Familienrollen, Kultur mit Kind

Unerzogen: Wie eine Erwachsene ihre eigene Erziehung bewertet

Unerzogen ist nur ein neuer Trend? Nein. Lea erzählt in den Familienrollen von ihrer eigenen Kindheit, wie sich diese Erziehung heute auf ihre eigenen Kinder auswirkt und von ganz viel Liebe. 

Unerzogen scheidet die Geister: Du bist vor rund drei Jahrzehnten so groß geworden. Wie sah Deine unerzogene Kindheit aus und wie hat sich Deine Kindheit dadurch von Deinem Umfeld unterschieden?

Meine Kindheit habe ich größtenteils sehr Bullerbümässig in Erinnerung. Meine Jugend sehr frei. Mir war eigentlich nie bewusst, dass ich so anders aufgewachsen bin – bis ich selber Kinder bekam. In meiner Kindheit wuchsen einige Kinder um mich herum ähnlich auf wie ich, wir lebten eine Zeit lang in einer großen Lebensgemeinschaft*, danach in kleineren Wohngemeinschaften. Mit dem Wechsel von der Grundschule (Brandenburg – d.h.nach der 6. klasse) in die Waldorfschule war ich wieder in einem ähnlichen Umfeld, obwohl wir mittlerweile in einem eher klassischen Familienhaushalt lebten.

Meine Eltern haben sich getrennt, als ich 6 oder 7 war. Soweit ich weiß, hatten mein Vater und meine Mutter bis heute nicht einen Streit. Sie sahen uns nicht als „unfertige“ Menschen, an denen irgendwas geändert werden mussten.

Ich habe sehr viel Unterstützung und Liebe von ihnen bekommen und bin dafür sehr dankbar.

Mit meinem 1. Bonusvater gab es viel Streit, als mein Bruder und ich älter (und sturer) wurden. Unsere Mutter war eine Löwenmutter und stellte sich immer vor uns. Auch in unserer Pubertät stand sie immer hinter uns. Auch wenn sie etwas nicht so gut fand. (Wie meine bunten Haare, mein Piercing oder auch manche meiner Freundschaften)

Eine nahezu regelfreie Kindheit: Was waren Deine Richtlinien?

 

Lea als Fünfjährige bei ihrem Opa: Der hat früher nämlich Kaninchen gezüchtet und Preise für die Tiere gewonnen.

Wir mussten zur Schule gehen. Waren aber meiner Erinnerung nach selbst für unsere Hausaufgaben und Leistungen verantwortlich. Ab und an gab es Streit, weil wir unsere Zimmer nicht aufräumten. Aber ich glaube, das kam meist von meinem Bonusvater.
Ich kann mich eigentlich nicht an „Du darfst nicht..!“ oder „Du musst..!“ erinnern. Ich erinnere mich hauptsächlich eher an viele Dinge, die ich durfte, die viele Gleichaltrige früher wohl nicht durften.

Wie ist das Verhältnis zu Deinen Eltern heute?

Sehr gut! Seit meinem Auszug habe ich auch zu meinem 1. Bonusvater ein gutes Verhältnis. Auch untereinander verstehen sich meine Väter und Mütter sehr gut. Und ich bin unglaublich dankbar für meine tolle Familie. Es gibt immer wieder Feste auf denen die gesamte Familie inklusive aller Bonuseltern versammelt ist und es ist immer schön.

Wenn Du Deine Kindheit Revue passieren lässt: Was war das beste am Unerzogen-Konzept und was hat Dir vielleicht einen Nachteil eingebracht?

Ein vollgestilltes Baby nach dem ersten Kuchen.

Ich und mein Bruder sind sehr selbstständige Menschen. Wir können uns helfen und scheuen uns nicht davor nach Hilfe zu fragen. Wir haben gelernt, uns selbst zu vertrauen.
Einen Nachteil kann ich ehrlich gesagt nicht erkennen. Steuererklärungen fallen auch erzogenen Menschen nicht leichter.

Nun hast Du selbst drei Kinder: Wie sehr erziehst Du und wie klappt das mit Deinem Partner, der vielleicht ganz anders sozialisiert ist, als Du?

