Kultur mit Kind

Prenzlauer-Berg-Erotik

Shades of Grey habe ich nie gelesen. Feuchtgebiete fand ich ganz okay. Aber die Bücher vom Anais-Verlag mag ich oft richtig gerne. Vor allem Anna Blumbach hat es mir angetan. Nun hat sie ihr drittes Buch geschrieben. „Im Morgenlicht“ erzählt wieder von ihrer Protagonistin Eva. Nach Hartz IV-Darsein und Durchstarten als Architektin mit einem autarken Haus soll sie sich nun entscheiden mit Affäre Tom eine Wohnung im Prenzlauer Berg zu beziehen.

Stellenweise wirkt Eva etwas arg kaputt, wie sie wie gehetzt durch die Kastanienallee läuft und die von Tom geschenkten Stilettos zuerst verteufelt und dann doch einsetzt. Das Einlassen auf die nächtlichen Eskapaden einer getriebenen 42-Jährigen, die am Wochenende durch ihren Prenzlauer Berg streift, lohnt sich aber. Anna Blumbach schafft es ein Lebensgefühl zu transportieren, wie es sicher häufig vorkommt. Alleinerziehend und sich dennoch über eine Patchworkfamilie Gedanken machen, karriereambitioniert sein und trotzdem nahe an die Grenzen des Existenzminimums zu kommen, im schicken Kostüm für alte Grundsätze eintreten und dazwischen die nächtliche Welt, in der vieles einfacher scheint.
Warum die Protagonistin so eine Liebe zum Kaffee Burger pflegt, bleibt für mich unverständlich, ebenso warum die Autorin immer so viele … setzt. Interessanter finde ich aber, wie sich Muttersein und Erotikbücher schreiben verträgt, dazu habe ich sie befragt, mehr dazu in ein paar Tagen.
Es ist: Schön gewesen mit „Im Morgenlicht“ durch ein nächtliches Prenzlauer Berg zu gehen, das am Tag so gar nicht zu sehen ist.
Es dauert: Wie bereits bei den vorherigen Büchern lassen sich die Kapitel immer wieder gut auch einzeln lesen. Hervorragend geeignet für längere Pausen.
Es hat mich fasziniert: Immer wieder, wie Anna Blumbach ins Triviale wunderbare Gedanken einspinnt.
Empfehlung: Für alle die, die Berlin mögen und erotische Ausschmückungen vertragen. Und ja manche Formulierung kann „man“ gut verzeihen.

2009 habe ich Anna Blumbach getroffen, aufgenommen haben wir es auch.

Kaffeehauskultur, Kultur mit Kind, Schöne Dinge

Bleibt alles anders

In meiner alten Heimat Friedrichshain gibt es einen neuen Streetfood-Market. Sonntagnachmittag mit dem Kind vor dem Bauch zwischen den einzelnen Food Trucks durch flanieren, gut essen und dabei ein paar schöne Menschen anschauen: Das klingt gut.

Vor den Hallen ist noch ein bisschen Sommer spürbar. Alles ist bunt, fröhlich, relativ unaufdringlich und es mutet sehr international an. Die zwei Hallen sind voll. Voll mit Menschen, aber auch mit Trucks voller vielfältigem Essen. Fische, die vor Ort geräuchert werden, veganes Essen mit klingenden Namen wie „Glücksteller“, Schweizer Raclette und auch das österreichische Lokal aus dem Kiez ist vertreten. Auf den ersten Blick scheint es ganz günstig, bis ich – ich kann hier wirklich nur für mich sprechen – merke, dass mich mein gutes 5-Euro-Grillgericht nur eine viertel Stunde satt macht. 
Fast genau so international wie das Essen ist auch das Publikum. Und es bewahrheitet sich – wie schon beim Feiern an einem Samstagabend -dass man gewisse Orte an manchen Tagen meiden sollte.
Dass das hippe und moderne Berlin hier ein bisschen mieft, merkt man spätestens beim Flohmarkt vor dem Streetfood-Market. Die Sachen, die dort verkauft werden, kaufen vor allem die, die nicht bleiben wollen. Und manch Angebot vor dem RAW Gelände ist nicht unbedingt familientauglich.
Es ist: Kulinarisch sicher interessant.
Es dauert: Zu lange für ein Baby in der Trage. Der trostlose Raum, wo schon einige Kinder rumsitzen, macht es nicht unbedingt besser.
Es hat mich fasziniert: Dass sich in Friedrichshain einiges wenig verändert, und manche Orte wirken wie 2005 in trashig.
Empfehlung: Auf jeden Fall, um denjenigen zu zeigen, von denen es schon ganz viele gibt, den Touristen, von denen jeder ja auch irgendwann Besuch kriegt.

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Kultur mit Kind, Schöne Dinge

Fabelhaftes Festhalten

Diese wunderschönen Heftchen sind Baby-Tagebücher. Hier kommen alle Erlebnisse, Alltäglichkeiten, neue Freundschaften und ersten Male vom Baby hinein. Wochen später freue ich mich immer unglaublich drüber, das noch mal zu lesen. 
Habt Ihr Erfahrungen mit solchen Büchern, was darf da auf keinen Fall fehlen? Was habt Ihr Wichtiges über Eure eigenen Kindern festgehalten? Und was interessiert Euch auch 20 Jahre später noch aus Euren eigenen Büchern?

Die Bücher gibt es in dem zauberhaften Laden Zweite Liebe. Dort lässt sich in Windeseile ein Vermögen gut anlegen. 

Kultur mit Kind, Schöne Dinge

Anstrengend anregend

Der erste Post sollte von etwas leicht Verdaulichem handeln. Einem Buch, mit dem „man“ in kurzer Zeit schnell in andere Welten segeln konnte. Dieser „man“ der nicht leicht gesegelt ist war ich. Mit dem Lesen von „Die stille Frau“wollte ich an einer meiner Lieblings-Leichte-Kosten anknüpfen: Frauen-Klischee-Krimi mit Psychosprengeln und überraschendem Ende.

Dass das Ende nicht überraschend wird, wird schnell klar.
Es geht um Jodi, die stille Frau, und Tedd, den Mann, der ein bisschen zu laut ist.
Er kann nicht aufhören fremdzugehen, und sie kann zum einen nicht aufhören zu verzeihen, und zum anderen sich damit zu analysieren. Diese Analyse führt sie zum Umkehrschluss, dass Todd sterben muss.
Bereit der Klappentext verrät das. Über nahezu 400 Seiten wird erläutert warum. Und auch ein bisschen wie.

Es ist: Nicht ganz so mühsam, wie es klingt.
Es dauert: Relativ lange sich in die Geschichte reinzufuchsen. Fesselnd ist es. Nicht.
Es hat mich fasziniert: Dennoch. Weil die Personenbeschreibungen wahnsinnig durchdacht sind, und die Geschichte sehr stringent erzählt wird. Der Exkurs über die Psychoanalyse zeigt, dass nichts dem Zufall überlassen wird.
Empfehlung: Kurzgeschichten dieser Art hätte ich gerne gelesen. Ruhe und Routine muss „man“ bei dieser Lektüre gut aushalten können. Sonst segelt das Buch vor dem Leser.

Link zum Buch.