Kultur mit Kind, Nachgefragt

Sich selbst verzeihen / Gastbeitrag von Dani über eine Vergewaltigung

Die liebe Dani von Glucke und So hat etwas Schlimmes erlebt. Als Gastautorin erzählt sie, wie sie mit einem Teil ihrer Vergangenheit Frieden schließt. 

Als Ich Bettie fragte, ob Sie mir Ihren Blog, für einen Teil meiner Vergangenheit, zur Verfügung stellt und sie ja sagte, daa wusste ich, es ist der richtige Zeitpunkt darüber zu reden. Der Glaube daran kam zurück: Sich selbst zu verzeihen.

Ich war 18 Jahre jung, steckte in meiner Ausbildung und war Single. Ich ging viel aus und liebte Billiard und Dart. Eines Abends, nach einem langen Arbeitstag, ging ich mit einer Freundin Billiard spielen. Dort waren immer viele süße Jungs aber auch wenn es mir vielleicht keiner glaubt, ich war sowas von schüchtern, dass ich niemals jemanden ansprechen würde.

Auf einmal stand ein wirklich gutaussender Junge vor mir. Mein Herz klopfte wie wild und er sprach tatsächlich mich an. Er sagte, dass er mich schon den ganzen Abend beobachte und er wollte fragen, ob wir zusammen ausgehen wollen. Ähmmm, stammelte ich und sagte dann ja.

Es gab schon Handys und wir tauschten die Nummern und verabredeten uns fürs Kino ein paar Tage später. Ich war ziemlich aufgeregt. Er war sehr süß und forsch und das gefiel mir. Der Tag des Dates stand an. Wir trafen uns vor dem Kino und gingen Eis essen. Er nahm meine Hand und sagte, wie schön ich aussehe und das er gar nicht glauben kann, dass ich Single bin.

Ich war peinlich berührt, aber auch beeindruckt. Er wusste, was er wollte und anscheinend war ich das. Es fühlte sich aber auch merkwürdig an. Ich konnte das alles schlecht deuten. Wir gingen ins Kino. Er hielt meine Hand, versuchte aber nichts anderes.

Auf dem Heimweg küsste er mich und fragte, wann wir uns wieder sehen. Wir trafen uns eine Weile und nach drei Wochen fragte er, ob ich bei ihm übernachten möchte. Meine ambivalenten Gefühle waren noch immer da. Irgendwas sagte mir, mit dem stimmt was nicht. Er wollte immer wissen wo ich bin, was ich mache und mich am liebsten jeden Tag sehen. Das war toll, aber auch ein bisschen unheimlich. Ich stimmte dennoch zu, denn ich mochte ihn.

Wir wollten eine DVD- Abend bei ihm machen und Pizza bestellen. Der Abend fing sehr romantisch an. Wir schauten DVDs, kuschelten und redeten, und es war sehr gemütlich und ich fühlte mich wohl. Er nahm dann meine Hand und führte mich in sein Schlafzimmer. Ich wusste, was er möchte und es war ok für mich. Ich hatte bis dahin noch nicht viel Erfahrung, aber es fühlte sich nicht falsch an. Das änderte sich aber kurze Zeit später.

Er zog mich und sich langsam aus, und es war alles sehr sanft. Urplötzlich packte er meine Arme und drückte sie über meinen Kopf, und meinte sehr laut und angsteinflößend, dass ich mich jetzt nicht mehr bewegen soll. Ich meinte, ich möchte das nicht. Er sagte, das ist ihm egal, ich gehöre ihm und mache das, was er sage.

Ich spürte urplötzlich, dass das hier kein Spaß mehr ist. Ich bat ihn, mich loszulassen. Er schrie, ich soll ruhig sein. Deswegen bin ich doch mit ihm hier, ich will es doch genauso wie er. Ich weinte und versuchte von ihm wegzukommen. Ich schrie nach Hilfe. Er schrie, ich soll ruhig sein. Er drang mit voller Wucht in mich ein. Ich dachte, ich muss sterben. Es tat so höllisch weh, ich schrie und wehrte mich, ich versuchte mich zu drehen. Er drückte meinen Kopf nach unten. Dieser süße Mann hatte so unglaublich viel Kraft. Umso mehr ich mich wehrte, umso stärker wurde er.

Er verging sich an mir, zwei Mal. Er schrie und stöhnte und schwitzte, und ich wimmerte und hoffte aus diesem Raum lebend rauszukommen. Als er fertig war, sackte er auf mir zusammen und sagte er liebte mich, und dass es doch wunderschön war. Ich zitterte am ganzen Leib und weinte leise vor mich hin. Er legte sich neben mich und schlief ein.

Ich zitterte nach wie vor und versuchte bei Verstand zu bleiben. Er schlief wirklich. Ich stieg so leise es ging aus dem Bett und suchte meine Sachen. Im Flur zog ich mich an, packte alles ein was ich greifen konnte und rannte los. Es war Nacht. Ich rief meine Freundin an und konnte zu ihr kommen.

