Kurz nach der Jahrtausendwende saß ich mit bedeutungsschwangerem Gesicht meinem Onkel gegenüber. „Ich werde heute 20. Das ist so heftig.“ Er, 14einhalb Jahre älter, erwiderte nur lapidar:“Du hast einen Vogel“.
Wahrscheinlich haben wir diese Diskussion noch weiter geführt, aber daran kann ich mich nur wenig erinnern. Natürlich war ich der Meinung, ich hab Recht und er nicht. Die Wahrheit liegt bestimmt irgendwo dazwischen.
Als die 30 kam, fühlte ich mich schon ein bisschen weiser und war nicht mehr der Meinung, dass das Ding nun auf mich zu kommen würde. Ich hatte große Geburtstagfeste gehabt: Großartige mit 20 Freunden, Familienbesuch, Suppe und Apfelstrudel bei mir zuhause. Beschissene kurz nach Ende des Studiums: Mit Freunden, die nicht harmonierten und Studienkollegen, die den ganzen Abend unsere Zukunft nach dem Journalismus-Studium in den dunkelgrausten Farben ausmalen wollten. Themenwechsel zwecklos. Alkohol führte zu noch mehr Drama. Ich war die erste, die die Party verließ.
Meinen 30. wollte ich daher nicht feiern. Mein sehr geliebter Hund war ein paar Tage zuvor gestorben, von daher wäre eine geplante Party sowieso abgesagt worden. Was ich bestimmt nicht wollte, war mein Leben, zwanghaft im Konfetti Regen Revue passieren lassen. Unaufregend sollte mein Geburtstag sein, nur mit meinem Mann, und in einer Stadt, die uns auch Ruhe gibt.
Was Unaufgeregtheit betrifft, hat Hannover einen guten Ruf. Wir fuhren also nach Niedersachsen, liefen drei Tage lang durch die Gassen, die schon früh dunkel wurden, lasen in der Tageszeitung über Fukushima, saßen in einer verrauchten Kneipe und tranken ortsansässiges Bier. Wir lernten, dass ein „sehr gut“ für Hotelbewertungen nicht immer ein gutes Indiz ist und redeten über alles Mögliche. Nur ganz bestimmt nicht darüber, was die letzten 10 Jahre gebracht haben, und was die nächsten bringen.
Denn, ganz ehrlich: Wozu? Manches hat man in der Hand. Manches nicht. Du kannst Dich abstrampeln, und Dinge klappen nicht. Du kannst wunderschöne Momente erleben, in Zeiten in denen Du nicht damit gerechnet hast. Wenige Menschen habe ich bis jetzt getroffen, die mich mit ihrem 5-Jahres-Plan wirklich überzeugt haben. Nicht weil sie ihn nicht vielleicht erreicht haben, sondern weil mich Erfolg alleine selten überzeugt. Viel mehr der Umgang damit. Und die strahlenden Momente kann man eh nicht einplanen.
Silvester 2014 |
Heute bin ich genau 14einhalb Jahre älter, genau so alt wie mein Onkel damals. Heute verstehe ich ihn ein bisschen besser. Fast 15 Jahre sind vergangen: mit wunderbaren Momenten. Und mit dunklen. Die beeinflussbaren machen auch einen Teil davon aus, aber bestimmt nicht den größten. Innehalten hat sich als wichtiger erwiesen. Und reflektiere: An jedem Tag.
Ich habe übrigens keine Angst vor meinem 40. Geburtstag und natürlich mag ich Silvester nicht.
Und wie geht es Euch damit, seid Ihr Anhänger eines 5-Jahres-Plans und datet Ihr den zu jedem Geburtstag up?
Dieser Text ist für die Blogparade von Eni von Thirty Ehrlich, darüber wie man das Leben in den 20er und 30er-Jahren so empfindet.