Familienrollen, Kultur mit Kind

„Wenn ein Mensch von einem „Schicksalsschlag“ getroffen wird, hat er genau zwei Möglichkeiten“ / Beate in den Familienrollen über ihr Leben mit positiver Einststellung und drei Krankheiten: Diabetes Typ 1, Hashimoto und Multiple Sklerose

Zu Gast in den #familienrollen ist Beate, die gleich drei chronische Krankheiten hat. Sie erzählt, woher sie ihre Kraft zieht und wie der Alltag ihrer Familie aussieht.

Beate


Du schreibst auf Chronischhochdrei von Deinem Leben mit drei Krankheiten. Was hast Du und in wie weit beeinflusst es Dein Leben im Alltag? 

Mich begleiten seit 1985 Diabetes Typ 1, seit 2004 Hashimoto (Schilddrüse) und seit 2007 MS (Multiple Sklerose).

Der Diabetes ist jeden Tag von morgens bis abends sehr präsent, da ich regelmäßig den Blutzucker messe, um zu wissen „wie es mir geht“.
Die Schilddrüse lässt sich mit einer Tablette am Morgen gut in Schach halten und die MS beeinflusst mich aktuell kaum beziehungsweise wesentlich weniger, als noch vor einigen Jahren.

Ich habe festgestellt, dass es mir wesentlich besser geht, seit ich mich selbst nicht mehr so stresse beziehungsweise besonderen Wert auf Auszeiten „für mich“ lege.

Dein Mann ist Sportler: In wie weit kannst Du ihn bei dieser Leidenschaft begleiten?

Mein Mann hat nach der Geburt unseres Kindes mit dem Laufen angefangen, weil er ein Papa sein möchte, der nicht dem Kind „hinterher hechelt“, sondern einfach mithalten kann.

Die beiden machen mittlerweile öfter mal „Run&Bike“, da läuft mein Mann und unser Sohn begleitet ihn auf dem Rad (wenn ich mal nicht zuhause bin) – hier kann man prima das Training und die Kinderbetreuung kombinieren und Spaß dabei haben.

Ansonsten begleiten Sohn und ich ihn aber auch öfter zu Lauf- oder Rennradveranstaltungen (RR kam als Ausgleichssport noch dazu).

Mein Mann trainiert meist zu sehr „familienfreundlichen“ Zeiten oder in Kombination zum Beispiel ein längerer (30km) Lauf zu seinen Eltern + wir laden uns dann Sonntags selbst zum Mittagessen ein 😉  Ich gönne ihm sein Hobby (Ausgleich zur stressigen Arbeit) und komme dadurch manchmal an tolle Orte (aufgrund dort stattfindender Laufveranstaltungen), die ich ansonsten nicht aufgesucht hätte.

Wie sieht der ganz normale Alltag bei Euch aus?
Unser Alltag ist ziemlich klassisch. Ich arbeite Teilzeit bei der Stadtverwaltung, mein Göttergatte Vollzeit im Dienstleistungssektor (ist allerdings beruflich viel unterwegs), Sohnemann besucht den Kindergarten und ist jetzt ab Herbst stolzes Vorschulkind.

Ich selbst leite noch dazu eine Selbsthilfegruppe von an MS-Erkrankten, bin im Elternbeirat des KiGa und ansonsten auch jemand, der gerne und viel hilft. Manchmal auch über meine Kräfte, aber ich habe unterdessen ziemlich gut gelernt, dann doch eine Pause einzulegen.

Meine Familie unterstützt mich sehr gut bei meinen Krankheiten, wobei die aber einfach mit zum Alltag gehören bei uns und keine besondere Stellung eingeräumt bekommen.

Mein kleiner Sohn (5 Jahre) kann diese Krankheiten natürlich noch nicht genau einschätzen, bekommt aber schon mit, wenn zum Beispiel mein Blutzuckerspiegel gerade nicht passt oder auch wenn ich aufgrund der MS bei warmen Temperaturen nicht klar denken kann. Da hilft er mir schon sehr!

