Alltag, Elternfragen, Kultur mit Kind, Unterwegs

Dortmund: Highlights mit Kindern

Dortmund ist mir nahezu fremd: Aber ich hatte schon immer den Verdacht, dass ich da einmal hin muss. Nach dem mir Juli (bloggt auf Doppelkinder) und Kerstin (bloggt auf Kerstin und das Chaos) ihre Stadt näher gebracht haben, bin ich mir sicher: Ich muss nach Dortmund. 

 

Eine vierköpfige Familie ist für 24 Stunden in Dortmund: Welche touristischen
Stationen müssen sein?

 

Kerstin: Die Dortmunder Innenstadt ist generell kompakt und nicht sehr weitläufig, das
kommt Familien sicher entgegen, denn die wenigen markanten Punkte, kann man gut zu
Fuß ablaufen.Dortmund ist aber auch eine Fußballstadt. Also lohnt sich auf jeden Fall das Stadion mit Borusseum. Durch den Signal Iduna Park kann man auch eine Kinderführung buchen. Das Borusseum liegt gleich vor den Stadiontoren und macht vor allem fußballbegeisterten Kindern Spaß. Und noch viel wichtiger: Einen Biergarten gibt es dort auch.
In der Innenstadt direkt gegenüber dem Hauptbahnhof liegt seit einigen Jahren auch das
deutsche Fußballmuseum, in das ich es zu meiner Schande bis heute nicht geschafft habe.
Aber auch da, soll es den Gerüchten zur Folge, extra Angebote für Kinder geben.

Juli: Wenn man in Dortmund mobil ist, empfehle ich das Gelände des ehemaligen
Hochofenwerks Phoenix-West, das heute ein toller Landschaftspark mit Denkmälern der
Industriekultur ist. Auch die Kokerei Hansa im Stadtteil Huckarde ist einen Besuch wert.
Eindrucksvoll erobert sich dort die Natur ihren Raum zurück, und bei Regen kann man in der
alten Waschkaule prima Laufrad fahren.

 

Kaffee und Kuchen, oder Nudeln für die ganze Familie: Welche kulinarischen
Highlights in der Dortmund kannst Du empfehlen?

Kerstin: Wenn man sich in der Innenstadt aufhält und nicht gerade Heimspiel ist, sollte man
zum Alten Markt gehen. Da findet man für jeden Hunger etwas passendes und die Kinder
können über den Platz düsen. Bei Wenkers am Markt gibt es nicht nur lecker Pilsken,
sondern auch regionale Spezialitäten. Mag man grinsen, aber so ein klassischer Salzkuchen
(Brötchenkringel mit Salz und Kümel oben druff) mit Mett ist eben Dortmund.

 

Juli: Das Café Oma Rosa in der Chemnitzer Straße nahe der Innenstadt ist hübsch
eingerichtet, bietet hausgemachte Speisen und Kuchen an und verfügt über ein stattliches
Spielzeug-Arsenal, da man hier insbesonder auf Mütter und Kinder eingestellt ist. Wir treiben
uns außerdem gerne im Klubhaus 1249 in der Berswordt-Halle im Zentrum herum. In der
Halle, die an das Rathaus angegliedert ist, können Kinder problem herumlaufen, es gibt
leckere Burger und Salate und eine ganze Reihe an Hochstühlen für die Zwerge.

 

Welches Museum würdest du in Dortmund mit Kindern empfehlen?

Kerstin: Einen ganzen Tag kann man bei miesem Wetter locker in der DASA Dortmund
verbringen. Das macht Kindern richtig viel Spaß ab dem Kindergartenalter und auch für
größere Schulkinder. DASA bedeutet eigentlich Deutsche Arbeitsschutzausstellung, aber es
geht weit über die alten Webstühle der vorindustriellen Zeit hinaus. Man kann eine alte
Straßenbahn oder eine Feuerwehrleitstelle ansehen, sieht alte Lohren oder einen
hochmodernen Industrieroboter. Draußen gibt es eine Kinderbaustelle mit Kränen und allem,
was dazu gehört zum Spielen und Toben. Zusätzlich immer noch wechselnde
Ausstellungen.

Juli: Der Westfalenpark an sich ist ja schon ein tolles Ausflugsziel. Darin finden Familien das
Kindermuseum “mondo mio”. Neben einer Dauerausstellung zur kulturellen Vielfalt gibt es
dort immer wieder verschiedene Veranstaltungen für die ganze Familie. Außerdem vereint
das Dortmunder U verschiedene Dortmunder Museen, die auch ein pädagogisches
Angebot haben. Wenn nichts Besonderes anliegt, kann man dort aber auch hervorragend
Rolltreppe und Aufzug fahren. Zudem bietet die Dachterrasse einen imposanten ausblick
über die Stadt.

Shoppen als Familie: Wo lohnt sich ein Besuch?

Kerstin: Ich finde Shoppen mit Familie nicht so spannend und mache es höchst selten. Aber
netterweise liegt in Dortmund im Prinzip alles am Westenhellweg von den üblichen großen
Geschäften bis zum Shoppingcenter. Rings um die Kleppingstraße gibt es auch einige
hochpreisige Kindermodengeschäfte. Ich persönlich finde einfach praktisch, dass alles
Fußgängerzone ist und der alte Markt mit den ganzen Cafés jederzeit in Laufweite kurzer
Stummelbeine.

 

Juli: Da schließe ich mich Kerstin an. Wer in netten, kleinen Kiezgeschäften stöbern möchte,
ist im Kreuzviertel besser versorgt. Dort reihen sich kleine Läden und Cafés aneinander. Die
Altbauten geben den letzten Schliff für eine schöne Atmosphäre.