Wir leben ganz anders, als ich damals als Kind. Statt in der Kleinstadt bzw mein Partner auf dem Dorf, leben wir in der Großstadt in einer kleinen Wohnung. Wir erziehen definitiv mehr, als meine Eltern. Alex ist ganz anders aufgewachsen als ich. Das spiegelt sich natürlich auch in unserem Alltag wieder.

Immer wieder kursiert der Spruch „Erziehung ist Gewalt“. Selten wird er gut erläutert. Wie stehst Du dazu?

Puh. „Gewalt“ ist so ein Argument, wenn einem die Worte ausgehen. Habe ich oft das Gefühl. Erziehung kann Gewalt sein. Muss es aber nicht immer.

Was wünscht Du Dir für Deine Kinder?

Dass sie glücklich sind. Und immer wissen, dass wir sie lieben und unterstützen.
Ich sage es ihnen oft. Auch, dass ich unglaublich stolz bin. Und dass sie tolle Menschen sind. Ich hoffe, dass ich in 30 Jahren auch so ein tolles Verhältnis zu meinen Kindern habe, wie meine Eltern zu mir und meinem Bruder.

Vielen Dank, Lea. 

Mehr Interviews findet Ihr wie immer unter den Familienrollen. Lea arbeitet als Modedesignerin: Ihre Seite findet Ihr hier.

Familienrollen, Meinung

Was tun, wenn nur einer Sex will? – Ein Mann sucht Antworten

In den Familienrollen geht es um Familien und manchmal auch um Probleme von diesen: Heute gibt es hier einen Gastbeitrag von Florian, der zwischen Kindern, Alltag und Vereinbarkeit die Intimität mit seiner Frau vermisst. Es ist keine Anklage, er wünscht sich Inspiration. Vielleicht kann ja jemand helfen?

Das Ding mit der Zweisamkeit.

Viele von euch kennen es. Man liegt gemütlich zu Zweit im Bett und auf einmal kommen die Kinder angerannt und fangen an zu toben. Oder man wird Abends intim und auf einmal schreit das Baby. Als Eltern ist es nicht immer leicht Zeit für sich als Paar zu finden.

Dieses Problem haben wir auch. Ich möchte euch heute meine Situation schildern und vielleicht habt ihr ja ein paar tolle Tips für mich, wie mehr Zweisamkeit in unser Leben kommen kann.

Ich bin Florian, 28 Jahre alt, Vater von 2 Kindern und mit einer tollen Partnerin, die mit dem dritten Kind schwanger ist.

Die Beziehung von meiner Partnerin und mir war nie groß romantisch. Intim wurden wir nicht so häufig. Nach der Geburt vom ersten Kind sogar über 1 Jahr nicht und es war kein Problem für uns. Der Alltag hatte uns im Griff und da kam das Bedürfnis gar nicht groß auf.
Als es dann mit der Planung vom zweiten Kind begann, ging es wieder. Wir wurden intim und der Alltag dadurch auch harmonischer und einen Ticken romantisch.

Auch als das dritte Kind gemacht wurde, lief es gut aber ab dem Zeitpunkt der Schwangerschaft wurde es wieder mau.
Parallel dazu, hat sich unser Alltag stark verändert.

Ich bin jetzt unter der Woche 12h am Tag nicht da. Meine Partnerin ist den ganzen Tag mit den Kindern und dem Haushalt alleine. Und wir sehen uns nur 3-4h am Tag. Hinzu kommen die Beschwerden der Schwangerschaft.

Das ist nicht alles leicht. Vor allem, da wir kein soziales Netzwerk haben, dass uns helfen kann. Die Familie wohnt 250km entfernt und Freunde sind auch Mangelware. Daher verbringe ich die Wochenenden mit den Kindern in Museen oder wir sind einfach nur draußen, damit sich meine Partnerin ausruhen und zu Kräften kommen kann.

Dabei ist die Zweisamkeit auf eine halbe, manchmal auch eine Stunde am Tag begrenzt und lange Zeit kam ich damit gut zurecht aber in letzter Zeit vermisse ich es stark.

