Kultur mit Kind

Ernährung bei Kindern: „Bitte sagt Euren Kinder nicht, dass sie etwas essen sollen, weil es „gesund“ ist.“

Jede Woche gibt es hier die Elternfragen: Diese Woche beantwortet Ernährungsberaterin Conny, welche Dinge man beim Thema „Essen und Kleinkind“ beachten soll. Warum warmes Essen wirklich sinnvoll ist, weshalb fünf Bananen am Tag vielleicht nicht so eine gute Idee sind und andere Dinge, verrät sie im Interview. 

 

 

Während wir im Baby-Alter ja noch gut informiert sind (Hebamme, Kinderarzt) kenne ich bei der Kleinkind-Ernährung nicht so gute Leitsätze: Hast Du da welche in petto?
Entspannt bleiben. Das ist wohl der wichtigste Leitsatz, der mir einfällt. Denn sind die Eltern entspannt, is(s)t es auch das Kind.
Ziele sind: Das Kind mit nährstoffreichen Lebensmitteln vertraut zu machen und sie zur Selbständigkeit zu erziehen (in Entscheidungen und Tätigkeiten mit einbeziehen) , damit sie Mitverantwortung übernehmen können und der Umgang mit den Lebensmitteln zur Selbstverständlichkeit werden.
Ganz wichtig: Die Eltern sind als Vorbilder von größter Bedeutung!
Zu erwähnen sind an dieser Stelle die drei einfachen Regeln aus der optimierten Mischkost, die für Kinder empfohlen wird: Reichlich pflanzliche Lebensmittel und Getränke, mäßig tierische Lebensmittel, sparsam fett- und zuckerreiche Lebensmittel (angelehnt an die Lebensmittelpyramide der Optimierten Mischkost, siehe auch hier mehr.
Eine Leserin schrieb mir, dass Ihr Sohn gerne Bananen ist: Gerne auch mal fünf Stück hintereinander. Zwischen Rührung und Irritation: „Muss“ man hier eingreifen?
Grundsätzlich ist natürlich eine ausgewogene Ernährung anzustreben. In diesem Fall sind Bananen schon ein sehr hochwertiges Lebensmittel, sie enthalten sehr viele Nährstoffe und machen ordentlich satt, auch wegen des hohen Gehaltes an Kohlenhydraten. Sie eignen sich also hervorragend als Zwischenmahlzeit oder Pausensnack. Man darf aber nicht vergessen, dass sie recht viele Kalorien enthalten und sollte das bei der täglichen Verzehrsmenge einfach bedenken.

 

Ich halte es für unproblematisch, wenn es auch mal mehr als eine Banane pro Tag ist, halte fünf Bananen täglich aber für etwas zu viel – da wird das Kind vermutlich nicht mehr viel anderes essen und da beginnt die Ernährung dann wieder einseitig zu werden.

 

Vielleicht kann man dem bananenliebenden Kind mit der Lieblingsfrucht auch andere Gerichte näherbringen – z.B. Bananenbrot (Vollkornbrot, Quark, Bananenscheiben) oder Bananen-Milchshake oder Quarkspeise. Damit schmeckt es trotzdem noch nach Banane, gibt zusätzlich auch noch andere Nährstoffe und man kommt pro Mahlzeit vielleicht mit einer halben Banane aus.
Das gilt übrigens im Prinzip für andere Lebensmittel aus. Nichts ist verboten – aber alles in Maßen. Meist haben die Kinder solche Vorlieben aber nicht dauerhaft, sondern phasenweise und ich bitte die Eltern auch gern, dann entspannt zu bleiben und einfach abzuwarten, bis es sich mit seiner Vorliebe dem nächsten Lebensmittel zuwendet. Und bis dahin dürfen sie sich gern die natürliche Neugierde und den Entdeckerdrang ihres Kindes zu Nutze machen und es weitere Lebensmittel immer wieder probieren lassen und natürlich mit gutem Beispiel vorangehen und dem Kind klar machen: „Du isst zwar jetzt eine Banane, aber ich werde etwas anderes essen. Wenn du möchtest, darfst du dir gern auch etwas davon nehmen.“
In meinem Umfeld nehme ich verstärkt war, dass Dreijährige, die früher alles aßen, Abneigungen gegen bestimmte Lebensmittel empfinden. Welchen Umgang empfiehlt die Fachfrau: Immer wieder anbieten oder einfach verstehen, dass das Kind manche Dinge einfach nicht mag? 
Probieren lassen, aber nicht unter Zwang. Kinder müssen neue Lebensmittel oft viele Male probieren, bis sie ihnen schmecken. Entwickeln sich Aversionen oder werden Lebensmittel plötzlich nicht mehr gemocht, sollte man auch hier entspannt, aber hartnäckig bleiben. Es gibt bei einer Mahlzeit ja in der Regel verschiedene Komponenten, und wenn das Kind eine davon nicht mag, darf es sie liegen lassen, soll sich dann aber etwas von den anderen Komponenten nehmen. Es gibt aber keine „Extrawurst“. Immer wieder anbieten und auch hier: mit guten Beispiel vorangehen.

