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Marie Kondo, die Bücher, die Kleider und ich: Ausmisten 2019

Ich hab gewissen Vorbehalte gegen Selbstoptimierungsbücher. Und gegen Hypes. Wahrscheinlich hätte mich die japanische Aufräum-Queen Marie Kondo niemals erreicht, hätte mir nicht ein Freund ausführlich erzählt, wie effektiv seine Familie damit den Haushalt entschlackt hat. 

Welchen Ansatz ich bisher (bin Mitten drinnen – Haushaltsartikel und Ähnliches stehen noch aus) wirklich gut fand im Buch „Magic Cleaning„, passt fast in einen Tweet:

Marie Kondo empfiehlt Dinge in die Hand zu nehmen und zu schauen, welche Gefühle diese in einem auslösen. Und allen verbliebenen Sachen einen festen Platz zu geben. So einfach. So wahr.

Helfende Hände.

Und grad das mit dem Platz fand ich für uns besonders wichtig, das nicht ständig Dinge durch die Wohnung mäandern. Dass in dem Buch – ja, ich hab das Buch gelesen und kann nichts über die Netflix-Serie (von der ich nicht mal wusste) sagen – ein bissl viel Geschwafel ist, stimmt. Ich hab mich bei meinem Strumpfhosen nicht mit Bussi verabschiedet und auch sonst finde ich, dass man aus einer Ausmistaktion keine Religion machen sollte.

 

Dort kam nur ganz wenig hin.

Mit aller Ausführlichkeit habe ich mich bisher Kleidung und Büchern gewidmet und zwar häufig gelesen, wie ich aussortieren soll, aber nicht wohin. Aber, Sorry Marie, das Wegwerfen empfinde ich nicht als Option.

Kleiderschrank minimieren

Da ich regelmässig ausmiste, kenne ich natürlich die Klassiker: Was Du zwei Jahre nicht getragen hast, kann raus etc. – nach der Lektüre durch den Schrank zu gehen, war doch noch mal ein bisschen etwas anderes: einige Fragen tauchten dabei auf.

Fragen zum Kleiderschrank ausmisten

Mag ich das Teil? Oder die etwas eso-geschwängerte Variante von Marie Kondo „Löst es Glücksgefühle in mir aus?“ – fand ich nicht unwichtig, aber doch nicht immer alleinig entscheidend.

Vertrag ich das Teil? Mein Kleiderschrank WAR voller Wollteile, weil die ja so schön sind. Nie werdet Ihr erraten, wer so etwas gar nicht tragen kann, weil es schon beim Anschauen juckt. Ich hab ausgemistet: trotz schöner und warmer Gefühle.

Brauch ich das Teil? Meine Schiunterwäsche stürzt mich nicht in Freudentaumel, ich glaube aber fest daran, dass sie auch das nächste Mal ihren Zweck gut erfüllen wird.

Passt mir das Teil? Da war dieses Kleid: Grün, schön, verbunden mit wunderbaren Gefühlen und ich hab es auch zu gekriegt. Da ich damit aussah, als wäre ich im sechsten Monat schwanger, und nicht vorhabe, demnächst abzunehmen – und natürlich nur an bestimmten Stellen – hab ich mich davon verabschiedet.

Hab ich tatsächlich Gelegenheiten das Teil zu tragen? Und wenn ich die Gelegenheit nicht habe, will ich die Gelegenheit schaffen, oder schmeiß ich dann das Teil lieber raus?

Wohin mit den Klamotten?

Sage und schreibe fünf große Tüten haben wir aus unserem Kleiderschrank geholt: Was ich total toll fand, dass ich endlich mal wieder sehe, was ich eigentlich alles habe. Marie Kondo liefert gleich auch eine Falttechnik mit, die ich zuerst etwas befremdlich fand, aber – als ich alle meine Strumpfhosen schön aufgereit, da liegen sah, war es vor allem –  auch praktisch.

Die Säcke gingen bei uns in die Altkleidersammlung und ich hab auf „Passt-vielleicht-Nachbarin-XY“ verzichtet, weil ich es erfahrungsgemäß nicht so gerne mag, wenn ich meinen Klamotten dann wieder begegne. Ist bei Kinderklamotten ganz anders, aber das steht auf einem anderen Blatt.

Bücher minimieren

War ich bei den Klamotten noch stellenweise etwas zaudernd: „Wunderbares Kleid und theoretisch passt es vielleicht irgendwann..“ war das bei den Büchern schnell klar: Mag ich oder mag ich nicht, merkwürdigerweise gab es kaum ein Dazwischen, trotzdem waren es doch wieder mehr als eine Frage, die sich beim Weggeben stellte.

Ich mag es wirklich und würde es nicht weggeben.

