Alina (Blog: lieblingichbloggejetzt.com) ist eigentlich Krankenschwester, warum sie mit ihrem Job manchmal Schwierigkeiten hat, wie sie zum Bloggen gekommen ist und was eigentlich ihr Partner dazu sagt, erzählt sie im Kultur mit Kind – Interview.
Stell Dich bitte kurz vor.
Ich heiße Alina. Wohne in der „wunderschönen“ Stadt Köln und bin wenn dieses Interview online geht siebenundzwanzig Jahre jung.
Zum Bloggen bin ich vor über einem Jahr gekommen, als ich mich auf eine Blogstelle für Sport mit Kind beworben hatte. Dieser Kurs suchte eine junge Mami die Lust hat mit ihrem Baby Sport mit Kind zu machen und nebenbei darüber zu schreiben.
Ich hatte große Lust meine letzten 20 Kilo zu verlieren und bewarb mich auf diese Stelle.
Ein halbes Jahr betrieb ich diesen Sport und bloggte drüber. Heute ist der Blog mehr als ein Begleiter in meinem Leben. Inzwischen ist er etwas Eigenständiges und darauf bin ich unglaublich stolz.
Du bist Krankenschwester und Bloggerin: Wie kannst Du zwischen den beiden Polen hin und her springen?
Das Bloggen hat mir geholfen. Vielleicht hat es mich sogar auf eine Art und Weise gerettet, denn es hat mir gezeigt, dass es mehr gibt, als Leid und Tod und krank sein. Es hat mir dabei geholfen meinen beruflichen Horizont zu überarbeiten und dran zu bleiben.
Nicht zu sagen, dass nur weil ich Geld verdiene, der Weg hier zu Ende ist. Ich möchte dran bleiben. Ich möchte, wenn mein Freund mit seiner Ausbildung fertig ist, ein Studium anschließen. Ein Studium, das sich mit dem Schreiben beschäftigt: Germanistik, Online-Redakteur an der Fachhochschule, Konkretes weiß ich noch nicht: Aber ich weiß, dass mein Weg hier noch nicht zu Ende ist.
Der Blog hilft mir wunderbar abzuschalten und meine Ziele nicht aus den Augen zu verlieren. Allerdings schreibe ich nicht viel über meine Arbeit als Krankenschwester, über die Missstände die wir alle mittlerweile ertragen müssen. Das Gefühlt dem Patienten nicht mehr gerecht zu werden, weil schlicht und ergreifend zu wenig Personal da ist.
Die Pflege hat mich verloren, nicht weil die Arbeit schlimm ist, sondern wegen der Umstände. Ich war seitdem ersten Tag eine Vollblutsschwester. Habe meine Dinge mit Herzblut verrichtet, weil mir die Arbeit am Menschen lag. Heute arbeitest du deine Aufgaben ab. Mit Blick auf die Zeit. Der Mensch kommt in diesem System irgendwo ganz, ganz unten und solange DAS die Politik nicht endlich mal akzeptiert und handelt, werden sie weiter die jungen Menschen in eine Ausbildung rein quatschen müssen und wir müssen uns hinterfragen, ob wir nach diesem Standard überhaupt gepflegt werden wollen.
Wie du siehst: ja mich macht das Arbeiten sehr oft nachdenklich. Ich denke viel über ethische Dinge nach.
Frage mich in wie weit unser Handeln vertretbar ist und auch viele medizinische Entscheidungen nehme ich wie viele mit in meine kleine Schublade mit auf.
In meiner Ausbildung hatte ich ein zwei Momente, die mich sehr, sehr belastet haben.
Von einem Fall kenne ich sogar bis heute noch den Namen des Patienten. Seine Geschichte, seinen Stolz werde ich nie vergessen. Oft sind wir Krankenschwestern in der Gesellschaft nur die Hilfskräfte der Ärzte, aber so ist es nicht. Wir tun ganz andere Dinge. Wir begleiten, pflegen, kommunizieren und sind in einer Zeit da in der etwas „anders“ ist, ein Umbruch stattfindet, mal klein und leider auch manchmal riesengroß.