Pst, und nun: Wie kinderfreundlich ist Dortmund wirklich?

Kerstin: Vermutlich nicht kinderfreundlicher oder unfreundlicher als viele andere Großstädte
in Deutschland. Wenn man die richtigen Ecken kennt und sich bei Heimspielen nicht gerade
an den Friedensplatz stellt, passt das. Dortmund hat ja den Luxus, dass man kaum aus der
Innenstadt raus schon direkt ins Landleben kippen kann. Der Pott ist verdammt grün.

Juli: Wir lieben unser Leben hier und wenn man die richtigen Plätze kennt, hat Dortmund für
Familien eine Menge zu bieten.

 

Vielen lieben Dank. Seit Kurzem kann man Juli und Kerstin bei Kommakaffee auch mit ihrem Podcast hören. 

Alltag, Familienrollen, Nachgefragt

22 Monate: „So ein kleiner Mensch hat uns gezeigt, wie das so geht. Mit dem Leben.“

Die Familienrollen sind aus der Sommerpause zurück und wir starten mit einem sehr bewegenden Interview. Triggerwarnung: Annes Sohn wurde nur 22 Monate alt. Sie erzählt, was sie von ihm übers Leben und Sterben gelernt hat, welche Hürden es im Alltag gab und warum sie seine Geschichte auf jeden Fall sichtbar machen will. Ich danke Euch vorab schon mal fürs Teilen. <3

 

Auf dem Bild ist Anne mit ihren Töchtern zu sehen.

 

Euer Blog heißt 22 Monate. 22 Monate hat Euer Sohn Josef bei Euch gelebt bis ihr ihn gehen lassen musstet: Kannst Du ein bisschen von Deinem Sohn erzählen?

Josef war ein zerbrechliches und starkes Kind zugleich. Von und zusammen mit ihm haben wir viel gelernt.

Über das Leben und das Sterben. Haben gelernt, Ungewissheiten auszuhalten. Wir haben gelernt, wie beschenkend es ist, sich auf ihn einzulassen. Wir haben gelernt, Erwartungen und Wünsche in Frage zu stellen.

Sich von ihnen zu verabschieden. Josef so zu nehmen, wie er ist. In seiner Zerbrechlichkeit. Nicht zu viel zu fordern, zu wollen. Sondern zu sein. Wir haben gelernt, im Hier und Jetzt zu sein, nicht immer auf die bessere Zukunft zu hoffen. Die Momente zu nehmen, wie sie sind. Und zu schauen: Was ist jetzt in diesem Moment wichtig?

 

Josef war bis zu seiner Geburt gesund. Er erlitt einen Sauerstoffmangel während der Geburt. Sein Gehirn wurde durch den Sauerstoffmangel massiv geschädigt. Die Folgen der Schädigung waren gravierend. Er hatte z.B. keine Schutzreflexe. Er konnte nicht husten, niesen, schlucken, blinzeln. Er hatte Bewegungsstörungen (Spastiken). Beidseitige Gesichtslähmungen. Er konnte keine Mimik zeigen. Später kamen Krämpfe hinzu. Josef konnte nicht sehen und hören. Ganz anders als gesunde Kinder war Josef. Jederzeit konnte er ersticken. Wir mussten immer aufmerksam sein. Bei ihm sein. Ihn lesen lernen. Seine Atmung lesen lernen. Ihn mit einem Absaugegerät absaugen. Inhalieren.

 

Mit seiner Atmung teilte sich Josef mit. Wir waren schließlich Experten darin, sie zu deuten. Seine Atmung. Sie klang wie ein Meeresrauschen. Ganz anders als normal. War er angespannt, dann atmete er schneller. Seine Atmung war dann lauter. Entspannte er, wurde seine Atmung ruhiger und leiser.

 

Wir mussten lernen, dass Josef „lebenszeitverkürzend“ erkrankt war. Aufgrund der Schädigung hatter er eine kurze Lebenserwartung. Es wurde davon ausgegangen, dass er nicht alt werden wird.

 

Josef kuschelte gern. Und wir mit ihm. Wir haben Josef sein ganzes Leben gehalten. Ihn gespürt in unseren Arme auf unseren Körpern. Bauch an Bauch. Das waren die Glücksmomente. Ganz durchströmt mit Liebe. Intensive Liebe. Konzentrierter Liebe. So haben wir die Liebe hochkonzentriert fließen lassen. Das Schmerzlichste war, zu spüren, dass sein Leben kurz sein wird. Täglich zu spüren, dass sich sein Zustand verschlechtert. Wir nichts tun können. Unsere Liebe ihn nicht gesund machen wird. Wir ihn nur halten können. Und küssen.

Josef hat uns ganz behutsam mitgenommen auf seinen Lebensweg. Das war beeindruckend. So ein kleiner Mensch hat uns gezeigt, wie das so geht. Mit dem Leben.

Er war behutsam. Der Josef. Ein behutsames und sanftes Kind. Behutsam hat er uns gezeigt, wo seine und unsere Grenzen sind. Hat uns gezeigt, dass es nicht schlimm und furchtbar ist. Das Leben im Sterben. Sondern wertvoll. Ihn so zu nehmen, wie er ist. Sich einzulassen auf ihn. Nicht versuchen, ihn zu verändern. Nichts zu müssen. Nur zu atmen. So lange wie der Atem reicht. Sein Lebensatem.

Ich bin Josef unglaublich dankbar. Packe jeden Tag immer noch kleine Josefgeschenke aus. Mein Blick hat sich verändert. Ist mehr auf den Moment gerichtet. Auf das im Jetzt sein und nicht so sehr im Morgen.