Ich vermisse das zusammen unterwegs sein, das Händchen halten und auch mal den Kuss zwischendurch.

Ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll oder gar, was ich in unserem Alltag erledigen kann, damit sich die Situation verbessert.

Habt Ihr Ideen? Wart Ihr auch in solch einer Situation? Was habt Ihr gemacht, damit es sich besserte?

Ich würde mich, über Eure Ratschläge freuen.

 

Florian freut sich über Eure Kommentare. Wer gerne antworten möchte, dem es aber zu persönlich ist, der schreibt gerne eine Mail an blog@fruehesvogerl.de: Ich leite dann weiter.

Alltag, Familienrollen

Pflegekind in Regenbogenfamilie: „Sie soll von unserer Seite nie in einen Loyalitätskonflikt gedrängt werden und wir möchten sie auch nicht von ihrer leiblichen Familie abgrenzen.“

Annie möchte hier nicht mit vollem Namen auftreten: Was sie allerdings erzählt ist, dass sie und ihre Partnerin einmal ein bisschen weniger als 40 und einmal ein bisschen mehr als 40 Jahre alt sind und in Bayern wohnen. Außerdem gibt sie interessante Einblicke in ihr Leben mit ihrer Pflegetochter in der Regenbogenfamilie in den Familienrollen.  Vielen Dank dafür.

Ihr seid eine Regenbogen-Pflegefamilie: Wie schwer war der Weg zur Pflegschaft?

Als wir für uns als Frauenpaar den Entschluss gefasst haben, als Familie mit Kind leben zu wollen, stellte sich die Frage „wie“. Für uns war sehr schnell klar, dass wir ein Pflegekind aufnehmen möchten, denn wir waren ein Paar mit Kinderwunsch ohne Kind und „irgendwo da draußen“ gab es ein Kind mit Elternbedarf ohne Eltern. An einer Pflegschaft fanden wir zudem gut, dass dieser Prozess immer transparent für das Kind gestaltet wird, der Zugang zur Herkunftsfamilie immer offen ist und man eine Begleitung durch das Jugendamt hat.

Das Prozedere beim Jugendamt dauerte ca. 1 Jahr und bestand aus Gesprächen, Biografiearbeit, Hausbesuchen und einem Vorbereitungsseminar. Uns wurde jedoch klar, dass es für uns als Frauenpaar in diesem Jugendamt schwer werden würde. Daher bewarben wir uns bei einem Jugendamt weiter weg, das uns eine Woche nach dem Kennenlernen erstmals von unserer jetzigen Pflegetochter erzählte. 6 Wochen später zog dieses wunderbare Kind im Alter von 5 Monaten bei uns ein.

Ihr seid die Eltern eines Kindes: in wie weit spielt das Thema „Pflegschaft“ in den Alltag rein?

Unser Alltag unterscheidet sich nicht von dem anderer Familien. Mit einer Pflegschaft gehen aber zusätzliche Termine und Verpflichtungen einher. Bei uns sind das z.B. Besuchskontakte mit der Herkunftsfamilie, Hausbesuche durchs Jugendamt, Hilfeplangespräche mit allen Beteiligten und Absprachen und Termine mit dem Ergänzungspfleger. Da wir mittlerweile selbst Teile des Sorgerechts innehaben, müssen wir jährlich einen Bericht an das Familiengericht verfassen. Verpflichtungen gibt es also viele. Rechte dagegen weniger…

Aufgrund unseres guten Verhältnisses zur Herkunftsfamilie und den Umständen, weshalb unser Kind zu uns fand, kommen Ängste, dass unser Kind zurück zu seiner Herkunftsfamilie muss, nur sehr selten auf und beeinflussen unseren Alltag kaum. Aber natürlich muss man einen Umgang damit finden, dass das Kind einem rechtlich „nicht gehört“. Bei uns hat dies die Zeit gebracht.

