Immer am Freitag gibt es die #Familienrollen. Die bloggende Super Mom Jette ist zum dritten Kind schwanger. Ihr Partner ist 15 Jahre älter. Warum sie das bestimmt nicht stresst, welche Vorteile ältere Väter haben und was sie sich wünscht, das erzählt sie im Interview.
Du bist mit Deinem dritten Kind schwanger. Vor ein paar Tagen hast Du einen bezaubernden Text darüber geschrieben, dass Dein Umfeld oft merkwürdig darauf reagiert. Ein wichtiger Punkt war, dass Dein Partner um einiges älter ist als Du. Welchen Vorurteilen begegnetet Ihr als Familie durch den Altersunterschied?
Der Super Dad und ich sind seit etwas mehr als fünf Jahren zusammen. Als wir uns kennen lernten war ich 28 und er 43 Jahre alt. Uns trennen also 15 Jahre. Das wusste ich anfangs nicht und interessierte mich nicht. Stefan legte auf, ging zu Fußballspielen, feierte gern und sah wesentlich jünger aus, auch heute noch. Wir beide hatten nie ein Problem mit dem Altersunterschied.
Es ist eher die Sorge aus dem Familienumfeld, was mal wird, wenn wir älter werden und Stefan mit 70 körperlich nicht mehr so fit ist wie ich mit 55. Hinzu kam, dass eine entfernte Bekannte, deren Mann 17 Jahre älter ist, genau das beklagt. Es ist also kein Vorurteil, eher die Sorge, dass wir im Alter nicht mehr recht was gemeinsam machen oder ich früh Witwe werde. Naja. Ich kann auch morgen vom Bus überfahren werden.
Du wohnst im Prenzlauer Berg: In meiner Wahrnehmung ist Eure Alterskonstellation dort keine Seltenheit. In Deiner auch?
Ich persönlich stelle das nicht so fest, da ich das Alter bei anderen immer so schlecht schätzen kann. Es wird mir aber in der Kita oder beim Kinderarzt oder jetzt bei der Frauenärztin immer bestätigt, dass viele Männer erst sehr spät Vater werden, aber eben auch die Frauen älter sind. Da gehören wir sogar noch zum jungen Eisen.
Für uns gab es immer die Grenze, dass wenn der Mann nächstes Jahr im August 50 Jahre alt wird, Schluss ist mit Nachwuchs. Wir haben zwei tolle Mädchen (2 und 4 Jahre alt) und haben nicht auf Teufel komm raus auf ein Drittes hin gearbeitet. Wenns passiert, passierts. Ab Januar wollten wir an dieser Einstellung, aber was ändern und dann auf gar keinen Fall mehr schwanger werden. Bin ja nun doch vor dieser Deadline schwanger geworden.
Alle sagen zwar, es ist egal wie alt der Mann ist, Hauptsache die Mutter ist es nicht, aber das sehe ich anders. Ein Vater gehört auch zum Leben des Kindes dazu und Stefan möchte seine Kinder so lange es geht begleiten. Er ist sehr aktiv und körperlich sehr fit (Ich bin immer die, die es lange aus den Latschen haut mit irgendwelchen Krankheiten) und wir gehen einfach davon aus, dass es lange so bleiben wird. Vielleicht wäre ein jüngerer Vater länger ein Opa, das weiß ja keiner, denn auch wenn ich hoffe, wir leben noch bis ins sehr hohe Alter gesund du glücklich zusammen, so weiß man eben nie, wie es kommt im Leben.
Wenn ein Mann ein gewisses Alter hat, und noch keine Kinder geht man als Ausstehender häufig davon aus, dass das eine bewusste Entscheidung ist. Wie schnell war die Familienplanung bei Euch Thema?
Hm, ehrlich gesagt habe ich mir darüber nie Gedanken gemacht, warum irgendwer keine Kinder hat. Ich denke tatsächlich oft: Vielleicht hat es noch nicht geklappt, vielleicht war die Richtige einfach noch nicht dabei. Der Super Dad war schon einmal verheiratet, aber sie ist einfach nicht schwanger geworden. So ziehen einige Jahre ins Land und man bleibt kinderlos.
Wir lernten uns ein oder zwei Jahre nach seiner Trennung kennen und wussten schnell, wir wollen Kinder. Aber nicht auf Grund seines Alters, sondern weil wir uns sagten: Wir können zehn Jahre glücklich zusammen sein, bekommen ein Kind und trennen uns nach einem Jahr, oder wir genießen ein Jahr unsere Beziehung, bekommen ein Kind und trennen uns nach zehn Jahren. Dann hat das Kind wenigstens zehn Jahre eine intakte Familie. Ich wusste von Anfang an, dass ich mit ihm Kinder haben möchte und umgekehrt war es genauso.