Ich möchte keine Ärztin werden, das was ich tue ist eine Herzensangelegenheit von mir.
Durch meinen Beruf bin ich Mensch geworden. Ein dankbarer Mensch, aber auch ein sehr ängstlicher Mensch. Ich habe gesehen, wie schnell die Wege einen trennen können. Wie schnell eine Botschaft eine Familie auseinanderreißen kann. Doch ich habe auch gesehen, wie dankbar Sterbende sein können. Wie sterbende und Familien interagieren und wer am Ende wirklich hilfe braucht. Der Tod ist ein ständiger Begleiter eines Lebens. Auf der einen Seite hat mich dies gestärkt auf der anderen Seite verunsichert, aber über all das bin ich zudem Menschen geworden der ich heute bin – stark.
Es ist mir egal wie oberflächlich mich andere sehen. Ich weiß was meine Hände getan, meine Augen gesehen und mein Herz fühlt und nur darauf kommt es am Ende eines Tages an.
Dein Blog lieblingichbloggejetzt.com intendiert, dass Du Deinen Partner mit dem Blog überrascht, wenn nicht gar überrumpelt hast, welche Rolle spielt das Bloggen in Eurer Beziehung und wie steht Dein Partner dazu?
Mein Freund stand am Anfang hinter der Geschichte. Er fand es toll, dass ich in meiner Elternzeit etwas Neues ausprobiere und schaffe.
Ich wollte schon immer schreiben. Es war immer einer dieser ungelebten Träume und dann war diese Chance zum Greifen nah. Es war ja nicht so, dass ich noch nie einen Blog hatte, aber auf diesen kam wochenweise keine Menschenseele und da war nun die Chance.
Er fand es gut und bestärkte mich. Machte Bilder und war bei jedem Schritt mit dabei. Die Zeit in der er den Blog nicht mehr respektierte kam, als ich wieder anfing zu arbeiten. Inzwischen war der Blog gewachsen und vom Aufwand zu einem kleinem Job heran gewachsen und nun hatte ich statt einer halben Stelle, zwei Stellen und beide mit mehr Aufwand als vorher angenommen. Dort liegt der Schlüssel begraben.
Zudem ist mein Freund schon immer jemand gewesen der „seine“ „unsere“ Probleme nicht nach außen trägt. Für ihn sind Probleme etwas das in die Familie gehört. In den Kern. Dort reichen sie vollkommen aus und sind eigentlich schon viel zu viel.
Ich hingegen bin jemand der gerne über seine Dinge spricht, sie gerne niederschreibt, denn über das schreiben kommen neue Ansätze, neue Sichtweisen, aber am wichtigsten über das schreiben und aussprechen habe ich immer das Gefühl, dass ich andere „stärken“ kann.
Denn wir alle handhaben es so wie mein Freund, das ist doch die Regel oder? Wir haben Probleme und über die spricht man nicht. Wir machen derzeit eine Paartherapie, weil ich und auch er letzendlich gesagt haben, so wollen wir nicht mehr leben.
Ich bin mir zu gut dafür, um so leben zu wollen, total egoistisch ist dieser Gedanke, doch andere denken wir stehen am Ende der Beziehung. Schauern uns bedauernd an, dabei stehen wir gerade erst am Anfang. Seit der Therapie reden wir wieder miteinander, nicht gegeneinander. Wir sprechen über unsere Zukunft, über ein zweites Kind, ein Haus und das nicht weil wir verdrängen, ganz und gar nicht. Wir sprechen darüber, weil wir jetzt mehr Lust auf einander haben wie je zuvor.