Für unser Kind ist es wichtig, dass wir bzgl. der Pflegschaft offen und ehrlich mit ihr umgehen. Das bedeutet konkret, dass wir unserer Tochter ganz selbstverständlich davon erzählen, wie sie zu uns kam, dass wir ihr auch schwere Themen ihrer Biografie nicht vorenthalten, sondern kindgerecht und auf ihre Initiative hin mit ihr besprechen. Dafür setzen wir uns intensiv mit dem Thema Biografiearbeit auseinander, besuchen Seminare und tauschen uns mit anderen Pflegeeltern aus. Unser Wunsch ist, dass unsere Tochter das Gefühl haben soll, dass sie immer mit jeder Frage und allen aufkommenden Gefühlen zu uns kommen kann. Bisher bin ich ganz zufrieden, wie uns das gelingt.

Auf Twitter hast Du erzählt, dass Ihr fast ein zweites Kind bekommen hättet, dann aber doch nicht. Das klingt dramatisch. Wie geht Ihr als Familie damit um?

Dass ein Kindervorschlag nichts wird, damit muss man als Pflegeeltern immer rechnen und das haben wir mehrfach erlebt. Zum einen kann immer Unvorhergesehenes passieren, zum anderen muss man selbst in sich reinspüren, ob man dem entsprechenden Kind (zusätzlich zur bestehenden Familie) gerecht werden kann – und wenn nicht, absagen. Der von dir angesprochene Fall war für uns daher emotional so belastend, weil eine intensive Vorbereitung vom Kindervorschlag bis zur letztendlichen Absage vorausgegangen war, weil wir schon Fotos des Neugeborenen gesehen hatten und weil wir am Tag des Kennenlernens des Kindes mit der Begründung des Vormunds: „Ich habs mir anders überlegt“ einfach stehengelassen wurden. Es hat Wochen gedauert, bis wir wieder im Alltag ankamen und es klingt bis heute nach. Im Nachhinein wissen wir, dass wir zwischen die Fronten zweier sich um die Zuständigkeit streitenden Jugendämter geraten waren. Das finde ich vor allem für das Kind, das bis heute (fast ein Jahr später) noch in Bereitschaftspflege lebt, besonders traurig.

Ihr seid Pflegeeltern: Hat man in Deutschland als Pflegeeltern gute Optionen auf Adoption oder sind das zwei völlig unterschiedliche Dinge?

Prinzipiell sind das in Deutschland zwei voneinander getrennte Vorgänge, was man auch daran sieht, dass es in den Jugendämtern unterschiedliche Abteilungen für Adoption und Pflegschaft gibt. Bei der Adoption wird das Kind ja rechtlich ganz das Kind seiner Adoptiveltern. Dies ist bei der Pflegschaft nicht der Fall. Plakativ gesagt, sind Pflegeeltern lediglich Außenstellen des Jugendamtes – quasi eine Alternative zum Heim.

Für die meisten Pflegeeltern jedoch sind ihre Pflegekinder gefühlt „ihre“ Kinder, die sie finanziell und rechtlich abgesichert haben möchten, weshalb das Thema Adoption gedanklich schon eine Rolle spielt.

Meine Frau und ich, wir würden uns wünschen, unsere Tochter nach ihrem 18. Geburtstag zu adoptieren – und zwar auf Grundlage einer Minderjährigenadoption. Damit hätten wir die Möglichkeit, sie finanziell abzusichern und ihre rechtlichen Verpflichtungen gegenüber ihrer leiblichen Familie aufzuheben. Dabei wird vor allem aber entscheidend sein, was unser Kind möchte. Sie soll von unserer Seite nie in einen Loyalitätskonflikt gedrängt werden und wir möchten sie auch nicht von ihrer leiblichen Familie abgrenzen.

Ihr seid eine „Regenbogenfamilie“: in wie weit ist das Thema für das Kind oder war es das vielleicht im Rahmen der Anwärterschaft der Pflegschaft?

