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Kunsttherapie: „Zwar heißt es KUNSTtherapie, doch geht es hier nicht um Kunst.“

Wie hilft die Kunsttherapie bei Selbstliebe, warum kann das positive Körpergefühl für Mütter besonders wichtig sein und wie funktioniert das ohne Esoterik? Kunsttherapeutin Julia gibt in den Elternfragen Antwort.

 

Wenn man mit dem Thema noch nie in Berührung gekommen ist, kann Kunsttherapie medizinisch, wenn nicht sogar esoterisch, klingen. Ich war in einem Deiner Kurse: Es ist nichts davon. Erzähl doch mal: Was genau kann und will Kunsttherapie?

 

Oh, das ist ein weites Feld! Kunsttherapie kann sehr wohl medizinisch sein, nämlich dann, wenn sie im klinischen Bereich (oft im Rahmen der Ergotherapie) eingesetzt wird, z.B. auf einer Station für psychosomatische Erkrankungen oder auch Depressionen. Andersherum kann sie auch esoterisch sein – in meinem Falle ist sie aber weder medizinisch noch esoterisch.

 

Kunsttherapie ist eine Methode, mit der man z.B. an unbewusste Themen und Gefühle herankommt, um damit arbeiten zu können. Es geht auch viel um „Ressourcen“: welche Fähigkeiten, Fertigkeiten, Kenntnisse etc. habe ich eigentlich – und welche davon können gestärkt werden oder liegen momentan total brach?

 

Für gewöhnlich bringe ich meine Klienten mit einer Meditation oder Phantasiereise erstmal zu sich selbst, also in ihren Körper und ihre Gedanken. Und das, was dabei entsteht – Gefühle, Gedanken, Träume, Ideen – wird im Anschluss mit verschiedenen Mitteln gemalt und besprochen. Vielen von uns fällt es schwer, bestimmte Gefühle oder Emotionen in Worte zu fassen. Aber mit Pinsel oder Pastellkreide geht das erstaunlich gut!

Was mir aber immer wieder wichtig ist, zu betonen: Zwar heißt es KUNSTtherapie, doch geht es hier nicht um Kunst: Es richtet sich nicht nur an angehende Picassos, sondern an alle, die einen Stift halten können und die gerne mehr über sich erfahren möchten. Es braucht dazu natürlich etwas Offenheit von Seiten des Klienten – denn zaubern kann ich nicht. Und „heilen“ übrigens auch nicht: In der Kunsttherapie finden wir gemeinsam einen Weg, dein Potential auszuschöpfen – denn das Material dafür ist bereits in dir vorhanden!

 

 

Der Kurs, den ich bei Dir besucht habe, handelte vom Thema Selbstliebe: ein spannendes Thema. Manche haben seit der Kindheit Schwierigkeiten damit, die im Verborgenen liegen. Wenn ein Frauenkörper zum Mutterkörper wird, verändert sich oft auch noch mal die Wahrnehmung. Wie kann Kunsttherapie helfen, wenn die Selbstliebe Nachhilfe braucht?


 

Da gibt es sehr viele verschiedene Ansätze. In dem Workshop, den du besucht hast, habe ich verstärkt mit dem Thema „Selbstakzeptanz“ und dem „inneren Kritiker“ gearbeitet:

 

Was finde ich an mir blöd, was finde ich gut – und wie kann ich diese beiden Seiten von mir als zusammengehörig akzeptieren? Welche Möglichkeiten gibt es, mir auch im Alltag Selbstliebe und Mitgefühl entgegenzubringen?

 

Ich denke, viele junge Mütter setzen sich verstärkt unter Druck, wenn sie denken, sie müssten in allen Bereichen perfekt sein und dabei auch noch blendend aussehen. Aber Kinder kriegen und großziehen ist nicht immer einfach und auch ohne Kinder fordert uns dieser Drang nach Perfektion oft viel zu viel Energie ab!

 

Ein wichtiger Schritt ist es also, die Dinge, die sich nicht oder nicht sofort ändern lassen, etwas entspannter zu betrachten und vielleicht sogar einfach zu akzeptieren. Ich mochte meine große Nase noch nie gerne, aber sie wird nunmal nicht mehr kleiner werden – wieso sich also weiter darüber grämen? Wenn der „innere Kritiker“ mal wieder laut wird und darüber meckert, dass man nichts auf die Reihe bekommt und dabei auch noch ungewaschen aussieht, darf man ihm ruhig widersprechen! Diesen Dauernörgler in unserem Kopf kann man in einer Kunsttherapie sehr gut aufdecken und gemeinsam erarbeiten, was man ihm entgegensetzen kann. Ebenso lässt sich mit so genannten „Körperbildern“ oder „Gefühlsbildern“ herausfinden, wie der aktuelle Stand der Selbstliebe ist und woran man diesbezüglich arbeiten könnte.

