Beikost, Brei und Baby Led Weaning: Jana von Hebammenblog beantwortet die Elternfragen zum Thema Beikost. Woran merke ich, dass mein Baby bereit ist zum Essen, wie ist das mit den Süßigkeiten beim zweiten Kind und kann man eigentlich Geschwister bei der Fütterung gut miteinbeziehen? Antworten gibt es im Interview.
Sechs Monate stillen und dann langsam mit Brei starten: Das Modell erscheint mir etwas überholt und von weniger Leuten genau so praktiziert. Warum findet das Modell Baby Led Weaning immer mehr Anhänger?
Sechs Monate voll Stillen und dann jede Woche ein neues Nahrungsmittel einführen: So wurde das ca zwei Jahrzehnte lang propagiert. Hier in Berlin haben in den 80er, 90er Jahren sicher fast alle Eltern die Pastinake als erstes Lebensmittel für’s Baby kennen gelernt – dicht gefolgt von Kartoffeln, Fenchel und Mohrrübe.
In dieser Strenge ist das ein absolut überholtes Model. Das kommt vor allem auch daher, dass man inzwischen ein viel besseres Verständnis von der Entstehung von Allergien hat.
Dachte man damals noch, ein Kind von bestimmten Lebensmitteln so lange wie möglich fernzuhalten, wäre das Beste, so weiß man heute, dass quasi das Gegenteil der Fall ist. Mit bestimmten Lebensmitteln wie Fisch, Eiern und Weizen, sollen Kinder nun früh Kontakt kommen. Noch bevor das kindliche Immunsystem so ausgereift ist, dass es diese wohlmöglich als fremd identifiziert.
Ab wann allerdings ein Baby alternative Nahrung zu sich nehmen möchte, das entscheidet jedes Einzelne selbst. Manche Babys mögen und können schon mit vier Monaten ein Brötchen im Mund zerknautschen (sie saugen eher daran, als es wirklich zu essen), manche brauchen 10 Monate um die Nahrung im Mund zu behalten. Denn zuerst sorgt ein kindlicher Reflex dafür, dass Festes von der Zunge sofort wieder aus dem Mund befördert wird. Und dann wird der neue Geschmack auch erst erlernt.
Außerdem kann man dieses erste Probieren nicht wirklich Essen nennen. Es ist ein Spiel. Für eine lange Zeit ist die Stillmahlzeit danach, weiterhin die richtige Mahlzeit.
BLW bedeutet, dass das Kind selbst entscheidet, was es essen möchte. Man gibt ihm handliche Portionen verschiedener Nahrungsmittel in Reinform. Es bekommt also am Anfang eine Mischung zwischen Rohkost und gedünstetem Essen. Nach und nach bekommt es dasselbe, was in der Familie gegessen wird. Nur eben ungesalzen und wenig gewürzt. Auch nimmt es die Lebensmittel selbst in die Hand. Es wird also nicht, wie vormals beim Brei, gefüttert.
Wichtig ist noch, dass solange das Baby nicht selbst sitzen kann, es aufrecht gehalten wird. Und natürlich sollten die Babys nie mit dem Essen alleine gelassen werden. Manche Babys verschlucken sich doch Anfangs noch manchmal.
Baby Led Weaning oder Brei: Niemand muss sich wirklich entscheiden. Wie können Eltern das Beste aus beiden Formen ziehen?
Ich finde auch, dass man das alles nicht so streng nehmen sollte. Die Form muss auch zur Familie und zu den Bedürfnissen aller Familienmitglieder passen. Es ist absolut in Ordnung eine Mischform zu betreiben. Vielleicht wird bei der gemeinsamen Familienmahlzeit, mit Zeit und Ruhe BLW praktiziert. Und ist ein Elternteil alleine mit dem Baby oder in Zeitnot oder unterwegs, dann gibt es eben mal einen Brei.
Es gibt auch durchaus Kinder die die eine oder andere Form nicht mögen. Solange noch gestillt wird, muss man sich eh im ersten Jahr nicht allzu große Sorgen machen, ob das Kind mit allem bedacht wird, was es braucht. Denn es wird ja immer noch über die Muttermilch mit vielen guten Stoffen versorgt.
Woran merke ich, dass das Baby wirklich schon bereit zum essen ist?
Die Babys beginnen einem die Bissen in den Mund zu schauen. Der Zungenreflex (das raus-Schieben der Nahrung) lässt nach. Bei den meisten Kindern ist das zwischen 5 und 7 Monaten der Fall.
„Oh Baby, es gibt Brei/Baby Led weaning“. Wie kann man größere Geschwister in die Fütterung miteinbeziehen, so dass beide Spaß daran haben?
Bei BWL ist das ja easy. Beide Kinder bekommen einfach gleiches Essen. Dann ist hoffentlich keins eifersüchtig und sie können auch mal tauschen/sich gegenseitig füttern.
Mein Junge wurde die ersten eineinhalb Jahre völlig zuckerfrei erzogen. Mir schwant schon, dass das bei der kleinen Schwester nicht ganz so einfach ist. Wie stehst Du zum zuckerfreien ersten Jahr: Notwendig, oder Kokettiererei?
Tja das kommt darauf an, wie stressig man es möchte. Bzw. vielleicht auch eher wie entspannt man beim zweiten Kind ist. Natürlich ist es super, das Baby nicht zu früh an Zucker zu gewöhnen. Aber ehrlich gesagt, finde ich es relativ illusorisch, das streng durchzuziehen. Das fängt ja schon mit `nem Eis im Sommer an. Soll das große Kind das heimlich essen? Klar, dass man das Baby nicht routinemäßig mit Fruchtsaft und Nutella füttert. Aber wenn es davon mal was erwischt, ist das auch kein Drama. Und andererseits bringt einen das Baby vielleicht dazu, die eigenen Essgewohnheiten und die, die das große Kind inzwischen hat, noch einmal ein wenig in Frage zu stellen.
Ich plädiere hier aber für Entspanntheit. Eine vierköpfige Familie ist schon oft Herausforderung genug.
Vielen lieben Dank für die Antworten, Jana.
Susanne von Geborgen Wachsen hat mir in einem Interview schon mal verraten, wie Baby Led Weaning auch im Kaffeehaus oder Restaurant funktionieren kann.
Immer am Dienstag gibt es hier die Elternfragen: Ihr interessiert Euch für ein bestimmtes Thema und möchtet gerne mehr darüber lesen? Dann schreibt mir eine Mail an fruehesvogerl@gmail.com.