Aber je mehr Aufmerksamkeit man einem Thema gibt, umso breiter macht es sich im Leben – daher bremse ich da selbst ein wenig.

Was wünscht Du Dir als jemand, wie Du selbst schreibst, mit drei chronischen Krankheiten, von Deiner Umwelt?

Hm, bezüglich meiner Krankheiten habe ich gar nicht so viele Wünsche an meine Umwelt, ehrlich gesagt. Ich möchte, was das angeht, besonders mit Mitleidsbekundungen („Oh je, Du Arme“) oder dem Gegenteil („Stell Dich nicht so an“) eigentlich in Frieden gelassen werden. Ehrliche Empathie ist mir da sehr viel lieber!

Allerdings ist die Grenze manchmal nur fließend, daher respektiere ich völlig, wenn sich jemand etwas unsicher fühlt und nicht recht weiß, wie er reagieren soll. Ehrlichkeit ist immer am besten!

Daher bin ich sehr für Aufklärung über zum Beispiel die MS, weil sie mit ihren vielen unsichtbaren Symptomen oft schwer einzuschätzen ist. Einen Menschen anzunehmen, wie er ist, ist meiner Meinung nach immer der beste Weg – ohne Vorurteile und Bewertungen!

Du hast mir erzählt, dass Ihr eine ganz normale Familie seid. Bei all unseren Begegnungen auf Facebook und Twitter spüre ich einen Eifer. Woher kommt all Deine Kraft? Wie zum Beispiel auch JuSu von Mama Schulze, die ja auch über ihre MS schreibt,  scheinst Du sehr positiv zu sein.  

Wenn ein Mensch von einem „Schicksalsschlag“ getroffen wird, hat er genau zwei Möglichkeiten: a) daran wachsen oder b) daran zugrunde gehen!

Die Entscheidung war ganz einfach! Ich möchte keine Krankheit oder andere Umstände langfristig über mein Leben entscheiden lassen, sondern es mir so schön wie möglich machen – denn es ist ja MEIN Leben. Ich bin kein Egoist, ich liebe meine Familie, habe tolle Freunde und bin zur Stelle, wenn Hilfe gebraucht wird (soweit es eben für mich passt und es mir möglich ist).

Das musste ich allerdings auch erst lernen, durch viele MS-Schübe, die mir dann einfach gereicht und mich genervt haben – dann kam der Trotz (Dir sch*** Krankheit zeig ichs!) und im Anschluss mehrere Seminare (Achtsamkeit mir selbst gegenüber), Selbsterkenntnisse (womit stresse ich mich selbst, wie kann ich anders / für mich besser mit immer vorkommenden Situationen umgehen usw).

Was kannst Du anderen Menschen auf den Weg geben?

Ich wurde schon oft verurteilt, dass ich doch nicht so einfach sagen könne „Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied“ – dazu sage ich aber: Doch, klar kann ich!

MEIN Weg ist für mich aktuell gut, er muss aber nicht der Weg eines anderen sein. Ich fände es selbst anmaßend zu sagen „nimm keine Medis mehr – bei mir klappts super“.

Jeder muss seinen eigenen Weg finden, mit verschiedenen Krankheiten oder eben seinem eigenen Leben umzugehen.
Man kann sich helfen lassen oder sich einfach auch mal andere Sichtweisen einholen, die vielleicht den einen oder anderen Anreiz geben.
Ich wünsche jedem Menschen, dass es ihm / ihr gut geht und er / sie das (für ihn / sie ) Beste aus der jeweiligen Situation machen kann.

Dankeschön.

Die Bilder wurden von Beate zur Verfügung gestellt.

Ihr habt auch eine außergewöhnliche Familiengeschichte? Oder eine Idee, welches Thema unbedingt mal in den Familienrollen vorkommen sollte? Dann schreibt mir eine Mal an fruehesvogerl@gmail.com. 

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