Am Anfang stand der Hund – treffender könnte man unser Familienleben wahrscheinlich nicht beschreiben, aber fangen wir vorne an.
Unsere kleine Familie besteht aus vier Kindern im Alter zwischen 6 und 2 Jahren, einem Hundeflüsterer namens Papa und mir, der Neffa. Als mein Mann und ich vor gut 10 Jahren feststellten, dass wir als Ehepaar viel besser geeignet wären als als gute Freunde, hatten wir noch nicht die geringste Ahnung was da auf uns zukommen würde.
Nach wenigen Wochen Beziehung zog mein Mann schon bei mir ein (wir kannten uns auch schließlich schon 15 Jahre) und brachte SIE mit ins Haus: Hedwig. Hedwig war laut Ahnentafel ein reinrassiger Bobtail mit internationalen Dogshow-Siegen, laut eigener Selbsteinschätzung ein riesiges Schmusetier, in das ich mich fast so sehr verliebte, wie in meinen Ehemann. Hedwig sollte der Beginn unserer bunten Hundefamilie sein. Es folgten Hedwigs Tochter Lucy und die West Highland White Terrier Dame Mary, mit denen wir uns neben dem ein oder anderen kleinen Erfolg auf Hundeausstellungen auch noch den Traum von der FCI/VDH-zertifizierten Hundezucht erfüllten.
In den letzten Jahren wuchs unsere Familie zugegeben eher zügig um 4 Kinder und die ein oder andere Fellpfote, aus unserem Lebensmodell „junges Paar mit Hund“ wurde „kleine Großfamilie mit pelzigem Anhang“.
Viele schmutzige Füße – mit und ohne Fell
Wie sieht unser Alltag aus? Eine gute Mischung aus turbulent und strukturiert. Bevor morgens die verschlafenen Mini-Zweibeiner aus den Betten krabbeln haben die Hunde ihr erstes Programm schon hinter sich gebracht. Gassi, füttern, bürsten, Pfoten reinigen, danach alle Familienmitglieder, Pfotenanzahl egal, an (oder unter) den Frühstückstisch. Während wir Zweibeiner unserer Vormittagsbeschäftigung im Büro, Schule und Kindergarten nachgehen erholen sich die Hunde erstmal von ihrem stressigen Morgen und warten auf uns, bis wir mittags wieder Zuhause sind und das Programm in die nächste Runde geht. Die Hunde sind immer dabei, trotzdem dreht sich nicht alles um die pelzigen Mitbewohner.
Während die Kinder im Garten spielen, toben die Hunde mit oder liegen in der Sonne. Ausflüge verbinden wir gerne mit ausgedehnten Gassi-Runden und auch im Urlaub sind wir niemals ohne Hund anzutreffen. Die jüngeren Hunde versuchen sich gerne einen Platz auf der Fernsehcouch zu erschleichen – ich bin sicher mindestens zwei von ihnen sind inzwischen Fan von Feuerwehrmann Sam! – und werden von den Kindern auch nicht davon abgehalten. Die älteren Damen des Rudels liegen abends vor den Betten, wenn wir die Gute-Nacht-Geschichten lesen und finden verschwundene Kuscheltiere, ohne die unsere Töchter nicht schlafen könnten.
Chefin des Rudels ist die Westie-Dame Mary, die unlängst festgestellt hat, dass sich Einkaufskörbe unter Kinderwägen viel besser zum Transport von kleinen Hunden eignen als für störende Wickeltaschen und Snackdosen. Unser großer Sohn und unser Quoten-Rüde Kalle haben eine besondere Freundschaft, da stört es den stolzen Rüden auch nicht, wenn er mal im Anhänger des Trampeltrekkers durch den Garten fahren muss.
Die perfekte Familienidylle mit einem kleinen Haken: Dreck und Chaos. Zugegeben, bei uns sieht es eher selten aus wie auf den Hochglanzbildern eines Möbelkataloges. Vier Kleinkinder verteilen nicht nur gute Laune und Lebensfreude, sondern auch Sand und Spielzeug, wobei ihnen die Hunde nur zu gerne zur Hand gehen. Unser Haus und Garten sind ausgelegt auf das wilde Leben von vielen kleinen Füßen und wer uns besuchen kommt wird sofort eingenommen vom quirligen Getrappel und Getobe einer vielleicht etwas verrückten Familie. Im Normalfall halte ich den Haushalt auf einem guten Stand, allerdings habe ich manchmal die Vermutung, dass jemand irgendwo eine Box mit Schmutz und Laub versteckt hält, die vorzugsweise auf dem frisch gewischten Boden verteilt wird – hin und wieder finde ich sogar Pflanzenreste von längst ausgestorbenen Büschen oder Farnen.
Ja, wir haben viel Arbeit und ja, manchmal ist es stressig, warum machen wir das also?
