Familienrollen, Kultur mit Kind

„Wenn man Glück hat, dann kann das Leben sehr schön sein.“ / Familienrollen mit Jugendlichen aus dem SOS-Kinderdorf

Außenansicht Zentrale.

Immer am Freitag geht es um die Familienrollen: Heute erzählen mir zwei Mädchen aus dem Berliner SOS-Kinderdorf, wie ihr Alltag dort aussieht und was sie sich für die Zukunft wünschen.

Seit wann lebt Ihr im Berliner SOS-Kinderdorf Berlin?

Franziska: Ich, Franziska*, wohne seit fast 13 Jahren im SOS-Kinderdorf und bin 17 Jahre alt.

Mir ist es wichtig, dass wir zusammen wie eine Familie harmonieren und Spaß
miteinander haben.

Ich bin hier, weil meine Mutter ein Alkoholsuchtproblem hat und sich deshalb nicht um mich/uns kümmern kann/konnte.

Lin: Ich heiße Lin* und lebe seit Mitte April im SOS-Kinderdorf Berlin.
Ich gehe jeden Tag in die Schule und am Samstag gehe ich in die Chinesische Schule. Am Donnerstag gehe ich nach der Schule zum Turnen in einen Verein.

Wie sieht Euer Alltag dort aus?

Erwachsen werden (Rechte: Torsten Kollmer 2013)

Franziska: Mein Alltag besteht daraus,  dass wir alle morgens zur Schule müssen und dort
die Hälfte des Tages sind. Die Wohnungen sind nett alle zusammen. Es gibt zwei Familien
in der Waldstraße und zwei Familien in der Stephanstraße.

Befreundet sind wir mit der Familie gegenüber, wir kommen gut mit denen aus. Essen
öfter Kuchen am Wochenende zusammen, was sehr schön und manchmal lustig
ist.

Lin: Wir wohnen in vier getrennten Kinderdorf-Familien, zwei sind in der Stephanstraße. Jede Kinderdorf-Familie hat andere Regeln. Wir können uns nach der Schule auch mit Freunden treffen.

Was gefällt Euch besonders gut? Was vielleicht nicht so gut?

Franziska: Was mir besonders gefällt,  dass ich hier mit meinen Geschwistern zusammen bin und nicht getrennt voneinander.

Lin: In den Gruppen machen wir auch Ausflüge, zum Beispiel Schwimmen, Schlittschuh laufen, ins Aquarium. Es gibt auch doofe Sachen, die man nicht so gerne mag, zum Beispiel Regeln.

Habt Ihr Kontakt zu Eurer Familie?

Erwachsen werden (Rechte: Torsten Kollmer 2013)

Franziska: Ich habe keinen Kontakt mit meinen Eltern, sondern nur mit meiner Oma. Ich werde noch bis ca. Mai 2016 hier wohnen bleiben. Vielleicht auch länger, je nachdem, wann
ich eine Wohnung finde.

Lin: Wir haben Tage, wo unsere Eltern zu Besuch herkommen oder wir gehen zu ihnen. Es ist unterschiedlich, wie lange man hier wohnt.

Wie ist das Zusammenleben mit den anderen Familienmitgliedern, kann man das mit
Geschwistern vergleichen oder trifft es Freunde eher?

Franziska: Auf jeden Fall kann man das wie Geschwister vergleichen. Wir wohnen hier so lange schon zusammen, sind nichts anderes gewöhnt und ich liebe meine Geschwister und
die anderen aus der Familie wie meine eigenen Geschwister.

Lin: Das Zusammenleben ist unterschiedlich, wie in jeder anderen Familie und jeder versteht sich mit dem einen gut und dem anderen nicht so gut.

Wie erklärt Ihr anderen das Konzept Eures Wohnens?

Franziska: Ich erkläre das nicht bei mir in der Schule und wenn, dann sage ich, ich wohne mit
meiner Familie in einer Pflegefamilie mit noch anderen Mitbewohnern und das nehmen
sie so hin. Sie verstehen das und manche kennen das sogar vielleicht.

Lin: Es fühlt sich so an, als ob man im Ausland zu Besuch ist und wir da länger wohnen würden.

Was wünscht Ihr Euch für die Zukunft?

Franziska: Also privat wünsche ich mir, dass auch wenn ich nächstes Jahr ausziehe, der Kontakt und
das Vertrauen weiterhin bleiben und dass ich immer zu denen kommen kann, egal was ist, so wie jetzt. Zum meinem Beruf: Ich wünsche mir,  dass ich meine jetzige Ausbildung nächstes Jahr bestehe und die weiterführende Ausbildung antreten kann. Vorausgesetzt, ich finde einen Schulplatz.

Lin: Das Einzige, was ich mir wünsche, ist Glück. Wenn man Glück hat, dann kann das Leben sehr schön sein.

*Namen wurden geändert

Über das Berliner SOS-Kinderdorf: Im SOS-Kinderdorf Berlin leben vier SOS-Kinderdorffamilien. Jeweils 6 Kinder bzw. Jugendliche, die Kinderdorfmutter und ein unterstützendes Team bilden eine Familie. Da die Kinder meist aus Berlin bzw. Berlin-Mitte kommen, können sie ihre Schule oder ihren Kindergarten weiterhin besuchen und Kontakt zu vertrauten Freunden pflegen. Neben den Familien gibt es im SOS-Kinderdorf Berlin viele Angebote unter einem Dach: Kita mit 80 Plätzen, Familientreff mit Cafeteria, Familienbildung, Erziehungs- und Familienberatung, außerdem schulbezogene Angebote und Angebote zur Ausbildung und Qualifizierung Jugendlicher.

Nächste Woche in den Familienrollen: Nicole berichtet von ihrem Familienleben inklusive der Bonustochter. 

Ihr habt auch eine außergewöhnliche Familiengeschichte? Oder eine Idee, welches Thema unbedingt mal in den Familienrollen vorkommen sollte? Dann schreibt mir eine Mal an fruehesvogerl@gmail.com. 

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