An Yoga komme ich irgendwie nicht ran. Da es im Geburtstagsmonat August um „andere Blickwinkel“ geben soll, erzählt nun meine Freundin Julia vom zauberhaften Blog Fräulein Julia von ihrer Leidenschaft.
„Würdest du einen Text darüber schreiben, was dich an Yoga so fasziniert?“ fragte mich Bettie als Vorbereitung auf ihren Blog-Geburtstag. Natürlich kann ich das. Dazu muss ich allerdings etwas weiter ausholen.
“Ooooooom” singe ich aus vollem Herzen, immer wieder, bis der ganze Atem aus meiner Lunge entwichen ist und mein Körper angenehm vibriert. Mit geübten Händen bespielt die Yoga-Lehrerin das Harmonium, diese eigentümliche Mischung aus Miniklavier und Akkordeon, und erfüllt den ganzen Raum mit sphärischen Tönen. Ich scheine nur noch aus Klang zu bestehen und habe eine dicke Gänsehaut. Doch so spirituell war und ist es nicht immer. Alles fing ganz anders an.
Es ist über zehn Jahre her, dass ich mich zum ersten Mal näher mit dem Wort „Yoga“ auseinandersetzte. Natürlich, in meiner Kindheit in den 80ern redete man auch schon davon, doch hafteten dem Begriff Assoziationen wie Hippies, Sekte, Räucherstäbchen und Guru an – nicht gerade einladend. Yoga, das machen bestimmt nur die Hare Krishna Jünger, die im Sommer mit Tüchern bekleidet singend und trommelnd durch die Kölner Innenstadt ziehen, dachte ich viele Jahre lang.
Bis ich mich am Anfang meines Studiums für einen VHS-Kurs im Hatha Yoga – der Grundvariante – anmeldete, um etwas gegen meine Rückenschmerzen zu tun. Und mich schon in der ersten Stunde in diese Art und Weise, seinen Körper zu strecken und zu dehnen verliebte. Bei Kerzenschein (und mit Blick auf den Rhein) mit den anderen Teilnehmern gemeinsam das „OM“ zu singen, hatte, nach anfänglicher Scheu, etwas Erhabenes und Spirituelles.
Eine Dekade später bin ich immer noch dabei, noch mit viel mehr Engagement und Herzblut. In etlichen Yogastudios in Köln und nach meinem Umzug in Berlin hatte ich meine Matte ausgerollt, doch mal war es mir zu schweißtreibend, mal zu „esoterisch“, bis ich letztendlich meinen Platz in einem Studio in Prenzlauer Berg fand.
Hier lernte ich, dass Yoga ein ziemlich weit gefasster Begriff ist, der einen ganzen Lebensstil umfasst – und die Körperübungen, die „Asanas“ nur ein kleiner Teil davon sind. Wer Yoga ganzheitlich praktizieren will, tut dies an jedem Tag, in jeder Minute und jeder Sekunde. Es geht um Wahrhaftigkeit sich selbst gegenüber, um Bescheidenheit und darum, den ständig plappernden Gedankenstrom im Kopf für eine Weile zu stoppen: „Yoga ist das Zur-Ruhe-Bringen der Gedanken im Geist“ heißt es bei Patanjali, der vermutlich im 2. Jahrhundert n.Chr. Das „Yogasutra“ verfasste, auf dem die Lehre des Yoga zu großen Teilen fußt – auch in der westlichen Variante.
Ziemlich sicher ist genau das ein besonders wichtiger Aspekt, warum ich mich mehrmals die Woche in den „Herabschauenden Hund“ strecke: In einer anderthalbstündigen Unterrichtsstunde bringen mich die Asanas und die Atemübungen – „Pranayama“ – zur Ruhe und mein Kopf gönnt mir eine kleine Pause vom hektischen Alltag. Ich kann die erstaunlich große Kraft in meinen Armen spüren, wenn ich mich aus der Hocke nach vorne lehne und plötzlich – getragen allein von meinen Händen – in der “Krähe” ankomme. Ich kann dankbar dafür sein, dass es meinem Körper gut geht und es auch sonst, seien wir ehrlich, ziemlich rund läuft im Leben.
Ich bin selbst immer wieder erstaunt, aber danach fühle ich mich wirklich: wie neugeboren. Und ja, die Rückenschmerzen sind auch verschwunden!