Für unser Kind scheint die Tatsache, dass sie zwei Mamas hat bisher kaum eine Rolle zu spielen. Sie hat Mama und Mami und spielt gleichzeitig mit ihren Freundinnen und Freunden „Mutter, Vater, Kind“. Auch die Kinder im Kindergarten, für die wir anfänglich etwas Besonderes waren und die viel fragten, haben mittlerweile erkannt, dass es bei uns zugeht, wie bei allen anderen Familien auch. Wir suchen auch nicht aktiv den Kontakt zu anderen Regenbogenfamilien. Die Kontakte, die wir haben, haben sich so ergeben. Wir erleben uns selbst nicht als anders und möchten uns daher keiner Kategorie zuordnen. Wenn überhaupt, dann fühlen wir uns aber der Gruppe der Pflegeeltern zugehöriger als der Gruppe der Regenbogenfamilien, weil uns mit dieser Gruppe thematisch mehr verbindet. Übrigens: Pflegeeltern sind unter den Regenbogenfamilien nur ein sehr geringer Anteil.

Was die Belegung von gleichgeschlechtlichen Paaren durch das Jugendamt betrifft, so ist uns klar geworden, dass hier entscheidend ist, wie viel Mitspracherecht das Jugendamt den leiblichen Eltern gewährt. Prinzipiell müssen leibliche Eltern mit einbezogen werden. Ob ein Jugendamt es zulässt, dass gleichgeschlechtliche Pflegeeltern von vornherein von leiblichen Eltern abgelehnt werden dürfen, das liegt am Jugendamt und war letzten Endes unsere Entscheidung, uns bei einem anderen Jugendamt zu bewerben.

Nun seid Ihr ja schon eine Weile Pflegeeltern: Was hättest Du gerne vorher schon gewusst?

Ich würde behaupten, ziemlich informiert in das Thema Pflegschaft gestartet zu sein. Worauf ich mich nicht vorbereiten konnte, war der Umstand, dass ich am Anfang nicht alles so toll fand, wie ich es mir vorgestellt hatte, während meine Umwelt natürlich dachte „Nun ist das Wunschkind da! Nun muss sie glücklich sein- und zwar 24h“. Meine Gefühle schienen der plötzlichen Mutterschaft nicht hinterherzukommen. Wir hatten 14 Tage, von dem Tag, an dem feststand, dass dieses Kind bei uns einzieht, bis zum endgültigen Einzug – davon 3 Tage Vorbereitung zu Hause und 11 Tage Kennenlernen vor Ort. Meine Frau musste schnell wieder Arbeiten und ich saß da. Keine Hormone, die mich wachhielten, keine Kontakte zu anderen Müttern. Es hat gedauert bis ich mich in der Rolle als Mutter zurechtgefunden habe und bis die Bindung zu meinem Kind gewachsen war. Als ich das Jahre später in einer Pflegeelterngruppe ansprach, waren alle dankbar dafür. Denn so war es vielen gegangen.

Einen zweiten Punkt, den ich auch unterschätzt habe, waren die Kontakte zur Herkunftsfamilie. Ich bin davon überzeugt, dass diese gut und wichtig sind und bei uns verlaufen sie auch vollkommen problemlos. Dass diese Kontakte aber nicht nur fürs Kind sondern auch für uns emotional anstrengend sind, damit hätte ich nicht gerechnet. Warum das so ist, darüber denke ich immer wieder nach und habe noch keine für mich zufriedenstellende Antwort gefunden. Vielleicht, weil einem dieser Termin die Besonderheit unserer Familie vor Augen führt und deutlich macht, dass wir als Pflegefamilie nicht nur ein Kind, sondern auch seine Herkunft und alles, was damit zusammenhängt, in unser Leben gelassen haben. Vielleicht wird einem aber durch solche Termine auch das die emotionale und rechtliche Unsicherheit vor Augen geführt, in der wir leben.

Was rätst Du anderen Familien, die sich mit dem Thema Pflegschaft auseinandersetzen?