Adresse reinschreiben: eines meiner Hobbies in den 90ern.

Fragen zum Bücher ausmisten

Mag ich es? Weil es so gut geschrieben ist, weil es mir jemand geschenkt hat, der mir viel bedeutet oder weil ich den Autor mal kennengelernt hab: die Gründe können vielfältig sein bei der Glücksgefühlefrage.

Verknüpfe ich eine schöne lehrreiche Erinnerung daran? Ich war erstaunt, in wie vielen Büchern ich in der Vergangenheit schon Rat fand, oder wie viele Bücher mich in eine vergangene Zeit zurück versetzen können.

Klassiker: Hab ich es gelesen und habe vor das (noch mal) zu tun? In meinen Schwangerschaften war ich so vergesslich, dass ich alle guten Krimis meines Bücherregals tatsächlich noch mal gelesen habe, seit dem bin ich etwas vorsichtig beim „Kenne ich schon“. Sachbücher, die ich drei Mal angelesen habe, oder Romane, die ich eher gewollt empfunden habe, fliegen aber raus. Ich hab noch kein Buch gelesen, dass ich beim fünften Anfang dann total toll fand.

Kann es für jemand anderen in meinem Daheim noch von Nutzen sein? Es gibt einige Klassiker, die für mich – ich will da niemanden was aufzwingen – in ein Bücherregal gehören und auch von einigen Bildbänden habe ich mich dann letztlich doch nicht getrennt, weil ich das grad für heranwachsende Kinder sehr schön finde.

Wohin mit den Büchern?

Ich liebe es, wenn ich in meinem Bücherschrank Bücher entdecke, die für mich nichts (mehr) sind, die aber lieben Menschen aus meinem Umfeld eine Freude machen können. Das heißt: Ich gebe viele Bücher von Vornherein an ausgewählte Menschen, ob ich grad ausmiste oder nicht.

Auch bei der Ausmistaktion waren Freunde und Familie wichtig und ich habe ein paar Taschen mit Büchern gepackt.

Was ich allerdings nicht mag: eine Kiste drei Wochen stehen lassen und Leute einladen, die mal eben durchstöbern, es soll ja schließlich um Minimierung gehen und nicht um Chaos.

Bücher aussetzen

Seit Jahren setze ich Bücher aus: in der S-Bahn, am Bushäuschen oder im Sommer auf einer Parkbank. Vorne reingeschrieben, dass es sich um ein „ausgesetztes Buch“ handelt, klappt das eigentlich immer gut. Seit dem ich Kinder habe, bin ich sensibler geworden und achte, darauf, dass ich keine Bücher mit extremer Gewalt oder Sexszenen aussetze, denn ich möchte 10-Jährigen nicht ein Buch in die Hände geben, das sie anderswo nicht bekommen würden. Dieses Mal habe ich allerdings 15 Bücher in der Bahn ausgesetzt und das war ZUVIEL. Es ist schön beiläufig ein Buch abzulegen. Es ist unschön, wie ein Flyer-Verteiler durch Berlin zu fahren.

Die Kinderbücher für die unter-2-Jährigen haben wir in unserer Kita abgegeben.

Was blieb waren dann tatsächlich noch drei Kisten Bücher: alte Romane, jede Menge Uniliteratur und auch ein paar Bildbände. Diese haben wir in ein soziales Büchercafé gebracht: Dort werden Bücher für 1 Euro 50 verkauft, damit sich jeder ein Buch leisten kann. Das machen wir seit Jahren so und haben dort immer ein gutes Gefühl.

 

In erster Linie ging es bei den Büchern darum, dass sie an einen Ort kommen, wo sie eben noch verwendet werden. Sie zu verkaufen stand nicht im Vordergrund.

Mehrmals wurde mir allerdings die Plattform Momox empfohlen, wo man wohl grad bei Sachbüchern mitunter noch gute Preise erzielen kann und auch von der App Bonavedi habe ich Gutes gehört. In Berlin haben wir außerdem an verschiedenen Stellen sogenannte Bücherbäume und auch von Bibliotheken, die sich sehr freuen, haben mir Leute berichtet.

 

Mit den Büchern und den Kleidern sind wir jetzt definitiv durch und befinden uns grad im „spannendenden Ausmistsektor“ Kinderspielzeug. Und ich frage mich laut: Wohin, wohin? Bin da Tipps gegenüber wirklich offen.

Und ich freue mich auf Eure Aufräumgeschichten.

 

Ich mach das jedes Jahr. Ich mag das. Ich glaube nicht, dass Ausmisten das halbe Leben verändert, wie grad bejubelt und gleichzeitig kritisiert wird, aber ich mag Ergebnisse: Und aufgeräumte Schränke haben was.

 

 

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