Mit Bauchgefühl reden. |
Kurz bevor mein Sohn geboren wurde, traf ich eine Menge Frauen. Frauen, die auch schon mal ein Kind zur Welt gebracht hatten. Frauen, die dabei Erfahrungen gemacht hatten, die nicht so schön waren. Geburten, die drei Tage lang dauerten. Mädels, deren Männer bei der Geburt dabei waren, und die hinterher nie wieder Lust auf Sex hatten. Zumindest nicht mehr mit der Mutter des Kindes.
Ich unterhielt mich mit einem Mädchen, deren Sohn von einem Arzt herausgepresst wurde. Eine sehr entfernte Bekannte berichtete mir von einer sehr langsamen Wundheilung und auch sonst gab es einige Gruselgeschichten. All diese Dinge erzählten mir Menschen, die ich kaum kannte. Nachgefragt hatte ich nie.
Ich höre wirklich gerne Geschichten: Nur keine unvermittelten Gruselanekdoten |
Versteht mich nicht falsch. Kein Mensch muss Berichte schönen. Ich lese gerne von Erfahrungen anderer. Ich fühle mich geschmeichelt, wenn mich eine Freundin ins Vertrauen zieht und auch sonst finde ich Erfahrungsaustausch oft gut.
Aber warum man mir Menschen geballt ihre schlechten Erfahrungen erzählt haben, das war mir nicht klar. Wenige der Leute kannte ich wirklich gut. Und, was außer Angst machen, sollte das Ziel dieser Geschichten sein? Zwei Tage vor dem Entbindungstermin weiß man schon, dass eine Geburt manchmal dauern kann, wie „unfassbar schrecklich“ das für die Freundin der Freundin war, muss man nicht zwingend auch noch wissen.
Dass ihr zweites Kind monatelang nur geschrien hat, und sie kurz vor dem Rande des Nervenzusammenbruchs war, erzählt mir die Tage eine Frau, die ich nur selten sehe. Dass die Große furchtbar traurig war, dass sie die Mutter nun teilen musste: Das berichtet mir jemand, den ich lange nicht getroffen habe. Das tut mir leid, und natürlich kommt Eifersucht vor. Und dem lässt sich nur bedingt vorbeugen: Das verstehe ich schon. Und auch schwierige Geburten sind natürlich eine Tatsache, aber warum man jemanden komprimiert Warnungen geben muss, verstehe ich nicht. Nach so einem Gespräch fühlt sich doch, so vermute ich, keiner besser.
Lieber mag ich die Gespräche, die sich auf das Positive konzentrieren. Wie zum Beispiel Susanne Mierau, die berichtet, wie sie – nach abgebrochener Hausgeburt – geborgen im Krankenhaus entbindet und damit sicher vielen Mut macht. Und ich mag Menschen, die merken, dass gruseln niemanden hilft.