Wenn ich andere Paare höre und sehe haben die keine anderen Probleme als wir. Sie gehen nur anders damit um, aber das bedeutet nicht das sie weniger verletzt sind, als ich es war. Ich habe nur in meinem Leben gelernt, dass ich das nicht will.
Das Leben ist zu kurz um schlecht zu sich zu sein. Stattdessen gehe ich lieber einmal die Woche zu einer netten Dame und lerne wie es uns gut geht. So macht doch das Leben Spaß oder nicht?
Inzwischen haben wir darüber auch gelernt den Blog in unser gemeinsames Leben zu integrieren. Er ist Teil meines Jobs. Ist über ein Hobby hinaus gewachsen. Und über die Art und Weise des Akzeptierens haben wir auch akzeptiert , welcher Mensch ich bin und dazu gehören eben auch Texte, wie: Du warst ein Fehler.
Meine Texte sind zwar persönlich, aber am Ende jeden Textes lässt sich ein positives Ende finden.
Besonders schön finde ich an Deinem Blog, dass Du immer wieder über den
Wandel schreibst, wie Du Dich als Mutter verändert hast. Was ist für Dich ganz konkret anders geworden?
Vieles, aber es endet alles in einer Schnittstelle – ich liebe mich.
Seit ich Mutter bin habe ich das geschafft wonach ich so lange gesucht habe. Warum ich so lange Therapie gemacht habe. Ich habe mich gefunden. Die Liebe zu mir selbst. Die Leidenschaft zum Leben. Die Sehnsucht nach mir.
Ich wache morgens auf und freue mich auf einen neuen Tag. Die Tage rasen und auch das ist sehr beängstigend, aber umso schöner ist es, das ich mit mir und meinem Leben im Reinen bin. Es ist nicht perfekt. Es ist viel Arbeit bis es auch nur annähernd so wäre. Wir haben viele Sorgen, zu wenig Geld, zu viele Dinge die wir bräuchten, aber ich habe angefangen Menschen mein letztes Geld zu geben. Ihnen Dinge zu kaufen.
Menschen anzusprechen die aussehen, als bräuchten Sie Hilfe und das alles was ich inzwischen über mich hinaus schaue. In meiner Welt gibt es nicht nur mich. Es gibt uns und das ist auch verdammt gut so. Das macht richtig Spaß.
Die meisten Menschen haben immer Angst zu kurz zu kommen. Nicht das größte Stück des Kuchens abzukommen, beziehungsweise das ein anderer ein größeres Stück bekommt, darum geht es wohl eher, doch am Ende eines Tages sind wir alle kleine bedürftige Würmchen, die sich nach Liebe sehnen und ich habe angefangen diese anzunehmen.
So kann ich welche abgeben und das ist schön. Ich kann in den Spiegel schauen und sehe ein bisschen Speck, der mir eine Geschichte erzählt. Ich kleide meinen Körper ein. Verstecke ihn aber nicht, sondern bin wie ich bin und dabei ganz ich selbst.
Das bin ich.
Und meine Lieblingsfrage: Wie entspannst Du? (Mit Mann? Mit Sohn? Eher alleine?)
Das ist wohl noch mein größtes Problem: Ich schalte nicht mehr ab. Ich müsste es viel öfter tun. Ich war in diesem Jahr schon so oft krank, was ich sonst nie bin. Ich verlieren Haare auf dem Kopf und keiner weiß warum, all das spricht dafür, dass ich viel mehr auf mich achten sollte und endlich lernen muss zu ruhen.
Vielleicht hat einer deiner Leser einen Tipp für mich? Das wäre so schön.
Nun war es das von mir liebe Betti. Danke, dass du mich eingeladen hast und bis ganz bald wieder.
In Liebe Deine Alina
Vielen lieben Dank für das Interview, Alina.
Ihr habt auch ein Kind, dem ihr Toleranz beibringt und wollt darüber reden? Schreibt mir eine Mail an fruehesvogerl@gmail.com.