Wohlinformierte Naivität, würde ich es nennen. Mit wohlinformiert meine ich, dass ich persönlich raten würde, sich mit der Thematik intensiv auseinandersetzen, viel lesen, im Kontakt mit dem Jugendamt alles offen ansprechen, eigene Sorgen und Ängste ernst nehmen, Fragen stellen und ausloten, was man selbst leisten kann und möchte. Wir Pflegeeltern müssen nicht die Welt retten und es ist keinem geholfen – am wenigsten dem Kind – wenn wir uns selbst überschätzen oder denken, dass mit Liebe alles geht, denn z.B. die Auswirkungen einer Alkohol- oder Drogenschädigung beim Kind können nicht weggeliebt werden. Ich rate auch zur Auseinandersetzung mit den Themen Traumatisierung und Bindungsstörung und halte es für wichtig, dass Pflegeeltern eine Vorstellung davon haben, was Biografiearbeit bedeutet.

Für mich waren außerdem Pflegeelternforen ein guter Ort, um eine Ahnung zu bekommen, was eine Pflegschaft heißen kann. Und hier kommt die Naivität ins Spiel. Denn was man in solchen Foren liest, das kann abschrecken. Manches Pflegekind bringt wirklich das Potential mit, eine Familie zu sprengen. Unsere Naivität bestand darin, zu glauben, dass uns das nicht treffen wird. Wir glaubten trotz allem, dass wir alles weglieben können. Mittlerweile wissen wir, dass das nicht möglich ist. Aber wären wir nicht so naiv gewesen und hätten uns abschrecken lassen, dann wären wir heute noch zu zweit und hätten das beste Abenteuer unseres Lebens verpasst: Unser Kind!

Vielen lieben Dank für das Interview. 

Alltag, Elternfragen

Wurzeln und Flügeln:“Kinder wissen von Natur aus sehr gut, was sie sich zutrauen können.“

Wie selbstbestimmt kann ein Kind mit 5 sein? Wie gelingt Eltern das Zusammenspiel von Wurzeln und Flügeln geben? Katja Seide und Danielle Graf haben einen Ratgeber für das Alter zwischen 5 und 10 geschrieben. Das Werk der Bloggerinnen von „“ ist wie gewohnt sehr lesenswert und Ihr könnt es gleich zwei Mal gewinnen. 

Vieles aus Eurem Buch wusste ich theoretisch, praktisch hilft es mir immer wenn es (von Euch) aufgeschrieben da steht. In Eurem ersten Buch ging es um die „Trotzphase“, nun um das Alter zwischen 5 und 10: Was passiert in dem Alter eigentlich und wie können Eltern für die ganze Familie in dieser Zeit Ihr Bestes geben?

In den Jahren 5-10 geht es ganz stark ums soziale Lernen. Genau dafür sind die wichtigsten neuronalen Verbindungen im Gehirn angelegt. Vor allem die Fähigkeit, Situationen aus den Augen eines anderen zu sehen, ist dabei immens wichtig. Nun geht es eben darum, herauszufinden, welche Art von Mensch man sein möchte. Deshalb wird viel gestritten und sich vertragen, es kann sein, dass zwei fies zu einem dritten sind, es ist möglich, dass Kinder in dem Alter fremde Dinge entwenden, dass sie lügen und betrügen, oder frech zu ihren Eltern sind. Das alles gehört dazu. Es ist eben ein Lernprozess. Kinder lernen auch nicht an einem Tag sprechen oder laufen, sie fallen viele Male auf die Nase, bis sie ihr Gleichgewicht halten können. Genauso verhält es sich mit dem sozialen Lernen. Kinder müssen erleben dürfen, wann eine Bemerkung zu gemein ist und vielleicht eine Freundschaft beendet und sie müssen auch erlebt haben, wie weh es tut, von der besten Freundin angelogen worden zu sein. All das speichert sich als Referenzssituationen im Gehirn ab und hilft später, sozial angemessen zu agieren und Impulse zu unterdrücken. Was Eltern tun können ist, sich ein bisschen zurückzuziehen aus den Angelegenheiten der Kinder. Freundschaftsstreits müssen nicht dringend von Erwachsenen moderiert werden (wenn es sich nicht um Mobbing handelt), und wie viel das Kind isst, wann es ins Bett geht oder was es anzieht, sollte es auch selbst entscheiden können. Damit ist nicht gemeint, sich völlig vom Kind zurückzuziehen. Das wollen sie auch gar nicht, sie wollen ja durchaus noch mit uns spielen, kuscheln oder in einem Bett schlafen. Es ist jetzt nur eben an der Zeit, den Kindern mehr Freiheit zu geben, ihre eigenen Fehler zu machen.