Ich blieb die restliche Nacht dort. Sie wollte ihn töten. Wirklich, Sie telefonierte rum und ihr Freund kam vorbei. Er wollte wissen, wo er wohnt. Ich konnte nichts sagen, ich könnte nicht mal glauben, dass das gerade passiert ist.

Ich schlief irgendwann, trotz starker Schmerzen ein. Am nächsten Morgen ging ich zu meiner Frauenärztin, da ich kaum laufen konnte. Ich hatte so unglaublich starke Schmerzen und auch Blutungen. Meine Ärztin war auch die Ärztin meiner Mutter aber ich sagte ihr, dass Sie nichts sagen darf. Ich erzählte unter Tränen alles und sie untersuchte mich. Ich hatte einige Verletzungen im Intimbereich, auch an den Armen und Innenschenkeln aber ich lebte. Sie sprach mit mir und versuchte mir klar zu machen, dass ich Anzeige erstatten soll.

Ich konnte das nicht. Ich gab mir die Schuld. Wie konnte ich nur so blöd sein und die Anzeichen nicht bemerken. Wie konnte ich nur? Niemand würde mir glauben. Er war mein Freund, wir waren zusammen und es war bei ihm zu Hause. Er würde sagen, ich wollte das. Meine Ärztin sagte, dass die Verletzungen eindeutig wären, aber „wilder Sex“ kann auch einvernehmlich sein. Sie versuchte mich auf ein Gespräch bei der Polizei vorzubereiten und ich entschied mich dagegen.

Sie hätten mir nicht geglaubt und selbst wenn, was wäre dann passiert? Er wusste, wo wir wohnen. Ich hatte solch unglaubliche Angst. Ich ging im Laufe des Tages nach Hause. Meine Mutter fragte, wie es war und ich meinte es ist vorbei. Ich erzählte es ihr nicht. Sie mochte ihn nicht und ich hätte auf sie hören sollen.

Ich ging zur Arbeit und versuchte mich abzulenken. Ich sprach einige Tage später mit meiner besten Freundin. Ich musste es noch jemandem anvertrauen. Sie glaubte mir. Sie tröstete mich.

Meine Sexualität war ab diesem Moment gestört und es dauerte viele Jahre, bis ich wieder vollständig Spaß dabei empfand und nicht jedes Mal dachte, gleich werde ich wieder vergewaltigt. Das Vertrauen in Männer habe ich langsam wieder aufgebaut.
Ich sah ihn nie wieder und weiß auch nicht was aus ihm geworden ist. Ich habe bis heute keine Anzeige erstattet, zu beschämend war die Situation für mich.

Heute weiß ich, dass es falsch war. Ich hätte dieses Schwein anzeigen sollen. Ich hätte verhindern können, dass er es vielleicht nochmal tut. Ich hätte zeigen können, dass er so etwas mit einem Menschen nicht machen darf. Ich hätte stark sein müssen für mich und andere Frauen.

Ich habe mich für mich selber geschämt. Ich habe mich selber gehasst, dass ich nicht stark genug war, das Richtige zu tun.

Aber ich habe mir verziehen. Ich bin nicht mehr böse auf mich denn ich in dieser Situation gibt es kein Falsch. Ich habe das überlebt. Meine Psyche hat das überlebt. Ich kann wieder lieben und vertrauen. Ich habe es überstanden.

Wieso erzähle ich das. Meine Vergangenheit aufzuarbeiten ist mein größtes Ziel. Das Bloggen hat mir die Kraft zurückgegeben, Dinge einen Namen zu geben. Dinge nicht totzuschweigen. Das Aufarbeiten gehört zu meiner Therapie und wieso ich es öffentlich mache, statt in ein Tagebuch zu schreiben?

Vergewaltigungen, häusliche Gewalt und Misshandlungen sind immer noch Tabuthemen. Es sind sehr komplexe Themen und es gibt immer zwei Seiten. Die Wahrheit rauszufinden ist oft wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Die Opfer werden meist zu Tätern gemacht. Leider gibt es auch Fälle, bei denen genau das korrekt ist. Jahrelang dachte ich, dass mir niemand glauben würde, das mir niemand helfen würde und ganz besonders, das es mir nicht helfen würde es öffentlich zu machen, in dem ich Anzeige erstatte.

Doch, das öffentlich machen und dem ein Gesicht zu geben hilft mir. Es befreit mich. Ich habe mir verziehen. Ich bin im Reinen mit mir und kann diesen Punkt meiner Vergangenheit als verarbeitet betrachten.

Ich danke Dir Bettie, für dein Vertrauen in mich und meine Geschichte.

Ich danke Dir, Dani, für Deine Offenheit.

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