 

Vier Jahre nach seiner Geburt beginnt Euer Blog. „22 Monate“ heißt das Projekt. Wen oder was wollt Ihr mit Euren Blog erreichen?

Lange haben wir überlegt, wie wir Josefs Leben erzählen können. Was machte unser Leben mit ihm aus? Was bedeutet Josefs Leben für uns? In einem Ausbildungskurs für Menschen, die in der Kinder- und Jugendmedizin arbeiten, haben wir im letzten Jahr aus Betroffenensicht von ihm und uns erzählt. Wir haben aber gespürt, für Josef und uns passt es nicht wirklich.

 

Sein Leben an einem Stück von vorn bis hinten zu erzählen. Wie eine Geschichte. In zwei oder drei Stunden. Ein ganzes Leben ablaufen lassen. Denn Josef hat uns in den Moment geholt. Uns das Aushalten gelehrt. Uns ins Fühlen gebracht. Also ist jeder Tag wichtig. Jeden Tag auszuhalten. Zu spüren. Nachzuspüren. So kamen wir auf die Idee mit dem Blog. Josefs Leben, Tag für Tag, genau vier Jahre später. Ich schreibe, Uli macht täglich ein Bild aus den Behandlungsunterlagen des jeweiligen Tages. Es kann nicht vorgeblättert werden.

 

Wir wollen Josef damit spürbar machen. Zeigen, wie wichtig es ist, sich Kindern mit einer lebensverkürzenden Erkrankung zuzuwenden. Bei ihnen zu sein. Gleichzeitig möchten wir zeigen, wie kompliziert es für die Familien ist. Das Leben. Der Alltag mit den vielen Menschen, ob zu Hause, im Krankenhaus oder im Kinderhospiz. Wie sich das bisherige Leben komplett verändert. Jeden Tag. Wir möchten zeigen, wie hilfreich es sein kann, von einem ambulanten Palliativteam begleitet zu werden. Was ein Kinderhospiz ist.

Auch möchten wir zeigen, wie unendlich schwierig es ist. An welche Grenzen wir gestoßen sind. Wir möchten zum Nachdenken anregen. Zum In-Frage-stellen eigener Werte und Normen. Möchten an die gesellschaftliche Verantwortung appellieren.

 

Es betrifft uns alle. Das Leben von unseren Kindern. Auch das der lebensverkürzend erkrankten Kindern. Ein großer Wunsch ist, einen Diskurs anzuregen. Betroffenen Familien eine Stimme zu geben. Dass nicht von anderen darüber gesprochen wird, was die Familien brauchen.

Sondern die Familien selber zu Wort kommen. Ernst genommen werden. Wir möchten zeigen, wie schnell es zu Zuschreibungen und Wertungen kommt, besonders, wenn Abhängigkeiten bestehen (z.B. von Pflegediensten, Krankenkassen, usw.) Wie wichtig es ist, behutsam miteinander umzugehen. Zuzuhören. Auszuhalten und nicht gleich Lösungen zu produzieren. Es gibt keine einfachen Lösungen. Wichtig ist das Zuhören und Aushalten.

 

Auf Eurem Blog schreibst Du viel, wie andere Leute mit Euch umgingen, zum Beispiel die Bekannten, die darüber urteilen, wie lebenswert Josefs Leben sei. Welches Feedback erreicht Euch nun mit dem Blog?

Ganz bewusst habe ich mich dazu entschieden, aus meiner ganz subjektiven Perspektive zu erzählen. Das heißt, meine Gedanken und Gefühle in der Rückschau. Ich nehme keine andere Position ein. Stelle mich nicht über die Menschen. Weiß ich denn, was die anderen Menschen Denken und Fühlen in den Situationen? Aus diesem Grund bleibe ich konsequent im Blog bei meiner Sichtweise. „Radikal subjektiv“ nenne ich meine Sichtweise.

Die Entscheidung ist ganz bewusst so gefallen. Gerade um den Blick einer betroffenen Mutter zu zeigen und sich nicht in Verallgemeinerungen zu verfangen. Ich beschreibe meine eigenen Gedanken und Gefühle. Ich beschreibe den Tagesablauf. In seiner Monotonie mit den täglichen Herausforderungen. Ich beschreibe die Personen die mir begegnen in ihren Rollen.

 

Die Krankenschwester in ihrer Krankenschwesterrolle, die Physiotherapeutin in ihrer Physiotherapeutenrolle, den Sauerstoffmann in seiner Sauerstoffmannrolle. Ich beschreibe Szenen die ganz schön und wertvoll waren. Ich beschreibe auch Szenen, die schwierig waren. In denen Grenzen überschritten wurden, in denen ich verletzt wurde. In diesen Szenen zeige ich das mich und uns verletzende Handeln der Personen in ihrer Rolle auf. Mache die Dynamik transparent, aber werte nicht den Menschen selbst.

 

Wir bekommen sehr viel positives Feedback. Ich bin dann immer ganz berührt und bestärkt. Davon. Es sind zum Teil betroffene Familien, die auf unsere Umfrage „Es sichtbar machen“ (Link zur Umfrage) reagieren. Familien, die sich wiederfinden in meinen Worten. Die deutlich machen, wie sehr sich die Situation besonders mit den Pflegediensten verschlechtert hat. Es durch den Pflegenotstand immer gravierender wird. Zeitweise haben die Familien wochenlang keinen Pflegedienst. Bekommen Kündigungen von Pflegediensten. Die Familien werden allein gelassen. Werden nicht gesehen.

 

Dann bekommen wir auch Post von nicht direkt betroffenen Menschen. Ganz unterschiedlicher Professionen. Die sich bedanken dafür, dass ich ihnen einen Einblick in die Sicht einer betroffenen Mutter gewähre. Es sind Krankenschwestern. Theologinnen. Ärzte. Mütter. Väter. Ich freue mich immer, immer sehr. Danke dafür. Ihr Alle.

