Familienrollen, Kultur mit Kind

„Leider hatte mein Partner Angst vor Körperlichkeit während der Schwangerschaft.“ / Alleinerziehend, Therapie und drei Kinder: Madlen in den Familienrollen

In den #familienrollen erzählt die alleinerziehende Madlen, wer ihr bei der Bewältigung ihrer Tagesaufgaben zur Seite steht, welche schlimmen Erfahrungen sie in der Schwangerschaft machen musste und was ihr hilft, ihren #mutterkoerper mehr zu akzeptieren. 

Du bist Mutter dreier Kinder nach Deinem zweiten Kind ging es Dir so schlecht, dass Du in eine psychiatrische Klinik musstest. Was ist dort passiert und was hat Dir letztlich geholfen? 

Vor meinem ersten Kind hat mein Frauenarzt gemeint, es sieht schlecht aus mit eigenen Kindern. Regelblutungen hatte ich sehr sehr unregelmäßig und von meinem ersten Kind habe ich erfahren, da war ich schon in der 13ten Woche!

Übelkeit oder Ähnliches kenne und kannte ich gar nicht. Während der ersten Schwangerschaft bin ich mit meinem Partner in eine Wohnung gezogen, die Niederlassung unserer Firma in Erfurt wurde aufgelöst und ich habe mich nach Halle versetzen lassen, meine Heimatstadt.

Wir haben uns auf das Kind sehr gefreut, die Geburt war aber nicht so schön. Ich hatte einen Blasensprung und der Muttermund wollte sich nicht öffnen, Kaiserschnitt. Leider hatte mein Partner Angst vor Körperlichkeit während der Schwangerschaft. Nachdem unsere Tochter trocken und sauber war, haben wir es auf ein zweites Kind angelegt und da wusste ich es sofort, als es geklappt hat. Dadurch hatte ich sozusagen eine längere Schwangerschaft als bei Nummer 1 und somit auch wenig Sex. Mein Partner wollte nicht und ich habe es so hingenommen

Insgeheim spürte ich wohl schon die Probleme zwischen uns, aber durch die Gelbsucht von Nummer 2 und unserem schwierigen Start zu viert, habe ich es verdrängt und die Probleme sind mir über den Kopf gewachsen. Ich konnte mich nicht mehr freuen, konnte jedoch auch nicht mehr weinen.

Als ich dann durch Zufall und mein ungutes Gefühl herausfand, dass mein Partner sich anderweitig orientierte, brach ich bei meiner Hebamme zusammen. Sie ermutigte mich dazu, in unsere psychiatrische Klinik zu gehen, die auch auf postnatale Depressionen spezialisiert waren. Auch wenn ich mich arg schämte und es mich unheimliche Überwindung gekostet hat, diesen Schritt zu gehen, war es eine super Entscheidung! Ich war raus aus meinem Umfeld, hatte den Kleinen mit dabei, wurde umsorgt.

Meine Tochter war in dieser Zeit bei meinen Eltern. Und ich hatte Abstand, mir wurde mein Krankheitsbild erklärt, mein Tag wurde strukturiert, ich lernte, Hilfe anzunehmen. Seit dem nehme ich auch ein Antidepressiva und habe erfahren, dass meine Urgroßmutter sich unter Depressionen umgebracht hat (leider ist es ja noch immer ein Tabuthema)

Als Du zum dritten Kind schwanger wurdest, ist Dir ein Albtraum passiert.

Nach drei Wochen klinischen Aufenthalts wurde ich entlassen, hatte eine Therapeutin, die mich weiter betreut. Wir haben als Paar eine Therapie angefangen, um noch eine Chance als Familie zu haben.

Da ist es dann passiert, dass ich trotz Verhütung ein drittes Mal schwanger wurde. Ein Schock. Mein Partner wollte den Abbruch, ich war zur Beratung und hatte den Schein in der Hand, konnte es aber nicht.

Meine Mama hat mit mir geweint, als ich es ihr erzählt habe. Auch so gab es im Umfeld eher viele negative Kommentare. Der Büroleiter meinte zu mir, dass nur Assis mehr als ein Kind bekommen!

Mein Partner qualifizierte sich in seiner Firma weiter, wobei ich ihn immer ermutigte. Er ging in Schichten arbeiten und zu Lehrgängen, es war anstrenged für alle. Aber meine Eltern waren da!
Wieder eine schwere Geburt, fünf Tage Wehen, zwei kleine Kinder (damals knapp 4 und anderthalb Jahre alt), übermüdet, am Ende meiner Kräfte. In den OP ist mein Partner nicht mitgekommen, seine Reaktion hat mich gekränkt, aber ich schob meine Gefühle auf meine Hormone.

Als mein Jüngster etwa drei Monate alt war, fand ich ein zweites Handy bei meinem Partner, meine Neugier siegte an einem Abend! Es stellte sich heraus, dass er während der Schwangerschaft und unserer Paartherapie eine Affäre über mehrere Monate mit einer Kollegin hatte! Ich dachte, ich sterbe! Alleine mit drei Zwergen, das schaffe ich nicht!

