Alltag, Familienrollen, Nachgefragt

Kinderwunsch, Adoption und plötzlich schwanger: ein Jahr im Wandel

Kinderwunsch, Adoption und plötzliche Schwangerschaft: all diese Themen waren in kurzer Zeit sehr präsent in Danielas Leben. Auf Twitter habe ich davon ein bisschen gelesen und für die Familienrollen nun genauer nachgefragt, wie sich das Leben grad für sie anfühlt. 

Auf Twitter kannte ich Dich als Kinderwunsch -Kandidatin, als Adoptiv-Anwärterin, mit kleinem Baby und nun schwanger, doch der Reihe nach: Wie war Euer Weg vom Kinderwunsch bis zu dem Moment, als Ihr erfuhrt, dass Ihr im Herbst 2018 Eure kleine Tochter adoptieren dürft?

Unsere Kiwu-Geschichte startete ganz unbedarft im August 2014. Ich hatte extra noch meine Lebenszeitverbeamtung abgewartet bevor ich die Pille absetzte, denn es konnte mit dem Baby ja ganz schnell gehen. Als dann Monat für Monat ereignislos vorbeizog, setzten bei mir erste Zweifel ein. Nach einem Jahr und zwei negativen Spermiogrammen meines Mannes traten wir schon reichlich frustriert den Weg in das örtliche Kinderwunschzentrum an.

Dort eröffnete man uns wir würden nur durch eine ICSI schwanger werden können. Wir machten uns auf den Weg die Erlaubnis der Krankenkasse einzuholen. Die weigerte sich irgendetwas zuzuzahlen, da ich ja nicht der „Verursacher“ sei (private Krankenversicherung). Auch nach einer diesbezüglich extra durchgeführten Bauchspiegelung bei der mir etliche Verwachsungen entfernt wurden, weigerte sich die Kasse weiter. Zum Glück war die Beihilfestelle kulanter, sodass wir 50 % der Kosten für 3 Versuche zugesichert bekamen. Es begann eine Zeit der Hoffnung und 💉 glücklicherweise litt ich allerhöchstens seelisch unter den Versuchen und fühlte mich in der Klinik sehr wohl.

Ich war getragen von dem Gefühl „Irgendwann werden wir Glück haben!“ Das stimmte, letztendlich aber auch ganz anderem Weg wie gedacht.

Der Tiefpunkt der Behandlung war sicherlich das Ergebnis des Versuchs im Dezember 2016. Freudestrahlend vernahmen wir den Anruf, dass ich schwanger sei und feierten (etwas naiv aber eben glücklich) mit der Familie und griechischem Essen. Zwei Tage später dann die Ernüchterung. Das HcG war gesunken. Eine biochemische Schwangerschaft. Selten hatte ich mich so leer gefühlt.

Es dämmerte mir, dass es ja nicht reichte schwanger zu werden. Ich müsste es auch schaffen schwanger zu bleiben. Es folgten zahlreiche weitere Versuche, dieses Mal unter Berücksichtigung meiner entdeckten Gerinnungsstörung (Antiphospholipid-Syndrom). Alle mit dem gleichen Ergebnis.

Mein Mann war der erste der die Versuche nicht mehr schmeckten. Er glaubte nicht mehr an einen Erfolg, bereute die rausgeworfenen Euros (denn Zuschüsse bekamen wir nun keine mehr). Am schlimmsten war es für ihn mich aber nach jedem Negativ wieder traurig zu sehen.

Er unterbreitete mir irgendwann die Idee ein Kind zu adoptieren. Ich war zunächst nicht bereit meinen Wunsch nach einem lieblichen Kind so schnell aufzugeben und zögerte eine Antwort hinaus. Irgendwann gab ich mir einen Ruck und wir wurden beim Jugendamt vorstellig.