Bisher gab es wenig negatives Feedback. Es ging dann eher um Formulierungen und Verständnisschwierigkeiten.

Ihr bloggt über Josef. Ihr habt noch zwei Kinder. Deine kleinste Tochter hat Josef nie kennengelernt: Wie haltet Ihr die Erinnerung lebendig?

Klara ist nun fast 11 Jahre und Jette 1 Jahr. Josef ist bei uns. Auf seine Art ist er präsent. In seinem Zimmer sitze ich gerade am Schreibtisch. Dort schreibe ich auch für den Blog. Es hängt ein großes Bild von ihm an der Wand. Eine Kerze brennt immer. Seit seinem Tod. Eine flackernde Kerze mit Batterie. An der Tür steht sein Name. Sein Mobile hängt am Fenster. Wenn ich das Fenster angekippt habe, klappert es. Dann denke ich, der Josef. Was sagt du dazu?

Jette trägt Sachen von Josef. So wie es die kleineren Geschwister so machen. Jette kommt mit auf den Friedhof und krabbelt dort herum. Klara findet es auf dem Friedhof eher langweilig. Wir erzählen von Josef. Von der Zeit mit ihm. Von der Zeit im Kinderhospiz. Oft sind es schöne Geschichten. Klara erinnert sich gern an die Zeit im Kinderhospiz. Wir uns auch. Manchmal finde ich Dinge von Josef in unserer Wohnung. Kleine Spritzen. Letztens habe ich in einer Tasche ein Pflaster zum Fixieren der Nasensonde gefunden. Er ist bei uns. Auf seine Art und Weise.

Euer Kind ist gestorben, Eure Trauer ist bestimmt unvorstellbar: Was hilft Euch und was wünscht Ihr Euch von Euren Mitmenschen?

Es hilft uns, über Josef zu sprechen. Zu lachen. Zu weinen. Der Blog hilft, unser Narrativ für unser Leben mit diesem wunderbaren Kind zu finden. Tag für Tag. Zu sortieren. Es hilft im Hier und Jetzt zu sein. Wir gehen offen mit Josef um. Die Mitmenschen brauchen keine Scheu zu haben vor uns. Dürfen uns ansprechen. Fragen stellen. Wir haben gelernt, uns abzugrenzen, wenn etwas zu heikel ist. Ehrlich gesagt, bin ich auch sprachlos, wenn ich von dem Tod eines Kindes erfahre. Es gibt wohl keine richtigen Worte. Lieb ist mir, wenn die Mitmenschen bei sich sind. Es reicht, wenn sie sagen, ich weiß nicht was ich sagen soll. Was soll man denn auch sagen, wenn es keine Worte gibt.

Was wünscht Du Dir für Deine Kinder? Und für „22 Monate?“

Liebe. Ich wünsche mir viel Liebe für meine Kinder. Vertrauen in das Leben. Bei sich zu sein. Momente genießen zu können. Das sie sich nicht so getrieben fühlen von vermeintlichen Anforderungen. Ich wünsche mir, dass sie gut mit sich sind. Das sie getragen werden und sich getragen fühlen. Ich bin ganz neugierig, was sie mir noch zeigen werden. Meine drei Kinder.

Für „22 Monate“ wünsche ich mir öffentliche Aufmerksamkeit. Es ist ganz wundervoll, dass wir BLOGFamilia-Award Preisträger 2018 geworden sind. Sichtbarmachen der prekären Situation von betroffenen Familien. Wir möchten ein Beitrag dazu leisten, das Thema Tod und Sterben von Kindern zu enttabuisieren. Wir stehen für ein würdevolles Leben im Sterben.

 

Es gibt keine Standards und Gesetze zur Sicherstellung und Qualität der Versorgung von lebensverkürzend erkrankten Kindern. Für wissenschaftlich fundierte Standards setzen wir uns ein. Wir appellieren an die Gesellschaft und Politik, ihre Verantwortung dafür wahrzunehmen. Die betroffenen Familien nicht allein zu lassen. Dafür soll der Blog da sein. Sichtbarmachen. Diskurse anregen und Veränderungen bewirken. Es gibt so unglaublich viel zu tun.

Vielen lieben Dank für Deine offenen Worte, Anne. 

Ihr habt auch eine Geschichte zu erzählen über die Ihr in den Familienrollen mal reden wollt? Dann schreibt mir eine Mail an fruehesvogerl@gmail.com.

Kultur mit Kind, Schöne Dinge

Spiele im Hochsommer – Werbung plus Gewinnspiel

Anzeige. Seit Wochen schwitzt Berlin. Vielleicht nicht ganz Berlin: Mir ist aber ununterbrochen heiß. Wirklich ununterbrochen. Es sind wenige Tage an denen die Temperaturen etwas kühler sind: Meist knallt die Sonne ununterbrochen. Schrecklich finde ich das. Wunderbar, denken sich meine Kinder. Will ich sie drinnen halten, muss ich mir meist etwas Besonderes ausdenken: Da trifft es sich gut, dass wir für AMIGO drei Spiele testen durften: Drei Testspiele, die ab 4 Jahren sind. Also das exakte Alter unseres Jungen. Den Gewinner dürfen wir auch an Euch verlosen.

 

Wir starten unseren Test mit HALLI GALLI Junior: Es scheint ein Klassiker, jemand aus unserer Familie kennt das Spiel noch von „früher“.

Worum geht es?

