Familienrollen, Kultur mit Kind

„Ernähre Dein Kind vegan und alle laufen Sturm“ -Familienrollen zum Thema Veganismus und alleinerziehend mit Zwillingen

Jeden Freitag gibt es hier die #familienrollen: Heute erzählt Ela vom Leben als alleinerziehende Zwillingsmutter und von extremer Übelkeit in der Schwangerschaft. Außerdem berichtet sie, welchen Vorurteilen sie als Veganerin, die auch ihre Kinder so ernährt, begegnet. 

Dein Blog heißt Keins bestellt, 2 bekommen, vom Partygirl zur alleinerziehenden Zwillingsmama. Wie hast Du Deine Schwangerschaft wahrgenommen und Dich auf das neue Leben vorbereitet? 

Vor der Schwangerschaft

Meine Schwangerschaft kam sehr plötzlich und unerwartet und vor allen Dingen ungewollt. Ich hatte grade angefangen im Beruf weiter voran zu kommen, hatte kurz vorher diverse Fachweiterbildungen beendet und wollte darauf aufbauend studieren. Dementsprechend geschockt war ich und musste das erst einmal vernünftig verdauen, da ich auch erst mega mega kurz mit dem Twinpapa zusammen war.  Nach dem ich das aber verdaut hatte, konnte ich mich freuen.

8 SSW: Erstes Mal im Krankenhaus,
kurz vor der künstlichen Ernährung. 

Leider dauerte die Freude nicht lange, denn ich wurde von extremer Übelkeit und Erbrechen, der sogenannten Hyperemesis Gravidarum, geplagt. Bis zu 40 mal am Tag musste ich mich übergeben und habe sehr schnell viel Gewicht verloren und lag mehrfach wegen Blutungen und Kreislaufbeschwerden so wie dem Erbrechen im Krankenhaus.

Das ist auch mit einer der Hauptgründe, warum die Beziehung neben zwischenmenschlichen Problemen zerbrach. Ich konnte die Nähe vom Twinpapa nicht ertragen.

Wie gestaltet Ihr drei heute Euren Alltag und wie sehr hast Du Dich verändert? 

Der einzige Tag ohne Kotzen: Mit Freunden im Hamburg

Was sind Partys? Spaß beiseite, ich bin jetzt Mutter und jetzt sind Mädchenbaby und Männerbaby klein und brauchen mich. Die Partys laufen nicht weg, sie warten und manchmal kann ich sie schon riechen. Meine letzte Party war das Konzert einer meiner absoluten Lieblings-Bands in Hamburg. Ich war im 6. Monat und bin morgens mit Eimer und Medikamenten bewaffnet nach Hannover gedüst und bin dort mit meinen über alles geliebten Freunden Silke und Jürgen ( Pate der Minis) weiter nach Hamburg gefahren. Das war einer der wenigen Tage an denen ich mich nicht übergeben musste.

Alltag gibt es eigentlich keinen wirklichen, ich stelle mich voll und ganz auf die Bedürfnisse der Twins ein und lerne gerade auch meine Bedürfnisse zu berücksichtigen. Hat sich für uns als am besten herausgestellt, da es so keinen Druck macht und man mehr schafft als mit einem richtig festen Plan. Und man geht so Frustration und Enttäuschungen aus dem Weg. Das ist ganz gut so.

Du bist alleinerziehend und hast jeden Tag zwei kleine Kinder zu versorgen. Hast Du Hilfe?

Sieben Monate danach

Ich versuche mit einem Mindestmaß an Unterstützung aus zu kommen, um die Ressourcen meiner Helfer für wirklich schlimme Tage zu schonen. In der Regel funktioniert das recht gut, wobei es momentan aus gesundheitlichen Gründen so ist, dass ich schon signifikant mehr Hilfe benötige als in den Monaten zu vor. Die ganze Belastung hat sich nach unserem Umzug so aufgestaut das ich nicht mehr konnte. Denn vor Kurzem sind wir in die Nähe meiner Familie gezogen.

Ich plane drei Jahre zu Hause zu bleiben aber das ist abhängig von mehreren Faktoren: Wie geht es mir? Wie meinen Eltern?  Wie pendelt sich der Kontakt zum Twinpapa nach dem Umzug ein? Und nicht zuletzt das Thema Geld. Das ist auch nicht unerheblich, sollte aber nicht die erste Geige spielen bei der Entscheidung früher in den Beruf zurück zu kehren.

