Kultur mit Kind, Nachgefragt

„Ich bekenne, das ich immer noch nicht die Brote in Herzform schnitze, sondern lediglich das klassische Schulbrot bevorzuge“. / Kultur mit Kind Interview über Fach-Pflegefamilien, Elternblogs und das Leben auf dem Bauernhof

Im Kultur mit Kind – Interview erzählt mir diese Woche Thomas, warum er kein Papablogger mehr sein will, was er seinen Kindern kulturell mitgeben möchte und wieso er Köln verlassen hat, um in eine ländlicher Region zu ziehen. 

Du bist Vater einer Tochter, und von zwei Pflegekindern, wohnst auf einem Bauernhof. Beschreib doch mal Deinen Alltag dort. 

Meine Name ist Thomas, ich bin 48 Jahre alt und wohne mit meiner Familie auf einem alten, kleinen Bauernhof – mitten im Nationalpark Eifel. Nach 45 Jahren Köln hatte ich keine Lust mehr auf die überfüllte und stinkende Stadt.

Außerdem wollte ich meiner Tochter ermöglichen so frei wie möglich aufzuwachsen. Und das können Kinder hier prima. Genau 20 Meter gehen und wir stehen mitten im Nationalpark. Wir haben fünf Hühner (mein persönlicher Protest gegen die industrielle Hühnerhaltung), drei Katzen, vier Kanninchen, zwei große Hunde (Hund fängt für mich ab Kniehöhe an) und ein deutsches Reitpony, das gerade ausgebildet wird. Von Beruf bin ich staatlich anerkannter Erzieher (mit jeder Menge Weiterbildungen zum Thema traumatisierte Kinder), verheiratet und habe eine leibliche Tochter (fast 8). Zusammen mit meiner Frau „leiten“ wir eine FACH-Pflegefamilie mit zwei traumatisierten Kindern.

Mein Alltag:
Eigentlich fängt mein Tag absolut spießig an. Ich stehe um 05:45 Uhr auf und bete mich in den Tag. Gegen 06:00 lasse ich die Hühner raus, schnappe mir die Hunde und gehe ca. 20 Minuten spazieren. Danach gönne ich mir zwei Becher Kaffee, rauche die ein oder andere Zigarette und lese auf meinem iPad „Die Welt“.

Ich brauche diese Zeit morgens für mich alleine um in den Tag zu kommen. Ich bin nämlich der absolute Morgenmuffel. Um 07:00 wecken meine Frau und ich die Kinder. Das heißt, meine Frau macht die beiden Pflegekinder (16 Monate und 5 Jahre) fertig und ich wecke unsere Tochter.

Während sich meine Lieblingszicke fertig macht, mache ich das Frühstück und mache die Schul- bzw. KiTa-Brote fertig. Ich bekenne, das ich immer noch nicht die Brote in Herzform schnitze, sondern lediglich das klassische Schulbrot bevorzuge.

Während sich meine Frau dann fertig macht, frühstücke ich mit den Kindern. Meine Frau fährt dann die Tochter und den Pflegesohn in die Schule und in die Kita. In der Zeit füttere ich die Hunde und gehe mit dem Kleinen die Hühner füttern. Dann steht eigentlich so das übliche an: Einkauf, Haushalt, Berichte schreiben, Buchführung machen.

Ab 11:30 beginne ich mit dem Kochen während meine Frau wieder die beiden Kinder einsammelt. Dann Mittagessen, Hausaufgaben, Mittagsschlaf bei den beiden Pflegekindern und dann ist es auch schon 15:30 Uhr. Dann gehen wir eine große Runde mit den Hunden spazieren, sind im Stall beim Pferd und toben uns müde. Gegen 19:00 Uhr gibt es Abendbrot. Danach gehen die beiden Jungs ins Bett und unsere Tochter hat noch exklusive Mama-Papa-Zeit. Um 20:30 ist dann auch für unsere Tochter Schicht und wir haben auch langsam Feierabend. Es sei denn, es müssen noch dringende Berichte an die Jugendämter raus.

Auf Twitter hast Du mir erzählt, dass Du gerne malst und musizierst. Wie lässt sich das mit drei Kindern bewerkstelligen? 

Natur. 

Zum Thema malen muss ich vorwegschicken, dass es mehr und mehr von der Fotografie zurück gedrängt wird. Diese Leidenschaft teile ich mit meiner Tochter. Da bin ich auch schweinestolz auf sie. Was sie schon einen Blick für das Bild hat und umsetzt ist wirklich der Hammer. Eventuell werde ich mal ein paar Bilder von ihr in meinen Blog hauen. Was das Thema Musik angeht: Ich spiele Keyboard. Und Gott sei Dank interessiert sich meine Tochter auch dafür. So kann ich auch dies mit meiner Tochter super unter einen Hut bringen.

Leider ist unser älteres Pflegekind so stark traumatisiert, dass sein Gehirn immer noch „nur“ die Funktion des Überlebens übernimmt. Aber der Kleine haut mit Begeisterung mit beiden Händen auf die Tasten und lacht sich schlapp. Meine Frau hält mir für diese Zeit super den Rücken frei. Ein fettes Danke und einen ebensolchen Kuss an dieser Stelle für meine tolle Frau.

Was möchtest Du Deinen Kindern mitgeben?