Es gibt Clowns in drei Farben, wenn zwei lachende Clowns der selben Farbe zu sehen sind, muss man klingeln. Wer am Ende die meisten Clowns hat, gewinnt. Wer sich an den traurigen Clowns vergreift, hat schlechte Karten.

Wie kommt es an?

Das Spiel ist schon verständlich und wir wissen alle schnell, wie es funktioniert. Wir werden bestimmt noch mal drauf zurück greifen, aber gegen einen richtigen Sommertag kommt es nicht an.

 

Geht sogar in der Nähe des Planschbeckens.

Im Anschluss testen wir KLACK! und endlich scheinen wir gefunden zu haben, was wir an heißen Tagen suchen: Ein Spiel das uns im Haus beglückt.

Worum geht es?

Der ganze Tisch ist voll mit runden magnetische Scheiben, die drei Elemente aufgedruckt haben. Wir haben zwei Würfel: einmal Farben, einmal Elemente. Dann geht es los: Man sucht und klackt die Scheiben aneinander. Klingt kompliziert? Ist es nicht.

Wie kommt es an?

Großartig. Das Spiel ist selbsterklärend und wir kommen gleich rein. Das mit den Farben ist sogar so einfach, dass die kleine Schwestern ein bisschen mitspielen kann. Und was ich richtig gut fand: Kein Achten auf Kleinteile oder Ähnliches, das Spiel lässt sich mühelos auch nach draußen verlegen.

Der dritte Punkt auf unserer Liste ist RINGLDING: Noch einmal testen wir ein Spiel mit einer Glocke.

Worum geht es?

Wir müssen mit bunten Zopfgummis an unseren Fingern Kombinationen nachbilden: Das finde ich für Vierjährige noch recht schwierig und auch nicht so arg lustig. Vielleicht ist es aber auch ein bisschen die fehlende Euphorie der Eltern, die mitschwingt.

Wie kommt es an?

Da auch wir Erwachsenen so ins Konzentrieren vertieft sind, kommt nicht so wirklich Elan auf: Das Spiel gibt Raum selbstgebastelte Kreationen zu machen, für die Ursprungsform ist es – so denke ich eher – für ältere Kinder geeignet.

Bestimmt ist Euch schon aufgefallen, welches Spiel uns besonders ans Herz gewachsen wird: Es ist KLACK! Dank AMIGO  darf ich auch zwei Exemplare dieses wirklich lustigen Spieles an Euch verlosen, dazu müsst Ihr mir nur verraten, wo Ihr Euch bei dieser Bullenhitze, wie wir sie grad haben, gerne aufhält? Dort könnt Ihr das Spiel auch bestimmt spielen, denn es ist wirklich unverwüstlich.

 

Antworten bitte direkt im Blog oder auf den sozialen Medien (sobald dort sichtbar) Facebook oder auf Instagram: Jeder Kommentar gilt. Gelost wird am 6. August um 18 Uhr: Viel Spaß.

Der Gewinn kann nicht in bar abgegolten werden.

 

Alltag, Familienrollen, Nachgefragt

Enby: „Ich habe mich nie als „Frau/Mädchen“ gefühlt.“

[nextpage title=“Enby: Ich habe mich nie als „Frau/Mädchen“ gefühlt.“]


„Ein Uterus verpflichtet aber nicht zum Kinderkriegen. Und nicht jeder Körper mit Uterus ist in der Lage ein Kind zu bekommen.“
 Ravna (bloggt auf Nooborn) hat mir in den Familienrollen erzählt, was der Begriff  „enby“ bedeutet und warum die Kinder Mama zu Ravna sagen dürfen, obwohl Ravna sich nie als Frau gefühlt hat. Das Interview hilft über Dinge neu nachzudenken, von daher bitte ich Euch, dieses Interview zu verbreiten.

 

Auf Twitter lerne ich jeden Tag viel Neues, bei Dir zum Beispiel über geschlechtergerechte Sprache. Unter dem dritten Geschlecht hatte ich immer, spätestens seit „Middlesex“ von J. Eugenides, ausschließlich Intersexualität verstanden. Durch dich lernte ich Neues. Auf Deinem Twitterprofil steht „Enby enby (they, ger: sier/just name) – kannst Du bitte erklären, was das bedeutet?

 

 

Enby ist eine Ableitung aus der Lautsprache der Kürzels „nb“ für das englische non binary, nicht binär. NB selbst wird häufig auch von B|PoC (Black People and People of Color) für „non black“ verwendet, weshalb ich es nicht für non binary verwende. Nicht alle nicht binären Menschen mögen Enby als Bezeichnung, einige finden es zB verniedlichend. Für mich ist es okay, ich mag es, weil es mit den vier Buchstaben gut zu „Frau“ und „Mann“ passt.

Wir leben in einer Gesellschaft die auf einem 2-Geschlechter-System basiert, auch binäres System genannt. Nicht binär heißt, dass ich ein Geschlecht habe, dass in diesem System nicht vorgesehen ist. Es gibt viele nicht binäre Geschlechter.

Mit Intersexualität hat das erstmal nichts zu tun. Inter sind Menschen deren Körper in einem oder mehreren Kriterien von dem abweichen, was vor ein paar hundert Jahren als „Gütekriterien“ für „männliche“ und „weibliche“ Körper festgelegt wurde. Ganz viel darüber kannst du zum Beispiel bei @cuffedcatling auf Twitter lernen.

Bei der Geburt werden uns Geschlechter zugewiesen – basierend darauf wie unsere Genitalien aussehen. Penis = Junge, Vulva = Mädchen, Abweichungen davon können (müssen aber nicht) bei inter Menschen auftreten. Solchen Kindern wird bis heute meist in kosmetischen OPs das Genital auf eine der Normen angepasst (meist auf eine Vulva). Oft mit schlimmen medizinischen Folgen.