Es hat dann auch sehr schnell geklappt. Seine Ex-Frau ist mit ihrem neuen Mann ebenso schnell schwanger geworden. Bei den Beiden hat es wohl nicht sollen sein. Daher ist es schwierig zu unterstellen, man trifft die Entscheidung bewusst, aus Karrieregründen. Stefan hätte gern früher Kinder gehabt, es hat nur nicht geklappt. Außerdem denke ich, gibt es kein perfektes Alter für Kinder. So wie es nie den perfekten Zeitpunkt geben wird. Man hat einfach eine persönliche Grenze was den Altersabstand betrifft oder bis wann man Kinder bekommen möchte und dann kann man nur schauen, was das Leben dazu sagt und ob es mitspielt.
Welche Besonderheiten – abseits von klassischer Vorurteile – ergeben sich aus Euer Alterskonstellation: Für Euch als Paar? Für Euch als Familie?
Es ergeben sich keinerlei Besonderheiten, weil viele Stefan viel jünger schätzen. Ich bin manchmal ganz erschrocken, wenn ich Männer in seinem Alter treffe, die alt aussehen und auch alt sind, wie sie so leben. Er ist ein Kindskopf, bringt mich zum Lachen, liebt es Musik aufzulegen und zu seinem Verein zu gehen, würde sicher immer noch in Clubs gehen und nächtelang mit mir in Bars rumhängen, wenn die Kinder nicht wären.
Er ist auch nicht physisch eingeschränkt oder kommt nicht hinterher. Wir sind uns ebenbürtig und ich bin nicht sein Püppchen, was manche denken, wenn ein älterer Mann eine jüngere Frau hat. Dazu hab ich eine viel zu große Klappe. Und man merkt ihm an, dass er weiß, dass er nichts verpasst. Also klar sind andere Frauen attraktiv und ich lege für niemanden die Hand ins Feuer, dass er oder sie nie fremd geht, aber er hat so eine Lebensgelassenheit. Been there, done that.
Heißt nicht, dass er ein zahmes Schäfchen ist und faul auf dem Sofa rum hängt, aber der neuste Club interessiert einfach nicht mehr so. Das geht mir aber genauso und ich finde, es ist wahnsinnig entspannend zu wissen, dass sich die Welt auch weiter dreht, wenn man nicht jedes hippe Restaurant besucht oder bis morgens um sechs durchtanzt. Das war zumindest bei mir früher anders. Ich hätte keine Kinder haben wollen als ich 25 war und tief im Inneren glaube ich, war der Mann in seinen späten Dreißigern auch noch nicht bereit.
Manchmal glaube ich sogar, dass ältere Väter auch Vorteile mit sich bringen. Stefan ist in vielem sehr viel ruhiger und geduldiger. Er spielt stundenlang auf dem Spielplatz, baut Legotürme und Eisenbahnschienen. Er ist einfach gelassener. Zum einen ist er so ein Typ, zum anderen ist es auch die Lebenserfahrung. Ihn stresst nicht so schnell etwas, wo ich schon in Panik verfalle.
Was wünscht Du Dir für die Zukunft?
Ach das sind tatsächlich die „normalen“ Wünsche unabhängig vom Alter: Dass wir gesund bleiben, dass Superbaby3 fit und fröhlich das Licht der Welt erblickt und dass wir uns lange als Familie und Paar durchs Leben begleiten können.
Da ich aus meinem engsten Umfeld das Altersthema eher als Sorge, denn als Vorurteil auffasse, kann ich auch nicht behaupten mir zu wünschen, die Welt müsste etwas toleranter werden. Tatsächlich glaube ich, dass große Altersabstände heutzutage schon gar nicht mehr so selten sind. Klar finde ich 30 Jahre auch etwas verrückt, da kommt mir einfach der Gedanke, die könnten Vater und Tochter oder Mutter und Sohn sein, aber ganz ehrlich, keiner weiß, was passiert.
Vielleicht muss ich zu zeitig von der Welt abtreten und der Mann wird hundert Jahre alt. Ich glaube, ein wenige Gelassenheit und Vertrauen darauf, dass es gut wird, täte uns allen gut. Denn klar kann es sein, dass ich mit fitten 65 einen 80-Jährigen pflege, aber dann geh ich eh nicht mehr ins Berliner Nachtleben. Dann wird uns eben dieser Abschnitt begleiten.
Wir haben uns gefunden, uns ineinander verliebt und wir passen zueinander. In den letzten 5,5 Jahren hat uns das Alter persönlich nie gestört, es fällt weder uns noch unserem Umfeld im täglichen Leben auf. Und Lästerschnuten finden eh immer was, zur Not die Tattoos oder den Hund als Thema.
Vielen lieben Dank, Jette, für Deine Offenheit und die Bilder.
Ihr habt auch eine außergewöhnliche Familiengeschichte? Oder eine Idee, welches Thema unbedingt mal in den Familienrollen vorkommen sollte? Dann schreibt mir eine Mal an fruehesvogerl@gmail.com.