Alltag, Elternfragen

Clean eating, zuckerfrei und Co.: Interview mit einer Expertin

Begriffe wie Clean Eating oder der Verzicht auf Zucker tauchen momentan verstärkt auf, doch was steckt eigentlich dahinter und vor allem was bedeutet das für die Ernährung von Kindern: für die Elternfragen habe ich bei der Fitness- und Ernährungstrainerin Ulli nachgefragt. 

 

 

Was versteht man eigentlich unter Clean Eating und warum trendet das grad so? 

 

Clean Eating heißt im Grunde nichts anderes als so nahe an der Natur wie möglich zu essen. Man kauft also nichts, was stark verarbeitet ist – wie ein Großteil aller Produkte im Supermarkt leider ist. Ich denke der Trend kommt daher, dass sich Lebensmittelskandale häufen und immer mehr erforscht wird, wie sich bestimmte Zusatzstoffe oder Verarbeitungsmethoden auf den Körper auswirken.

 

Ein berühmtes Beispiel ist der „High Fructose Corn Syrup“ aus Amerika, der seit letztem Herbst auch in der EU unbeschränkt eingesetzt werden darf (obwohl seine negativen Auswirkungen auf den Menschen bekannt sind). Immer mehr Menschen nehmen ihre Gesundheit selbst in die Hand, nachdem die Industrie natürlich eher auf Gewinne und ihr eigenes Wachstum aus ist.

 

Was macht Zucker mit dem Körper?

 

Zucker ist von Natur aus nicht schädlich und kommt ja auch in natürlicher Form vor (zum Beispiel als Fruktose in Obst und Gemüse). Nicht natürlich hingegen ist das Zufügen von industriellem Zucker zu unseren Speisen und das ist das Problem: der Zuckerkonsum hat sich in den letzten 150-200 Jahren von nahezu 0 auf durchschnittlich 34kg pro Jahr (pro Person!) gesteigert. So schnell konnte sich der Körper nicht anpassen.

 

Grundsätzlich werden alle mit der Nahrung aufgenommenen Kohlenhydrate im Magen-Darm- Trakt gespalten und ins Blut abgegeben. Die Bauchspeicheldrüse misst stetig den Blutzucker. Ist dieser hoch, schüttet sie Insulin aus. Insulin sorgt für die Aufnahme von Zucker in die Körperzellen, hier dient Zucker als wichtiger Energielieferant für verschiedenste Zellprozesse. Ist der Blutzucker niedrig, wird das Hormon Glukagon freigesetzt, dieses mobilisiert Zucker aus den vorhandenen Reserven. Die Zellen der Leber nehmen einen Großteil des Zuckers auf und bauen damit Zuckerspeicher auf. Diese können durch Glukagon wieder abgebaut werden. Darüber hinaus kann die Leber sogar selbst Zucker herstellen, was allerdings heutzutage sehr selten notwendig ist. Zucker wird zwar in den Nieren gefiltert, aber wieder vollständig zurück ins Blut aufgenommen, sodass der Harn normalerweise zuckerfrei ist.

 

Nimmt man nun über einen längeren Zeitraum sehr viel Zucker auf wird dieses System gestört und der Körper gerät aus dem Gleichgewicht. Er kann vom Körper nicht mehr verwertet werden, wird in hohem Maße eingelagert und stört viele natürliche Funktionen im Körper. Der Insulinspiegel im Blut ist permanent erhöht und damit entzündungsfördernd. Auch die Darmflora ist gestört, da sich die falschen Darmbakterien vermehren, sie ernähren sich nämlich auch von Zucker. Nachdem der Darm als sehr großer Teil des Immunsystems gilt, wird somit auch dieses gestört. (Viele Frauen kennen auch das Problem mit dem Scheidenpilz – auch dieser ernährt sich von Zucker, zuckerfreie Ernährung hilft somit auch gegen diesen)

 

Wie gesund sind Erythrit, Xylit und Co. wirklich?