 

Die Industrie geht auf Kinder ein: Bärchenwurst, Sternenkäse und jede Menge bunt-in-Plastik -Verpacktes: Was ist denn wirklich das ideale Kinderessen?
Jedenfalls in der Regel keines, das es auf der Packung von sich behauptet!  Die Werbung verspricht (vor allem den Kindern) viel, hält aber wenig – viele der bunt verpackten Kinderlebensmittel enthalten viel zu viel Zucker und / oder Fett. Kinder dürfen eigentich alles mitessen, was die Erwachsenen auch essen.

 

Sie kommen in der Regel aber nicht mit drei Mahlzeiten aus, sondern benötigen 5-6 Mahlzeiten über den Tag verteilt. Wenn jede Mahlzeit Obst und/oder Gemüse enthält (darf auch mal durch ein Glas Saft ersetzt werden), ist man wirklich auf einem guten Weg und benötigt keine der oft überteuerten Kinderprodukte.

 

Lieber macht man den Kindern das Essen schmackhaft, in dem man sie in die Zubereitung mit einbezieht, bunte Lebensmittel wählt, die auf dem Teller einfach appetitlich aussehen (Paprika, Gurke, Tomate, Möhren – spielt  mit den Farben) und wer mag, kann mit den Kindern auch lustige Gesichter aus Gemüse-Rohkost aufs Brot zaubern, dafür braucht man keine Bärchenwurst.

 

Was auch immer gut ankommt: Ein paar (Plätzchen-)Ausstechformen vorrätig haben, mit denen kann man nämlich auch super Gemüse, Käse und Wurst ausstechen! Anregungen dafür gibt es im Internet auf jeden Fall reichlich.
Heute bleibt die Küche kalt: Wie viel „warme Mahlzeiten“ brauchen“ kleine Kinder wirklich? 
Eine warme Mahlzeit am Tag ist schon wichtig (natürlich mit Ausnahmen, wenn es mal stressig ist – wir wollen ja entspannt bleiben). Das liegt aber nicht daran, dass die Kinder „etwas Warmes im Bauch“ haben sollen – denn dafür reicht es auch, z.B. einen warmen Kakao zum Frühstück zu reichen.

 

Es geht vielmehr darum, dass durch das Kochen die Auswahl der möglichen Lebensmittel deutlich vergrößert wird. Viele sehr nährstoffreiche Lebensmittel, z.B. Kartoffeln, Reis oder Nudeln und auch einige Gemüsesorten oder Hülsenfrüchte sind roh nicht bekömmlich, sondern müssen gegart werden.

 

Die würden aus dem Repertoire herausfallen, wenn man sich das Kochen ganz sparen würde. Außerdem gibt es einige sekundäre Pflanzenstoffe, z.B. in Tomaten, die erst beim Erhitzen wirksam werden, daher empfiehlt es sich, eine gute Mischung aus rohen und gekochten Gemüsesorten anzubieten.

 

Dabei ist es völlig unerheblich, zu welcher Tageszeit die warme Hauptmahlzeit gegessen wird. Das sollten die Eltern so entscheiden, wie es am Besten in ihren Tagesablauf passt. Kinder, die z.B. in der Kita ein warmes Mittagessen bekommen, können abends auch gerne ein klassisches Abendbrot essen, dazu Obst und Rohkost.

 

Zwei Dinge sind mir noch wichtig:

Bitte sagt Euren Kinder nicht, dass sie etwas essen sollen, weil es „gesund“ ist. Das verstehen sie nicht – denn sie sind ja nicht krank! Ich kenne jedenfalls kein Kind, das sich mit diesem Argument überzeugen ließ.

Was mir besonders am Herzen liegt, ist, dass es mindestens einmal am Tag eine gemeinsame Mahlzeit geben sollte. Essen ist so viel mehr als die reine Nahrungsaufnahme. Man sitzt beisammen, die Eltern und die großen Geschwister machen es vor und die Kleinen möchten ihnen nacheifern, man spricht über alles Mögliche – die soziale Komponente ist wirklich nicht zu unterschätzen.

 

Neben dem Entdecken von unterschiedlichen Geschmacksrichtungen erlernen die Kinder hier in einem angenehmen Umfeld, das Essen zu „erleben“, den Tisch zu decken, sich an gewisse Regeln zu halten, wieder abzuräumen und selbst zu merken, wenn sie satt sind. So wird die Mahlzeit zu einem positiven Gemeinschaftserlebnis.

 

Vielen lieben Dank , Conny. 

 

Conny über sich:

Krankenschwester und Ernährungsberaterin (TÜV). Weil ich selbst zwei Kinder im Alter von 6 und 8 Jahren habe, habe ich mich natürlich viel damit beschäftigt, was für ihre Ernährung wichtig ist. Inzwischen gebe ich Kochkurse für Erwachsene und Kinder, auch in Kooperation mit einigen Familienzentren. Hier stehen Spaß und Freude am Kochen und Essen im Vordergrund – nicht der erhobene Zeigefinger.

 

So können sie sich ausprobieren und erlernen einen natürlichen Umgang mit Essen und Trinken. Positive Erlebnisse und ein selbstverständlicher und zwangloser Umgang damit können auch Essstörungen vorbeugen.
Einige Ideen und Rezepte sind natürlich auch in meinem Foodblog unter www.genusslieben.de zu finden und Kochkurse (in Solingen) kann man auf www.kochstun.de entdecken.

 

Das Interview mit Jana zum Thema Baby-Led-Weaning könnt Ihr hier nachlesen.

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