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Warum meine beine auch im Sommer mehrere Farben haben

„Sie haben da etwas, das nie wieder weggehen wird.“ Ein wenig empathischer Arzt hatte mich bei einer Untersuchung auf einen Fleck aufmerksam gemacht. Es war ein kleiner Fleck. „Tendenziell kann das immer mehr werden und sie können nichts dagegen tun.“ Ein echtes Schätzchen, war dieser Vertretungsdoktor: ungefragt hat er mir etwas diagnostiziert, um sogleich zu verkünden, dass das von nun an zu mir gehört. Spoiler: einen Teil davon hatte ich schon nahezu 20 Jahre ohne dass es je jemand benamst hatte.

„Sie haben die Weißfleckenkrankheit.“ Vitiligo nennt sich das auch, sagt das Internet. Angeblich sind nur zwei Prozent der Weltbevölkerung betroffen. Googelt man ein bisschen, findet man ungewöhnliche Bilder: junge Frauen deren Gesicht von Flecken übersät sind. Und ich erahne ein bisschen wie furchtbar schwer, das Annehmen für einige von ihnen sein muss. Und wie gut es ist, dass sie damit nach draußen gehen.

Ich fühl mich ein bisschen wie damals, als ich – in einer Bar gearbeitet habe und dem Kollegen erzählt habe, dass ich voll krass schlecht nichts sehe, und jetzt schon 2 Komma irgendwas Dioptrin habe. Fand er total heftig und hat dann erzählt, dass er selbst einen Wert von 8 hat. Denn: es geht fast immer heftiger. Natürlich.

Meine Flecken wurden übrigens tatsächlich mehr, am Bein wandert es. Im Gesicht habe ich wenig. Aber eben auch am Finger, öfter von der Neuro überdeckt, aber dennoch da. Wie sehr, dass die nächsten Jahre noch wandern kann, weiß ich nicht, den einen Arzt habe ich nie mehr zu Rate gezogen.Ich bin irritiert, wenn Leute schauen, meine Kinder fragen: das ist gut. Sie gehen dabei empathischer vor als der Arzt

Nicht immer kann man sich das Muster aussuchen.

Ich hab also im zarten Alter von 35 erfahren, dass ich eine Fleckenkrankheit habe, die nicht schön ist und manchmal wandern kann. Sonst macht sie aber wenig mit mir. Ich muss keine Medikamente nehmen, muss lediglich ein bisschen aufpassen, wenn ich in der Sonne bin und muss mich manchmal erklären. Vielleicht wird es mehr, vielleicht auch nicht.

Warum ich davon erzähle? Weil ich glaube, dass WIR mehr sind als 2 Prozent, weil ich es nicht schlimm finde und weil ich für mehr Realität bin und für Sichtbarkeit von nicht immer ganz schönen Dingen und mir ziemlich sicher bin, dass ich damit nicht alleine bin. Und weil es irgendwie auch zu mir gehört, auch wenn ich es gerne in netter gehört hätte, als damals vom Arzt.

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