Meine Hebamme half, meine Psychiaterin auch. Ich wandte mich ans Jugendamt und beantragte eine Familienhilfe. Aber ich brauchte noch ein Jahr, um zu begreifen, dass ich in dieser Beziehung nicht mehr glücklich werden konnte.

Nun bist Du alleinerziehende und berufstätige Mutter dreier Kinder: Wer hilft Dir? 

Nun bin ich seit fast drei Jahren alleinerziehend. Fast zeitgleich zu der Trennung vom Kindsvater, wurde unsere Niederlassung aufgelöst. Mein Arbeitsweg wurde deutlich länger. Wir zogen im Januar 2013 um, es waren viele Freunde zum Helfen da. Meine Eltern sind in unseren Häuserkomplex gezogen und unterstützen mich sehr! Unsere Tage sind lang, wir verlassen 6:10 Uhr etwas das Haus und sind gegen 18:00 Uhr alle wieder zu Hause.

Meine Eltern holen so oft es geht (sind beide noch berufstätig) die Kinder eher aus KiTa und Hort ab. Ich habe mir ein Netzwerk aus ein paar wenigen Freunden aufgenbaut, habe im Büro ein tolles Kollegenteam und seit einem halben Jahr einen neuen Partner! Ich bin auch weiterhin in Behandlung meiner Psychiaterin, nehme auch immernoch mein Medikament, langsam dosieren wir runter. Meine Familienhelferin hat uns durch die Zeit der Trennung geholfen und mich als Mutter bestärkt.

Durch die Blogparade #mutterkoerper haben wir uns kennengelernt. Du hast über Dein Körpergefühl geschrieben und Dein Partner hat einen liebenvollen Beitrag hinterlassen. Welche Einstellung hast Du heute zu Deinem #mutterkoerper?

Mein Körper hat unter den Schwangerschaften gelitten, mein ganzes Ich hat unter dieser Zeit gelitten. Ich habe pro Kind etwa vier Kilo drauf behalten, nach dem dritten stört mich vor allem mein Bauch. Ich sehe auch heute, vier Jahre nach der letzten Geburt aus wie schwanger! Das deprimiert mich.

Ich hatte nie Modellmaße, aber so fühle ich mich nicht wirklich wohl. Sicherlich liegt es an mir, auch daran etwas zu ändern, doch ist es Dank Medikamente doppelt schwer. Seit drei Monaten nimmt der Kindsvater seine Kinder endlich regelmäßig aller zwei Wochen, so dass ich auch mal Zeit für mich habe.

Aber mein Freund nimmt mich so wie ich bin, er tut mir gut, baut mich auf, macht mir Komplimente, unterstützt mich. Er tut mir gut! Manchmal schafft er es schon, dass mich mein Bauch nicht stört.
Außerdem habe ich letztes Jahr im Winter angefangen, erotische Bilder von mir machen zu lassen. Mein Freund bestärkt mich darin weiterzumachen! Er sieht mich, wie ich es wohl (noch) nicht kann.

Welchen Rat möchtest Du anderen Müttern mit traumatischen Erlebnissen in einer neuen Partnerschaft geben? 

Die Kinder mit dem neuen Partner

Schlussendlich bin ich froh, mir Hilfe gesucht und angenommen zu haben. Und ich rede über meine Depression! Es war ein schwieriger Schritt und ist noch immer ein schwieriger Weg! Leider wird es Eltern in unserer „ach so kinderlieben“ Gesellschaft oft sehr schwer gemacht.

Ich lebe von meinem Gehalt, Unterhaltsvorschuss und Wohngeld, bekomme zusätzlich anteilig Ermäßigung bei der KiTa. Die Anträge sind belastend, die Bearbeitungszeiten einfach zu lang! Unser diesjähriger Urlaub auf dem Bauernhof (mit meinen Eltern) stand fast auf der Kippe, da unser Auto kaputt war und die Reparatur 1000 euro gekostet hat! Ohne meinen besten Freund hätte ich es nicht stemmen können!

Viel Angst habe ich vor dem nächsten KiTa-Streik! Im April und Mai hatte unsere Einrichtung acht Tage zu, ohne Notbetreuung. Dies war und ist eine Belastung für die Kinder und die Eltern, vor allen wenn sie berufstätig sind.

Wir Eltern sind wahre Organisations- und Improvisationstalente, leider wird das oft nicht gesehen!
Außerdem erkläre meinen Kindern im Moment die „Flüchtlingsproblematik“, da sie ja doch vieles mitbekommen. Gemeinsam haben wir Spielsachen und Bücher aussortiert, am Samstag werde ich mit einer Freundin nach Halberstadt ins Erstaufnahmelager fahren und Hygieneartikel verteilen.

Herzlichen Dank für Deine Offenheit. 

Die Bilder wurden freundlicherweise von Madlen zur Verfügung gestellt.

Ihr habt auch eine außergewöhnliche Familiengeschichte? Oder eine Idee, welches Thema unbedingt mal in den Familienrollen vorkommen sollte? Dann schreibt mir eine Mal an fruehesvogerl@gmail.com. 

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