat. Meine Angststörung wurde wieder verstärkt durch die schwere Zeit kurz nach der Geburt aber auch die neue Situation Mutter, Frau und auch Ehefrau zu sein, haben mich in ein tiefes Loch gestürzt. Ich hatte lange eine „Wochenbettdepression“. Ich war sehr unsicher, ich isolierte mich und meinen Mann vor der Außenwelt. Es war eine schwere Zeit für uns alle. Ich traf aber andere Mütter, denen es ähnlich ging und das half mir langsam.

Dein Sohn ist noch im Kleinkindalter. Was verbirgst Du vor ihm, wo gibt er Dir Halt und wo stößt Du vielleicht an Deine Grenzen?
Ich bin sehr stolz darauf, dass ich bis heute sagen kann, dass ich zu 100% nichts am Prinzen auslasse. Ja, er hat mich schon oft weinen sehen. Und ja er war auch dabei, wenn ich mal laut wurde, aber noch nie war ich ihm gegenüber gereizt, wütend oder dergleichen. Er gibt mir Halt. Nur durch seine Anwesenheit, er besitzt die Fähigkeit mich aufzumuntern, weil er mich in den Arm nimmt, oder lacht. Er lenkt mich so sehr ab, dass ich es schaffe aus dem Gefühls-Gefängnis auszubrechen.

In wie weit wirkt sich das auf Deine Beziehung aus?

Leider bekommt dann mein Mann ab und an den Frust, die Wut und die extremen Gefühle ab. Das tut mir unglaublich leid und ich arbeite wirklich sehr intensiv an mir, mit meinen Gefühlen zurecht zu kommen und ihnen nur bis zu einem gewissen Punkt die Macht zu geben. Jeder der weiß, wie es ist depressive Phasen, Angst- und Panikstörungen zu haben, der weiß welch unglaublicher Kraftakt es ist, alles im Rahmen zu halten. Durch die Hochsensibilität fühle ich einfach auch viel extremer. Ich leide auch extremer. Mein Mann hat es nicht leicht mit mir, da für ihn das alles total unwirklich ist. Man kann von einem Menschen, der so etwas nicht kennt, nicht verlangen es zu verstehen oder zu helfen.

Glaubst Du, dass Deine negativen Erfahrungen mit Menschen aus Deinem Umfeld auch Auswirkungen auf Deinen Sohn haben werden?
Der Prinz wird davon erfahren, das ich eine kleine Schwester hatte, die ich sterben sah und das hat mein Leben für immer verändert. Ein Traumata und damit verbundene Ängste wurden geboren, die ich bis heute versuche zu verarbeiten. Wir werden uns über den Tod unterhalten und was er für mich bedeutet. Er wird auch erfahren dass er eine Uroma hatte, die er auch treffen durfte.  Natürlich gibt es Dinge, die wird er nicht erfahren, diese Dinge haben keine Relevanz für sein und unser Leben. Er wird erfahren, dass ich einfach viel erlebt habe, was mich zu dem Menschen heute gemacht hat und dass es ok ist. Ich denke schon, dass es Auswirkungen auf ihn haben wird. Da ich zum Beispiel große Menschenmengen nicht mag, werde ich wohl niemals mit ihm auf ein Festival gehen. Wie ihr alle wisst bin ich eine Glucke, ich möchte ihn beschützen und werde immer darauf achten ein gesundes Maß an den Tag zu legen. Es wird aber nicht immer klappen. Der Prinz soll nicht in einer heilen-Welt-Blase aufwachsen in der nicht auch mal gestritten wird. Er soll einfach wissen, dass man sich selbst gern haben sollte und man dann auch alles schaffen kann. Er soll wissen, dass es immer Rückschläge und Schicksale gibt, die einen zurückwerfen, die den Tag dunkel machen aber solange man wieder nach vorne blickt, schafft man es, die Sonne zurück zu holen.

Was rätst Du Müttern mit dunklen Wolken, oder Frauen, die eventuell aus diesem Grund zu großen Respekt vor der Mutterschaft haben sollten?
Wenn ich auf mein Leben zurückblicke dann denke ich heute: Wow, ich bin stärker als ich dachte und mein Wille, ein Leben „trotz“ und mit all meinen Dämonen so gut zu leben zeigt mir einfach, dass es geht. Mir helfen Menschen, die dasselbe erleben. Mir hilft das Schreiben. Mir hilft, dass mein Mann mich lässt, wenn es so ist. Mir hilft der Prinz, da er dann noch mehr kuscheln will. Mir hilft Ablenkung. Mir hilft auch meine Therapie. Ich bin immer für professionelle Hilfe, da das Menschen sind, die sehr objektiv Dinge betrachten und andere Lösungen anbieten. Bekommt Kinder, wenn ihr denkt ihr könnt euch, dem Partner und dem Kind dann noch gerecht werden.
Viele sagen, jeder kann Kinder bekommen. Ich sehe das nicht so. Ein Kind zu haben ist eine Lebensaufgabe und sie ist immer da. Ein Kind kann nicht die Bürde tragen, etwas retten zu müssen oder zu verbessern. Das schafft man nur selbst. Die Liebe zu einem Kind, die macht Situationen erträglicher, aber aus dem Kind einen Nutzen ziehen zu wollen, wäre der falsche Weg.

Mir sagte mal jemand ich haben einen „Mega-Schuss“ und ja, das stimmt. Ich bin ziemlich eigen und anders. Es muss aber nicht immer was Schlechtes sein. Nichts ist unmöglich und das hilft mir und das werde ich auch an meinen Prinzen weitergeben.

Die Bilder wurden freundlicherweise von Dani zur Verfügung gestellt.

Jeden Freitag wird hier nun ein Interview zum Thema „Außergewöhnliche Familienmodelle“ unter dem Schlagwort #familienrollen. Ihr kennt auch jemanden auf den das zutrifft, habt selbst eine Geschichte oder eine Idee, was Ihr unbedingt mal gerne lesen möchtet? Dann schreibt mir unter fruehesvogerl@gmail.com. 

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