Ob Kita oder Tagesmutter längerfristig zur Gewöhnung und für mehr Freiräume eine Rolle spielen, das wird sich zeigen. Das hängt auch an vielen Faktoren, welche in erster Linie auch abhängig von mir und meiner Gesundheit sind.

Du ernährst Deine Kinder zu 99 Prozent vegan.  Worauf muss man eigentlich achten? Und vor allem: Welchen Vorurteilen begegnest Du? 

Man muss vorweg nehmen das kein einziges deutsches Institut vegane Kinderernährung für sinnvoll hält, die Gründe liegen in erster Linie darin, dass es empfohlen wird Vitamin B12 zu supplementieren. In den USA wird eine gut geplante, ausgewogene Ernährung für alle befürwortet.

Ich achte bei der Ernährung auf Vollwertigkeit, regionale und saisonale Produkte, ich kaufe gerne (wenn möglich) Bio und Fair Trade. Dazu kommt eine große Auswahl verschiedener, hochwertiger Öle und Nussmuse sowie verschiedene Getreide und Pseudogetreide (Anmerkung: Es wird darüber gestritten,ob Pseudogetreide im ersten Lebensjahr ok sind oder nicht. Ich gebe sie aber nur selten und in kleiner Menge. Mein Motto: Die Dosis macht das Gift).

Dazu ergänze ich verschiedene Hülsenfrüchte, gelegentlich Tofu oder Seitan. Zum Kochen verwende ich selten Sojamilch, meist mache ich Hafer- oder Mandelmilch selber und verwende sie.
Wichtigstes Thema (auch ein Streitthema) für mich ist die Gabe von Vitamin B 12 und Vitamin D3 (in den ersten 2 Jahren tgl, danach in den Wintermonaten). Das gebe ich.

Die Vorurteile sind enorm und sie gehen manchmal sehr unter die Gürtellinie. Erst kürzlich las ich einen Blogbeitrag einer veganen Mama, die sogar von Lesern beim Jugendamt angezeigt wurde.

Die  Ängste sind wirklich groß, seitens alles essender Menschen. Von Mangelernährung bis zu Hirnschäden und Kindeswohlgefährdung ist alles dabei. Meine Erfahrungen zeigen allerdings, das vegan lebende Menschen sich viel mehr mit ihrer Ernährung und allem was dazu gehört, auseinander setzen als andere und sich sehr gut mit (Micro-) Nährstoffen und Ernährung auskennen.

Ich sage immer: Ernähre Dein Kind vegan und alle laufen Sturm, gehe mindestens  zweimal die Wochen mit deinem Kind zu McD*nalds und gebe ihm in der übrigen Zeit Fast Food und Konserven und kein Mensch interessiert sich dafür.

Es gibt auch Fachberater für vegane Ernährung. Meine Bekannte, die liebe Carmen H.von Vegan in anderen Umständen und Go Vegan Kitchen, ist zum Beispiel eine. Sie hat mir sehr geholfen als unsere ehemalige Kinderärztin mich zwingen wollte den Zwillingen Fleisch zu geben.

Was wünscht Du Dir von Deinem Umfeld?

TOLERANZ! Das ist das Wichtigste und davon gibt es leider sehr wenig in dieser Welt. Das intolerante Verhalten vieler unserer Mitmenschen hat uns überhaupt erst in diese schreckliche Lage, in der die Welt sich befindet, gebracht. Außerdem mehr Mut aus Regeln und Konventionen auszubrechen und vor allem die Fähigkeit selbstständig zu denken.

Das würde mir die Zwillingsmama-Hass-Frage Nummer 1 nämlich ersparen: Sind das Zwillinge?
Mit der Fähigkeit zu denken könnte man erkennen: Die sehen sich ähnlich, sie scheinen gleich alt zu sein, sie sitzen im gleichen Kinderwagen bzw werden gemeinsam getragen, das müssen Zwillinge sein. 😉

Vielen Dank für das Interview. 
Alle Bilder wurden von Ela zur Verfügung gestellt. 

Hier geht es zu Elas Blog.

Jeden Freitag gibt es ein Interview zum Thema „Außergewöhnliche Familienmodelle“ unter dem Schlagwort #familienrollen. Ihr kennt auch jemanden auf den das zutrifft, habt selbst eine Geschichte oder eine Idee, was Ihr unbedingt mal gerne lesen möchtet? Dann schreibt mir unter fruehesvogerl@gmail.com.

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