Gesund ist keiner davon. Meistens kommen diese Süßungsmittel ja natürlich in der Natur vor, was an sich super ist. Die Gewinnung ist nur oft kompliziert und teuer, daher werden sie einfach im Labor künstlich hergestellt und dann wird es problematisch. Der Körper kann dann wieder nicht gut damit umgehen, weil ein einziger Stoff so stark konzentriert ist. Es kommt zu Verdauungsproblemen, Blähungen etc.

Birkenzucker zum Beispiel wurde anfangs auf chemischem Weg aus Xylose (Holzzucker) hergestellt. Er kann aber auch aus Glukose erzeugt werden, die bei der Spaltung von Stärke gewonnen wird, z.B. aus gentechnisch verändertem Mais aus China. Das ist billiger, aber nicht unbedingt gesünder. Auch Stevia hat meist nichts mit der Pflanze zu tun, die man selbst züchten kann, sondern kommt aus dem Labor. Die Industrie spielt hier einfach mit dem Konsumentenwunsch weniger Zucker essen und sich natürlicher ernähren zu wollen.

Was hältst Du von zuckerfreier Ernährung bei Kindern?

Ich habe meine Kinder selbst lange zuckerfrei ernährt, leider ist das ab einem gewissen Alter schwierig durchzuführen. Meiner Meinung nach legt man am Anfang die Basis für gesunde Ernährung. Sobald die Kinder mehr mitbekommen werden sie von den verlockenden Angeboten in den Supermärkten, dem was ihre Freunde so bekommen und der älteren Generation ohnehin regelrecht zum Zucker hin gedrängt.

 

Wo immer Kinder hinkommen gibt es Süßes – Schlecker, Zuckerl, Schokolade. Bei uns daheim handhaben wir es so: es gibt zu Hause fast nie Süßigkeiten, sie sind aber nicht grundsätzlich verboten. So dürfen sie gern bei den Großeltern, im Kindergarten oder bei Freunden naschen. Ich hoffe, sie lernen so, dass man alles in Maßen essen kann. Dann sollte man es aber genießen, und nicht unkontrolliert hinein stopfen, wie es für manche ein Problem ist.

 

Spontan fällt mir weißes Mehl ein: Was sind die „bösen Lebensmittel auf die man verzichten sollte und warum?

Ich hab Es schon erwähnt, mein Ansatz ist grundsätzlich „alles in Maßen“. Weißes Mehl ist deswegen so verschrien, weil das Mehl aus geschälten Getreidekörnern hergestellt wird und die meisten Nährstoffe beim Getreide in und knapp unter der Schale zu finden sind. Deswegen ist es hier besser Vollkornmehl zu essen. Ich will hier eigentlich nicht einzelne Lebensmittel verteufeln, so etwas mag ich nicht so gerne.

 

Als Grundregel gilt: je weniger Zutaten das Produkt hat, desto natürlicher ist es (meistens). Außerdem sollte man die Zutaten alle kennen, aussprechen können und auch als Einzelzutat kaufen können. Fängt man einmal damit an beim Einkauf die Etiketten zu lesen fällt einem schnell auf: diese Grundregel schränkt das Angebot dann schon stark ein! Die Clean Eating Basics haben ohnehin alle kein Etikett bzw. nur eine Zutat: Obst und Gemüse, Fleisch, Fisch, Vollkorngetreide, Nüsse, Samen…

Ulli ist Fitness- und Ernährungstrainerin und beschäftigt sich schon seit ihrer Jugend mit gesunder Ernährung und Sport! Seit 2010 schreibt sie auf Fit & Glücklich über gesunde Ernährung, Workouts fürs Wohnzimmer und allerlei Themen rund um ein gesundes Familienleben.

 

Außerdem hat sie 2015 in der ersten Karenz ein Kochbuch über Clean Eating: Pur essen – gesünder leben (GU Diät&Gesundheit) (AmazonAffiliateLink) geschrieben und schreibt mittlerweile auch einige Kolumnen zu den Themen nachhaltige und gesunde Ernährung und ein bewegtes Leben.

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