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Familienrollen, Kultur mit Kind

Kinderfüße und Hundepfoten – unser Leben mit dem Hunderudel

Am Anfang stand der Hund – treffender könnte man unser Familienleben wahrscheinlich nicht beschreiben, aber fangen wir vorne an.
Unsere kleine Familie besteht aus vier  Kindern im Alter zwischen 6 und 2 Jahren, einem Hundeflüsterer namens Papa und mir, der Neffa. Als mein Mann und ich vor gut 10 Jahren feststellten, dass wir als Ehepaar viel besser geeignet wären als als gute Freunde, hatten wir noch nicht die geringste Ahnung was da auf uns zukommen würde.

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Kultur mit Kind, Schöne Dinge

Flauschiger Piratenteppich zum Gewinnen – Werbung

Werbung.  Wer mir auf Twitter folgt, der weiß es schon: Dort stelle ich jeden Tag eine Frage, um meine Timeline – die Menschen, die mir folgen – kennenzulernen. Unter #lernedeinetimelinekennen erzählen mir Menschen, was ich unbedingt wissen will, das ist toll. So ist es auch zu diesem Beitrag gekommen, der nun in Zusammenarbeit mit Jako-o entstanden ist.

Welches Spielzeug hättest Du in Deiner Kindheit gerne gehabt, habe ich (mich) gefragt und viel über Barbie und Co. erfahren. Auch scheint es einige Brettspiele zu geben, die in den 80ern bereits große Beliebtheit hatten und heute zum Leidwesen einiger bereits vergriffen sind. Was ich auch immer wieder gelesen habe, war der Wunsch nach Dingen, um damit in andere Welten tauchen zu können. Manchmal fast greifbar einfach, wie der Wunsch nach einem Spielteppich.

Der Untergrund für Geschichten

Wir wollten es wissen und haben uns nun auch einen Spielteppich geholt. Bisher kannte ich diese vor allem in der Prinzessinnen- oder Autovariante. Ein bisschen geschlechtsneutraler fände ich schon schön. Es gibt auch Teppiche mit Elfen, Bauernhof-Ambiente und Pferden, wir entscheiden uns aber fürs Wasser: der Spielteppich Pirat ist nun unserer.

Megaflauschig fühlt sich das 180 mal 130 cm große Teil an, waschbar soll es sein und die natürlichen Farben leuchten. Ich mag den Teppich. Die Kinder wohl auch gleich und so kommt er auch sofort mit nach draußen, wo er sich farblich gut einfügt.

Waschbar steht drauf: ein großer Pluspunkt. Natürlich müssen wir ausprobieren, wie man Boote baut und es werden verschiedene Inseln angesteuert: Platz genug für alle ist ja. Aber auch die Verkleidungskiste wird hervorgeholt: da gibt es auch einiges zum Thema Piraten und sehr viel Alltagskram, den man schnell ummodeln kann. Gestreifte Klamotten hat ja bestimmt jeder daheim.

Die Mobilität des Piratenteppichs ist übrigens kaum zu toppen: Nicht nur, dass er manchmal mit in den Garten darf, sondern auch im neuen Daheim markiert er sogleich den Raum der Kinder. Und Deko im Kinderzimmer ist ja nicht immer so hübsch, dezent und farbenfroh.

Findet Ihr auch gut? Super, könnt Ihr nämlich gewinnen. Gemeinsam mit Jako-o verlose ich einen Piratenteppich. Und das müsst Ihr dafür tun: Kommentiert auf dem Blog, auf Facebook oder bei Instagram, was Ihr an Piratengeschichten mögt oder gar über Piraten wisst. Ich freue mich auf Eure Antworten.

Das Gewinnspiel geht bis zum 31. August 18 Uhr: dann wird gelost. Das Gewinnspiel ist bereits beendet und die Gewinnerin benachrichtigt. Vielen Dank für Eure Teilnahme.