Für manche Menschen stimmt das, was ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde: das sind cis Menschen.

Für andere Menschen stimmt es nicht, sie haben ein anderes Geschlecht als ihnen zugewiesen wurde: das sind trans Menschen.

Die meisten nicht binären Menschen sind trans. Einige nutzen diese Bezeichnung für sich nicht, zB weil sie nur manchmal ein Geschlecht haben, dass ihrem zugewiesenen Geschlecht nicht entspricht oder weil sie nicht wollen das falsche Assoziationen entstehen, denn viele verstehen unter trans ausschließlich die Menschen die sich Operationen und Hormonbehandlungen unterziehen.

Ich bin eine nicht binäre trans Person, ein Enby.

[nextpage title=“Enby: Auf Twitter dreht sich vieles bei Dir um sprachliche Feinheiten, und darum welches Pronomen gilt. Aber unabhängig von der Sprache: Wie kamst Du überhaupt drauf, dass Du enby bist?“]

Dass ich ein Enby bin war mir nicht „von Anfang an“ klar. Wie denn auch? Das Bewusstsein für die geschlechtliche Identität bildet sich ja erst in den frühen Kindheitsjahren aus.

 

Ich habe mich nie als „Frau/Mädchen“ gefühlt. Ich konnte damit „Frau zu sein“ nicht viel anfangen. Menstruationsbeginn und „Jetzt bist du eine Frau!“ und ich dachte nur so „Aha.“. Ich habe nie in den Spiegel gesehen und gedacht „Da steht eine Frau“. Ich habe es aber durchaus versucht, denn ich kannte keine Optionen außer „Frau sein“ und „Mann sein“.

Ich habe mich sehr früh in der Pubertät als lesbisch geoutet und kam in der lesbischen Szene auch gut unter, als eher maskulin auftretende Person (eher im Verhalten denn im Aussehen) vermeintlich weiblichen Geschlechts lässt es sich in der Szene gut leben.

 

Ich war 16 als ich zum ersten Mal bewusst einen trans Menschen kennen gelernt habe. Mindblowing! Vielleicht könnte ich ein Mann sein? Ich hab’s probiert. Ich bin kein Mann.

 

Erst Ende 20 las ich zum ersten Mal von dem Begriff „nicht binär“. Ich habe ne Weile gebraucht um diesen Begriff für mich anzuwenden und seitdem geht es mir auch bedeutend besser. Ich beschäftige mich ja viel mit Gendertheorien und -thematiken und vermutlich habe ich den Begriff auch davor schon mal irgendwann gelesen – oder den Begriff genderqueer, aber ich habe ihn wahrscheinlich ausgeblendet. Als ich ihn wahr zu nehmen begann war das schon ne kleine Offenbarung: es gibt andere wie mich. Ich bin normal.

 

Das finde ich deshalb betonenswert, weil ja, gerade aus rechten Ecken, es oft tönt: du willst ja nur was Besonderes sein! Special Snowflake! Davon abgesehen, dass ich es nicht verwerflich finde, etwas Besonderes sein zu wollen, will ich das was mein Geschlecht angeht nicht. Ich fand es erleichternd zu erfahren, dass es andere gibt die weder Frau noch Mann sind. Dass es dafür einen Namen gibt.

[nextpage title=“Enby: Auf Twitter gehst Du sehr offen damit um, dass Du nicht binär bist: Wie sehr trägst Du es in die Welt und wie begegnet man Dir damit?“]

Ich oute mich nicht aktiv. Ich finde es lästig, dass das dauernd erwartet wird. Wer mich fragt, bekommt eine Antwort, ich verheimliche das nicht. Aber ich schulde keinem Menschen eine Auskunft über mein Geschlecht. Ich erwarte auch von anderen keine Auskunft über das ihre.

Wenn es mich stört, weil ich falsch gegendert werde, dann sage ich das, wenn ich denke es lohnt den eventuell folgenden Aufwand. Die meisten erwarten dann nämlich gratis Fortbildungen zu Genderthemen während deren sie fröhlich Dinge sagen wie „Aber du hast doch eine Vulva?“ (Okay, die meisten Menschen sagen Vagina oder Scheide oder gar Mumu: aber meistens meinen sie gar nicht die Vagina sondern die Vulva).

Warum zum Geier Menschen sich für meinen Intimbereich interessieren, mit denen ich voraussichtlich nie Sex haben werde und die mich dort nicht medizinisch untersuchen müssen, werde ich vermutlich nie verstehen. Manche sagen auch sowas wie: „Aber ~eigentlich~ bist du doch eine Frau?“. Was sie wissen wollen ist: Wurde mir als Neugeborenes das Geschlecht „weiblich“ in die Geburtsurkunde geschrieben, weil ich eine Vulva habe?

 

Mein Mann war der erste vor dem ich mich geoutet habe. Am Anfang war es ein bisschen seltsam für ihn, weil er – wie du auch – noch nie etwas von dem Thema gehört hatte. Das ist okay, sowas dauert. Es dauert neue Pronomen zu lernen, insbesondere wenn es Neopronomen sind, also neue, noch nicht etablierte Pronomen. Für mich bevorzuge ich kein Pronomen oder das Neopronomen sier. Aber inzwischen hat er sich daran gewöhnt. Ich bin ja deswegen kein anderer Mensch. Im Gegenteil, ich bin mehr ich selbst und versuche nicht mehr „Frau-Sein“ zu performen um nicht aufzufallen – ich hatte da echt schlimme Zeiten.

Im Alltag werde ich ständig als Frau bezeichnet und es wird „sie“ als Pronomen für mich genutzt. Das nervt. Aber der Rattenschwanz der auf ein Outing folgt nervt eben auch.