Luna – deutsches Reitpony

Kulturell möchte ich nicht nur meinen Kindern Folgendes mitgeben: Sag nicht von vornherein NEIN. Sei neugierig, bleib neugierig. Sei stets dem Neuen aufgeschlossen. Gefällt mir nicht kann man dann immer noch sagen. Aber lasst Euch einfach auf Kulturelles ein. Und ganz wichtig: SCHOCK DEINE ELTERN – LIES EIN BUCH 😉

Und ganz wichtig ist mir auch, dass meine Kinder Folgendes mitnehmen: Wir sind alles Menschen. Egal, welche Hautfarben wir haben und an welchen Gott wir glauben. Meine Familie und ich können froh sein in diesem Land zu leben. Und das ist nichts, worauf man sich etwas einbilden kann oder gar stolz drauf sein kann. Es war das pure Glück, dass ich und meine Kinder hier geboren wurden. Und Rassisten sind Arschlöcher, egal in welchem Land.

Ich schaue auch jeden Abend mit meiner Tochter Logo. Die Nachrichtensendung für Kinder auf KiKa. Finde ich persönlich sehr wichtig.

Welche Ausflüge für Familien kannst Du in Deiner Gegend empfehlen?

Ausflugsziel: Schalkenmehrener Maar. 

In meiner Gegend kann ich empfehlen: Jegliche Anlaufstellen im Nationalpark Eifel, den Rursee, den wilden Kermeter, das Freiwildgehege Hellenthal und natürlich unseren kleinen Hof. Nach Anruf ist jeder herzlich willkommen.

Du warst als Papablogger unterwegs, hast pausiert, bist wieder gekommen und nun bist Du wieder weg. Was hat Dich gestört am Bloggen? 

Nein, nein, nein. Ich bin da wie lange nicht mehr *grinst beim tippen* Allerdings zähle ich mich jetzt zu den Free-Bloggern. Back to the Roots. Zurück zu den Idealen von 2004 🙂 Das bedeutet, ich unterwerfe mich keinem Thema mehr, sondern blogge nur noch über das was mich wirklich begeistert und nicht mehr über die Themen, die von mir erwartet werden. Da wird eine ganze Menge passieren, auch an Überraschungen.

Aber warum ich als Papablogger aufgehört habe hat zwei Gründe:

1. Ich war leer und ausgebrannt. Nicht durch meine Arbeit, nein durch meinen Blog. Als PapaWahnsinn bloggte ich über meine Erfahrung als Fach-Pflegevater. Ich schrieb Artikel wie man einen guten Träger findet, wie man sich selber prüfen kann, ob man überhaupt geeignet ist als Pflegefamilie und so weiter.

Ich erhielt viel Feedback in Form von Kommentaren, viel Fragen per Mail und auch per Telefon/Skype beantwortete ich Fragen.

Aber das Ganze wuchs mir dann über den Kopf. Vor allem als andere Pflegefamilien mich um Hilfe baten. Es ging um Ärger mit dem Träger, Konflikte mit dem Jugendamt und um pädagogische Fragen zu deren Pflegekindern. Am Tag gingen zum Schluss um die 4 Stunden an „Support“ drauf.

Einerseits machte es mich stolz, andererseits merkte ich, wie meine Kraft von Tag zu Tag schwand. Denn ich hatte ja auch noch meinen Job als „Leiter“ meiner Fachpflegefamilie.

Oft saß ich bis Nachts um 02:00 Uhr noch am Mac und um 05:45 ging der Wecker.

Irgendwann konnte ich einfach nicht mehr. Immer neue, hochwertige Artikel, die ja auch helfen sollten. Dazu die Pflege der üblichen Social Media Plattformen.

2. Ich hatte die Szene der Mama-Papa-Blogger gründlich satt. Du merktest den meisten Blogs an, dass es nur noch um Monetarisierung ging. Dazu kamen diese honigsüßen Blogs immer stärker auf. Und man hatte sich nur noch lieb und alle sind die süßesten und besten Blogger und man war ja sooo dankbar, dass man sich kennengelernt hat. Ganz ehrlich: Ich war sauer, nein wütend, auf diese neue Bloggergeneration. In meinen Augen haben sie die Ideale der Blogger im wahrsten Sinne des Wortes verkauft. Und als dann auch noch meine absolute Lieblingsbloggerin auf diesen Zug aufsprang war das Thema endgültig für mich gestorben.

Auch wenn es arrogant klingt: Ich wollte zu dieser Szene nicht mehr gehören. Gemäß dem Song der Onkelz: Ihr hättet es wissen müssen!

Und meine Lieblingsfrage: Wie entspannst Du? 

Beim Thema Entspannung bin ich ein absolut egoistisches Arschloch. So sehr ich die Zweisamkeit mit meiner Frau genieße, aber richtig abschalten und entspannen kann ich nur mit Musik. Dann heißt es bei mir den Sennheiser auf, die Böhsen Onkelz rein und fast bis zur Schmerzgrenze aufdrehen.

Dankeschön für das Interview. 

Die Bilder wurden freundlicherweise von Thomas zur Verfügung gestellt.

Und hier geht es zu Thomas‘ Blog.

Ihr habt auch ein Kind, interessiert Euch für Kultur und möchtet darüber reden? Schreibt mir eine Mail an fruehesvogerl@gmail.com. 

Eine Übersicht über alle bisher geführten Interviews findet Ihr hier.

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