 

Mit jedem weiteren Schritt hin zu unserer Anerkennung wurde es für mich greifbarer, wie es sein könnte ein Kind zu adoptieren. Wir wurden toll vorbereitet, lernten andere Bewerberpaare kennen und machten ein Seminar. Als wir schließlich aus einen Pool von 10 anderen Paaren zusammen mit 2 weiteren für die Teilnahme an einem weiteren Seminar ausgewählt wurden, wuchs die Hoffnung, es könnte tatsächlich klappen. Ganz euphorisiert war ich dann als auf diesem Seminar Adoptiveltern erzählten sie seinen letztes Jahr ja auch als Bewerberpaar hier gewesen und hätten jetzt ein Kind.

Nach 10 Monaten waren wir schließlich anerkannt. Wir erfuhren dass die anderen beiden Paare nun auch schon Kinder bekommen hatten. Das machte einerseits Hoffnung, andererseits dachten wir uns, dass es jetzt für längere Zeit wahrscheinlich kein Kind zur Vermittlung geben würde. Weit gefehlt.

Am 13.09.2018 erhielt ich den allerallerschönsten Anruf: Wir sollten schnell ins Jugendamt kommen. Wir wussten was das zu bedeuten hatte. Eine unfassbare Euphorie erfasste uns. Wir sollten Eltern einer Tochter werden. Theoretisch hatten wir vier Tage Zeit uns das Ganze durch den Kopf gehen zu lassen.

 

Aber wir wussten es von Sekunde 1 an. Das war unsere Tochter. Komme was wolle.

 

Eine Schwangerschaft dauert meist 10 Monate. Mit einer Adoption befassen sich manche über Jahre bevor es real ist und dann wirkt es von außen oft so, als ging es ganz schnell. Wie schnell war es bei Euch der Fall und wie gut ward Ihr letztlich drauf vorbereitet?

Familienfoto.

Insgesamt haben wir nur 13 Monate gewartet, was wirklich wenig ist. Ich hatte mir eine Amazon-Liste angelegt mit allem was zu besorgen ist im Fall der Fälle. Mahnmal gab ich mich kleinen Versuchungen hin und kaufte z.B. einen Strampler aus dem Merchandising-Sortiments unseres Lieblingskünstlers Clueso.

Die 14 Tage (und das ist vergleichsweise sehr viel) die wir dann Zeit hatten, fühlten wir uns wie auf Drogen, besorgten alles mit Hilfe vieler Freunde und lieber Spender (vor allem von Twitter) und waren einfach nur gespannt. Überrascht hatte mich, dass mich als Verwaltungsfachfrau der Behörden Kram so nervte und wie gut ich mit wenig Schlaf auskam.

Ich kann mich noch sehr gut an meine erste Nacht im Krankenhaus erinnern. Da lag dieses wunderschöne Geschöpf in seinem Bettchen und ich war für sie verantwortlich.

 

Die Liebe die ich sofort zu ihr hatte, hat mich dagegen gar nicht überrascht, das hatte ich mir genauso vorgestellt.

Seit letztem Herbst hast Du Deine kleine Kim bei Dir und wenn ich es richtig verfolgt habe, dann ist die Adoption auch schon erfolgt: Wie lief das Procedere?

Das ist das Cover der CD mit den beiden Liedern, die der Vater für die Tochter gemacht hat. Foto: @ Miriam Fleischmann

De facto ist Kim-Jolie noch nicht adoptiert, das dauert meist bis zu einem Jahr. Erst nach dem Beschluss des Familiengerichts darf sie dann auch unseren Nachnamen tragen.

Nach acht Wochen konnte die leibliche Mama allerdings die Freigabe ihres Kindes beim Notar unterschreiben.

Auch wenn wir nie daran gezweifelt haben, war es eine Riesenwelle der Erleichterung, die uns umspülte, als wir erfuhren, dass dies geschehen war.

Kontakt zur Bauchmama von Kim-Jolie haben wir noch nicht, sind aber jederzeit offen, sobald sie bereit dazu ist. Mit der leiblichen Oma besteht Briefkontakt. Ein Stolperstein war für mich auch als ich erfuhr, dass ich schwanger war. Ich wusste, dass das Jugendamt nicht begeistert sein würde und da wir uns noch in der Adoptionspflegezeit befinden, hatte ich schon Angst wie die Reaktion sein würde. Mein Mann war da gelassener. Sicher hielt sich die Begeisterung der beiden Damen in Grenzen, aber es wurde niemals auch nur angedeutet, man würde uns die Maus wieder wegnehmen.