Feuchte Küsse und grenzenloses Vertrauen
Was uns am Zusammenleben mit unseren vierbeinigen Familienmitgliedern besonders am Herzen liegt ist das grenzenlose Vertrauen und der Zusammenhalt zwischen Mensch und Tier. Jeder hat seinen Platz, seine Rechte und Pflichten und gerade im Umgang mit den Tieren sind die Kinder besonders einfühlsam und konsequent. Natürlich wird einer kleinen Dorie nach Einsatz ihres perfektionierten Hundeblickes gerne mal ein Leckerchen extra zugesteckt, die Kinder haben aber früh gelernt, dass die Hunde keine Schokolade oder Essensreste vom Tisch kredenzt werden dürfen; sie wissen dass dies schädlich ist und bei aller Vermenschlichung, die im Spiel gerne mal zu Tage kommt, auf keinen Fall passieren darf. Gegessen wird bei uns nach Rangordnung – erst der Mensch, dann die Tiere, Bettelversuche können wir nicht verhindern, werden aber von allen ignoriert – auch wenn es schwer fällt. Alle Vierbeiner stehen stramm, wenn selbst der kleinste Hundeflüsterer „Schluss“ ruft um das Gebell in Richtung Nachbarskatze zu unterbinden.
Doch bei aller Konsequenz und strikten Regelung kommt die Liebe nicht zu kurz. Von allen Familienmitgliedern kann ich behaupten – wir lieben unsere Hunde. Es ist einfach schön zu sehen, wie unser Großer seine Leseübungen mit hündischen Zuhörern absolviert und ganz stolz ist, dass diese nicht einfach weggehen, ganz im Gegensatz zu seinen Geschwistern. Mit Hilfe unserer Hedwig haben drei unserer Kinder laufen gelernt und jedes Kind hat sich schon quietschend auf dem Boden gewälzt, weil es nasse Küsse oder wilde Stupser mit feuchten schwarzen Nasen regnete. Kurz gefasst, die Hunde gehören einfach zu uns.
Mit dem Vierbeiner ins perfekte Familienidyll (?)
„Kinder die mit Hunden aufwachsen sind verantwortungsbewusst und emphatisch“. Ist da etwas Wahres dran? Ich habe keine Ahnung. Wären meine Kinder anders als sie es jetzt sind, wenn wir keine Hunde hätten? Ich weiß es nicht, wir kennen den Zustand „ohne Hund“ einfach nicht und könnten es uns auch nicht vorstellen. Aus unserer Erfahrung kann ich sagen, dass unser Ältester tatsächlich eine besondere Verbindung zu den Hunden hat, er ist besonders mitfühlend und sensibel und hat ein Auge und ein Herz für die Bedürfnisse von Mensch und Tier.
Als er drei Jahre alt war verbrachten wir unseren Urlaub an der Nordsee – natürlich mit Rudel im Schlepptau. Am Strand beobachtete er eine Möwe, die auf Futtersuche war. Er schlich sich langsam näher ran, hielt respektvoll Abstand und war ganz fasziniert von dem riesigen Vogel. Nach einigen Minuten kamen ältere Kinder, die mit Steinen nach dem Vogel warfen und ihn im Anschluss laut brüllend und stampfend vertrieben. Mein Sohn war kurz erschrocken, stapfte aber dann zornesrot auf die anderen Kinder zu und schimpfte wie ein Rohrspatz. Er konnte nicht verstehen, wie jemand gemein zu einem Tier sein konnte – der Tag war für uns an der Stelle leider gelaufen, da mein Sohn sich kaum beruhigen konnte und immer wieder nachfragte, warum Menschen so etwas machen.
Noch heute, mit 6 Jahren, sind Tiere sein Ein und Alles. Beim Strandurlaub in Dänemark verbrachte er einen ganzen Tag auf der Suche nach angespülten Seesternen, die er wieder ins Meer brachte, Zuhause bemerkt er als erster, wenn es jemandem (egal ob mit oder ohne Fell) nicht gut geht. Ob das eine Auswirkung des Zusammenlebens mit den Tieren ist? Vielleicht, vielleicht ist es aber einfach sein angeborenes Naturell.
Als Züchter bekommen wir häufig Besuch von jungen Familien, die auf der Suche nach „dem Familienhund“ sind. Es scheint, als gehöre zu einer guten Familie neben zwei Kindern und einem Eigenheim „der Hund“. Leider ist es oftmals der Fall, dass in das Leben vieler Familien gar kein Haustier passt – niemand BRAUCHT einen Hund um glücklich zu sein. Wir zählen zu unserer Aufgabe als Züchter auch die Information und Aufklärung über das Leben mit Hund, das neben den vielen idyllischen Klischees auch Verantwortung für ein weiteres fühlendes Lebewesen in der Familie und einige Einschränkungen beinhaltet. Ein Hund macht Arbeit, er ist immer da, er wird nie erwachsen und kann sich sein Brot selbst schmieren – ein Hund ist wie ein Baby, das niemals groß wird und immer und überall von seiner Familie abhängig bleibt.
Der Familienhund ist sowohl das stärkste, als auch das schwächste Glied der Kette und sollte „aufgenommen“ und nicht „gekauft“ werden. Für jede Familie gibt es den passenden Hund – egal ob aus dem Tierheim, vom Züchter oder aus der Rettung. Oder eben keinen, denn auch der Verzicht auf ein Haustier, weil man ihm nicht gerecht werden könnte, ist ein Zeichen von Liebe zum Haustier.
Die zauberhafte Neffa schreibt für einerschreitimmer.com – den Mamablog mit Zwillingen. Hier hat sie einen Gastbeitrag für die Familienrollen geschrieben: Ich danke Ihr von Herzen für die Einblicke.
Wie ist das bei Euch mit Tieren und Kindern? Bei uns ist das super, wenn es auch nicht so viele sind: Wir haben den Schurkenbeardie.