 

Davon abgesehen ist es mitnichten so, dass die Menschen einfach sagen „Oh, du bist ein Enby? Okay, wusste ich nicht, sorry, künftig werde ich nicht mehr von dir reden als wärst du eine Frau.“ Viele Menschen leugnen nicht binäre Geschlechter und beharren darauf mir ein Geschlecht – nämlich das was sie bei mir zu erkennen glauben – zuzuweisen. In meinem Fall aktuell meist weiblich, früher aber auch öfter mal männlich.

Ravna mit 18.

Ich erinnere mich zu gut an eine Diskussion mit einer Reinigungskraft auf einer öffentlichen Toilette die mich auf keinen Fall in die „Damentoilette“ lassen wollte: irgendwann habe ich ihr meine Brüste gezeigt indem ich das Hemd straff zog und bin danach ins „Herrenklo“ spaziert. Da war ich 18. Sie verfolgte mich danach mit einer Schimpftirade bis nach draußen.

 

Das ist aber ein eher harmloser Vorfall. Ich bin auch schon körperlich angegriffen worden, sowohl wegen meiner Sexualität als auch wegen meines Geschlechts.

Um das kurz für stutzende Lesende zu klären: ja, ich schrieb eingangs, dass ich mich früh als lesbisch outete. Mit Anfang 20 habe ich festgestellt, dass ich nicht lesbisch bin, als ich mich in einen cis Mann verliebte. Jetzt bin ich sogar mit einem verheiratet. Ich bin deswegen aber nicht auf einmal hetero. Ich bin bisexuell, pansexuell. Ich nutze beide Begriffe für mich.

[nextpage title=“Du hast drei Kinder geboren: Hat sich dadurch Dein Blick auf Dich selbst verändert?“]

Neben der Menstruation ist das Gebären etwas von den Sachen die gesellschaftlich superstark mit Frau-Sein assoziiert werden. Das geht soweit, dass vermeintliche oder tatsächliche Frauen, die nicht gebären wollen/können andauernd damit belästigt werden, dass sie ja gebären könnten und sollten.

 

Ein Uterus verpflichtet aber nicht zum Kinderkriegen. Und nicht jeder Körper mit Uterus ist in der Lage ein Kind zu bekommen.

Auf jeden Fall habe ich diesen Prozess des „Kind-Bekommens“ drei mal durchlaufen. Und ja: nie habe ich mich weniger als Frau gefühlt. Es war immer so ein Narrativ, dass die Geburt das Frau-Sein vollkommen macht (Leseempfehlung an dieser Stelle: die „Milf-Mädchen-Rechnung“ von Katja Grach). Und ich hatte geboren und lag da und: habe mich immer noch nicht als Frau gefühlt.

 

Im Gegenteil: ich habe festgestellt, dass ich mich mit dem Ganzen Tamtam der gemacht wurde noch unwohler gefühlt habe als eh schon. Geburtsvorbereitungskurse in denen von der weiblichen Urkraft gefaselt wird, Texte die mir erzählen ich solle Kontakt zu meiner inneren Göttin aufnehmen (WTF!), Rückbildungskurse in denen thematisiert wird, dass „wir Frauen“ ja „voll natürlich“ spüren und wissen was die Kinder wollen und in denen 10 Menschen mit tropfenden Brüsten im Kreis sitzen, ihre schreienden Babies zu beruhigen versuchen um irgendwas von dem was die Hebamme erzählt mitzubekommen und dann geht’s um die Aufgaben als Frau und Mutter. Uff, nääää. Mir war es in reinen Frauengruppen schon immer etwas unbehaglich, ich habe da nie dazu gehört.

 

Meine Kinder dürfen mich Mama nennen, wir sagen dier oder das Mama. Es ist ein Kosewort und als solches okay. Ich bin aber keine Mutter sondern ich bin ein Elter. Das große Kind nennt mich gelegentlich auch Papa oder Mamapa – das ist alles okay.

[nextpage title=“Du erziehst Deine Kinder frei von Geschlechterstereotypen: Wie kann man sich das vorstellen?“]

Ich erziehe meine Kinder nicht frei von Stereotypen, ich glaube das geht nicht wirklich. Ich gebe mir aber Mühe, es möglichst wenig zu tun.

 

Es fängt ja oft schon im Elterleib an, dass mit dem Bauch der schwangeren Person unterschiedlich gesprochen wird, wenn bekannt ist welches Genital das Kind vermutlich hat. Sowohl die Stimmlage als auch der Inhalt des Gesagten unterscheiden sich. Das Verhalten des Kindes im Bauch wird unterschiedlich interpretiert. Das Kind mit Penis, das tritt, wird bestimmt mal „ein richtiger Fußballer“. Das Kind mit Vulva das tritt, wird „eine kleine Zicke“.

 

Wir versuchen mit allen drei Kindern gleich zu reden, ihnen die gleichen Spielzeuge zur Verfügung zur stellen, die gleiche Kleidung anzuziehen, bzw. ihnen zur Verfügung zur stellen. Das war es auch schon. Klingt einfach, ist aber sehr schwer.

 

Das eigene Verhalten beständig zu reflektieren gehört dazu. Sich zum Beispiel zu frage,n ob ich das Kind ermahne, vorsichtiger zu sein, weil ihm „weiblich“ zugewiesen wurde oder ob etwas wirklich gefährlich ist – Kinder, die als Mädchen einsortiert wurden, werden nämlich viel häufiger zu Vorsicht ermahnt. Das resultiert am Ende dann in erwachsenen Männern, die ein deutlich risikoreicheres Verhalten an den Tag legen als Frauen – zum guten wie zum schlechten. Solche Sachen versuchen wir zu vermeiden.