 

Nun hat nicht jeder die Möglichkeit einen Kurs zu besuchen: Wie kann man sich mit einem Blatt Papier in den eignen vier Wänden vielleicht im Bereich der Selbstliebe schulen?

 

Selbstliebe klingt für viele nach einem so großen Begriff, der viel Aufwand beinhaltet und Zeit braucht – doch Selbstliebe beginnt im Kleinen: Wenn ich das Schmutzgeschirr für eine Weile schmutzig sein lasse und mich stattdessen (z.B. weil das Baby gerade Mittagsschlaf macht) für ein paar Minuten mit einer Tasse Kaffee auf den Balkon setze. Wenn ich mich nach dem Duschen mit einem gut riechenden Körperöl einreibe oder mir eine Viertelstunde in der warmen Badewanne gönne. Natürlich kann man sich auch hinsetzen und z.B. sein momentanes Bauchgefühl malen, aber ohne therapeutische Nachbearbeitung bleibt das vielleicht ohne Ergebnis.

 

Doch empfehle ich immer wieder folgendes: Jeden morgen, noch im Bett, gehe ich meine mentale Liste all der Dinge durch, die ich heute zu erledigen habe. Und überlege dann, welche Sachen ich weglassen und an welchen Stellen des Tages ich bewusst etwas für mich tun kann. Wer Zeit hat, schreibt abends alles vom Tag auf, was unter das Stichwort „Selbstliebe“ fällt – dazu gehören auch liebevolle Gedanken gegenüber mir selbst.

 

In welchen Bereichen können sogar schon Kinder von Kunsttherapie profitieren und vielleicht bei Problemen wie Mobbing oder Schüchternheit Hilfe finden?

 

Ich bin keine Expertin in Sachen Kunsttherapie mit Kindern, doch wird diese auch schon bei jungen Menschen eingesetzt: Auch hier wird ein Thema z.B. erst spielerisch eingeführt und dann mit verschiedenen Materialien zu Papier gebracht. Kinder malen ja noch viel ungezwungener und unmittelbarer und ihre Bilder haben oft eine besonders starke Ausdruckskraft, die man als Therapeut leicht interpretieren kann. Zusammen mit dem Kind könnte man dann schauen, wie man sein Selbstbewusstsein stärkt, damit es sich gegen Mobbing wehren kann oder wie es die Angst vor fremden Situationen verliert.

 

Viele waren vielleicht mal richtig künstlerisch begabt, doch oft liegt es brach: Wie holt man – vielleicht gemeinsam mit den Kindern, den Künstler in sich raus?


 

„Als Kind ist jeder ein Künstler. Die Schwierigkeit liegt darin, als Erwachsener einer zu bleiben“ – das Zitat von Picasso finde ich sehr treffend! Bei Kindern kann man sich da einiges abschauen – oder hast du schon mal ein Kind „Ich kann aber doch gar nicht malen…“ sagen hören? Eine Möglichkeit wäre z.B., ein großes Blatt Papier oder eine Papierrolle auszulegen und dann gemeinsam mit Fingerfarben über die weiße Fläche zu panschen – Kindern macht das großen Spaß und bisher habe ich auch nur Erwachsene kennengelernt, die nach anfänglichen Hemmungen ebenso aus sich herausgegangen sind… Aber wie gesagt: Bei Kunsttherapie geht es nicht um Kunst, sondern darum, sich mit künstlerischen Mitteln auszudrücken. Wie das Bild am Ende aussieht, ist völlig egal. Wichtig ist, was das Malen und das Anschauen bei dir auslöst!

 

Vielen lieben Dank für Deine Antworten, Julia. 

 

Julia ist kein Neuling auf dem Blog: Warum sie in Farben sieht und von ihrer Leidenschaft für Yoga hat sie mir schon berichtet: Noch mehr von ihr erfährt ihr auf ihrem Blog Fräulein Julia.

 

Mehr zu den Kursterminen für Yoga und Kunstherapie findet ihr auf Julias Seite seelenweise.com.

Mehr Elternfragen gibt es hier.

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