Familienrollen, Kultur mit Kind

„Ich muss ja mein restliches Leben mit dem Kapitel ‚Abtreibung‘ leben.“

Immer am Freitag gibt es die #Familienrollen: Heute erzählt mir Caroline (Blog: entschilunke), warum sie sich vor sieben Jahren für eine Abtreibung entschieden hat, und wie ihr Leben heute mit zwei Kindern ist. 

Mit Deinem Partner hast Du zwei kleine Jungs, die 2010 und 2014 zur Welt gekommen sind. Aber Du warst 2010 nicht zum ersten Mal schwanger und hast in der Vergangenheit eine Abtreibung gemacht. Wie kam es dazu und wie schwer fiel Dir diese Entscheidung? 

Ich war 2008 im Alter von 25 Jahren das erste Mal schwanger und schon mit der ersten Ahnung beziehungsweise dem ersten Verdacht, dass da etwas sein könnte, stand für mich schon fest, dass ich dieses Kind nicht bekommen würde. Als der Test dann wirklich positiv war, war es natürlich ein Schock für mich, hat mich aber an meinem Entschluss nicht zweifeln lassen.

Wie hat Dein Umfeld damals darauf reagiert? 

Ich habe den Test damals auf der Arbeit gemacht und bin nach Feierabend direkt zu meinen Eltern um mit ihnen drüber zu sprechen. Ich weiß noch wie ich in die Wohnung bin und meine Mama im Flur stand. Sie sah mir an der Nasenspitze an, dass irgendwas im Busch ist. Als ich den Test aus meiner Tasche holte war bei ihr im ersten Moment Überraschung und auch Freude zu sehen. Doch als sie mein Gesicht dazu sah und ich auch in Tränen ausbrach wurde aus ihrem „Na, ist doch schön!“ ein „Na, ist doch überhaupt kein Problem!“. Sie setzte sich mit mir hin, wir sprachen darüber sehr offen und sie unterstütze mich in meiner Entscheidung sehr. Überhaupt hab ich von meiner Familie damals sehr viel Zuspruch bekommen. In meinem Freundeskreis habe ich es aber nicht erzählt, auch wenn ich relativ offen damit umgehe, fand ich nicht, dass ich es damals überall und jedem erzählen muss.

Dem Erzeuger habe ich es auch nicht erzählt: Wir hatten damals nur eine kurze Affäre und hatten uns gegen eine Beziehung entschieden und so wollte ich keine Diskussionen oder Streit deswegen haben. Ich fand es war ganz allein meine Entscheidung. Einige Monate danach habe ich es ihm aber dann doch erzählt! Er war geschockt darüber, dass ich schwanger war, hat aber meine Entscheidung aber nicht in Frage gestellt, sondern war froh darüber, dass er nichts entscheiden musste.

Auf Twitter hast Du mir erzählt, dass eine Schwangerschaft ein gesundheitliches Risiko gehabt hätte, hast Du diese Probleme in Deinen anderen Schwangerschaften gehabt? 

Ich leide seit meiner Pubertät an Epilepsie. Sie ist nicht sonderlich stark, also ich habe nicht ständig Anfälle, sondern ich lebe die meiste Zeit meines Lebens ohne Anfälle. Doch kann es bei Hormonschwankungen oder -umstellungen vermehrt zu Anfällen kommen. Ein Grund für meine damalige Entscheidung. Die Angst vor den Anfällen hat mich meine beiden Schwangerschaften begleitet, tatsächlich hatte ich aber nur einen einzigen Anfall, bin also gut davon gekommen.

Wie geht es Dir heute – Jahre später – mit diesem Kapitel Deines Lebens? 

Ich stehe auch heute noch zu dieser Entscheidung und habe nie auch nur einen Moment daran gezweifelt oder es bereut. Ich bin sehr glücklich darüber heute meine beiden Jungs zu haben, aber an mein drittes oder eigentlich ja erstes Kind denke ich nicht.

Wie offen gehst Du mit der Thematik um?

Ich gehe mit dem Thema nicht hausieren, aber ich verstecke mich auch nicht. Es ist ein Teil meines Lebens und dazu stehe ich. Wenn es irgendwo Thema sein sollte, werde ich meine Meinung dazu sagen oder einer Freundin oder einem Familienmitglied mit meinem Rat und meiner Erfahrung zur Seite stehen. Meinem jetzigen Partner habe ich davon erzählt als bei uns das Thema Kinder aufkam und auch vor meinen Kindern würde ich das Thema nicht verheimlichen, wenn es aufkommen sollte oder sie selbst mal in eine solche Situation kämen.


Was hilft Dir mit diesem Kapitel Deines Lebens umzugehen? 

Ich denke, dass ich nie gezweifelt habe und ich diese Entscheidung ganz allein für mich getroffen habe, hat mir sehr geholfen. Niemand hat mir reingesprochen oder mich dazu gedrängt eine Entscheidung zu treffen die ich vielleicht gar nicht treffen wollte. Dadurch kann ich damit sehr gut umgehen und habe nie Zweifel gehabt.

Und das ist am Ende ja das Wichtigste, denn ich muss ja mein restliches Leben mit dem Kapitel „Abtreibung“ leben.

Vielen lieben Dank, Caroline, für Deine Offenheit und die Bilder. 

Nächste Woche in den Familienrollen: Erfolgreicher Kinderwunsch und Adoption, warum sich das für Emma nicht ausschließt. 

Ihr habt auch eine außergewöhnliche Familiengeschichte? Oder eine Idee, welches Thema unbedingt mal in den Familienrollen vorkommen sollte? Dann schreibt mir eine Mal an fruehesvogerl@gmail.com. 

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