Während Du vom Alltag mit Kim schreibst, passierte etwas das bestimmt viele überraschte: Du bist schwanger geworden. Es klingt unglaublich schön. Wie überrascht ward Ihr?

Foto: @ Miriam Fleischmann

Wir waren über die Schwangerschaft sehr sehr überrascht. Ich hatte allerdings schon etwas eine Woche vor dem Test so ein Gefühl.

Als ich meinen Mann vorsorglich bat das Katzenklo sauber zu machen (Toxoplasmose) schaute er mich nur verwirrt an und sagte er wolle einen Beweis durch einen Test.

Das war ihm auch nicht zu verdenken, da wir es ja vier Jahre mit allerlei Hilfsmitteln erfolglos probiert hatten.

Die Kiwuklinik sagte uns ohne künstliche Befruchtung eine Erfolgschance von 2%, dies war allerdings bevor bei mir die Gerinnungsstörung diagnostiziert wurde.

Zuerst erfuhren unsere Eltern davon. Ich kann mich noch gut an das Telefonat mit meinem Vater erinnern. Plötzlich Stille in der Leitung. Damit hatte wohl keiner gerechnet. Es freuten sich aber alle sehr!

Der meistgehörte Satz war „Ich habe es euch doch gesagt, es lag alles an der Psyche.“ Das stimmt sicher zu Teilen, aber nervte auch.

Bald habt Ihr zwei kleine Kinder unter 1 : wie bereitet Ihr Euch drauf vor?

Nein, ich habe es nicht für möglich gehalten mal eine zweifach Mama zu werden. Ich hatte mir das immer gewünscht aber nachdem wir Kim-Jolie hatten, machte ich mich darauf gefasst, dass sie Einzelkind bleiben würde. Denn es kommt bei unserem Jugendamt nicht so häufig vor, dass man noch ein zweites Kind zur Adoption bekommt.

Organisatorisch steht noch ein Autokauf an, denn unser Peugeot 206 reicht nun wirklich nicht mehr aus. Den Großteil der Ausstattung haben wir ja glücklicherweise von Kim-Jolie und da es sehr wahrscheinlich wieder ein Mädchen wird passt das perfekt.

Ansonsten sind wir sehr entspannt, denn wir sind es gar nicht gewohnt so viel Vorbereitungszeit zu haben.

Wir hören viele Kommentare wie anstrengend das alles wird, aber wir freuen uns einfach und vertrauen dass alles gut wird!

Mir geht es sehr gut. Ich habe keinerlei Schwangerschaftsbeschwerden und fühle mich pudelwohl. Nur ab und zu träume ich seltsame Dinge und reagiere etwas emotionaler als sonst.

Die Tage durfte ich meine Gerinnungsspritzen absetzen, das hat mir etwas Angst gemacht, aber im Großen und Ganzen bin ich sehr zuversichtlich und voller Freude auf das kleine Schwesterlein.

Vom Kinderwunsch zu zweifachen Eltern innerhalb eines Jahres: Was möchtest Du andern mitgeben?

Ich für mich habe gelernt, dass es Wunder gibt. Wir durften das jetzt gleich zwei mal erleben.

Im Grunde hat sich unsere Durststrecke und unser langer Kiwu-Weg als Chance entpuppt. Wir sind näher zusammengewachsen und ohne diese Hindernisse hätten wir niemals unsere Tochter kennen-und liebengelernt.

Ich habe aus solchen Erfolgsgeschichten immer Kraft geschöpft, wenn es mir mal nicht so gut ging. Ich weiß nicht jede Geschichte hat ein Happy end, aber ich weiß auch, dass nichts unmöglich ist.

Vielen lieben Dank, Daniela.

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