Ausführlich habe ich darüber mal mit Frieda von 2kindchaos gesprochen.

[nextpage title=“Wenn ich Dich richtig verstanden habe, schreibst Du Deinen Kindern kein Geschlecht zu, sondern lässt Ihnen die Wahl.Wie beugst Du vor, dass es für Deine Kinder verwirrend sein könnte bzw. wie leitest Du das Umfeld an?“]

Ö

Ich finde es lustig, dass du fragst, ob es für unsere Kinder verwirrend sein könnte, wenn wir sie geschlechtlich nicht verorten. Das würdest du andersherum sicher nicht fragen: wenn wir ihnen die zugewiesenen Geschlechter als „das bist du“ erklären würden, dann wäre das „normal“.

 

Wir versuchen gegenderte Begriffe wie Schwester/Bruder, Tochter/Sohn zu vermeiden und bringen den Kindern bei, dass sie die Wahl haben. Wir sagen nicht „Du bist ein Mädchen/Junge“ – denn das wissen wir nicht. Nur sie wissen, was sie sind. Ein Mädchen, ein Enby, ein Junge, mehreres, gar nichts,… Das ist nicht verwirrender für ein Kind als Automarken. Viele Eltern (meist Väter) finden es völlig normal, dass ihre Kinder (meist die, denen männlich zugewiesen wurde) mit vier Jahren einen Mercedes von einem Opel und von einem VW unterscheiden können, statt einfach zu allen „AUTO!“ zu sagen. Diese Kinder können das, weil ihnen die Differenzierung beigebracht wurde. Aber mehr als zwei Geschlechter sollen verwirrend sein?

 

Sie lernen verschiedene Pronomen, auch Neopronomen, wir benutzen aber, es sei denn sie äußern andere Wünsche, er und sie basierend auf der Zuweisung. Und sie lernen, dass es unhöflich ist vom Aussehen auf das Geschlecht zu schließen. Sehen wir also eine Person auf einem Fahrrad, der wir ausweichen müssen, sagen wir zum Beispiel nicht „Vorsicht, Radfahrerin!“ sondern „Vorsicht, radfahrende Person!“. Wir versuchen generell das generische Maskulinum zu vermeiden und entweder mit Glottisschlag, Partizipform oder generischem Femininum zu arbeiten.

 

Das Umfeld leiten wir wenig an, je näher sie uns sind, desto mehr bitten wir darum, es uns nach Möglichkeit nachzuleben. Wir sagen etwas, wenn unsere Kinder sich das wünschen. Das große Kind will zum Beispiel nicht als sein zugewiesenes Geschlecht bezeichnet werden, sondern einfach nur als Kind. Wenn es also falsch benannt wird, sprechen wir das an, wenn es sich das wünscht. Im Kindergarten zum Beispiel oder bei meinen Schwiegereltern. Da hat das Kind gesagt „Ich möchte, dass ihr denen sagt, dass ich ein Kind bin.“

 

Wenn unsere Kinder nicht cis sind, dann ist das so. Und dann werden wir sie bestmöglich unterstützen, denn so ganz leicht ist es leider, wie eingangs beschrieben, nicht, wenn die Zuweisung nicht mit dem tatsächlichen Geschlecht übereinstimmt.

[nextpage title=“Was ich total verstehe, dass Du und andere genervt sind, wenn sie sich immer wieder neu erklären müssen. Was mich aber auch nervt, wie rauh der Ton manchmal ist. Was schlägst Du für alle Beteiligten vor, um bei Geschlechterfragen gut im Dialog zu bleiben?“]

 

Ich empfehle, sich abzugewöhnen einen „netten höflichen Ton“ zu erwarten, damit Kritik geäußert werden „darf“. @redhidinghood_ (https://twitter.com/redhidinghood_/status/994305993277366275) formulierte das auf Twitter mal schön: „Männer überwinden. Männer, die nicht gemeint sind, denen es aber wichtiger ist nicht mitgemeint zu sein sind definitiv mitgemeint.“

Gerade auf Twitter nutzen viele Accounts Umkehrungen und satirische Überspitzungen dessen, was sie selbst zu hören kriegen. Viele Leute fühlen sich dann ans Bein gepinkelt. Mir geht dazu immer das Sprichwort „Nur getroffene Hunde bellen“ durch den Kopf.

Oft kommt auch auf Hinweise, dass etwas transfeindlich ist, ein eingeschnapptes „Ich bin nicht transfeindlich!!!“.

Zum einen geht es bei Kritik an Transfeindlichkeit nicht um persönliche Einstellung gegen über trans Menschen, zum anderen sind wir alle transfeindlich – ja auch trans Menschen haben Transfeindlichkeit verinnerlicht. Transfeindlichkeit ist im 2 Geschlechter System unserer Gesellschaft im Grunde vorprogrammiert. Wir haben ja alle von klein auf gelernt, dass es nur zwei Geschlechter gibt und diese am Körper zu erkennen wären.

Auch hier gilt: reflektieren. Und trans Menschen zuhören. Auch und vor allem denen, die erstmal unbequem wirken. Der raue Ton gilt in aller Regel anderen. Wenn er dir gilt, dann vermutlich weil du drüber warst. Dann kurz sacken lassen und nicht sofort antworten. Meist ist ein „sorry“ angebrachter als ein zurückpampeln.

Ansonsten kann ich sehr empfehlen, einfach nachzufragen „Ist es okay wenn ich dir Fragen dazu stelle?“ und ich kann es auch sehr empfehlen, die Suchmaschine deines Vertrauens zu benutzen, bevor du diese Fragen stellst. 99% deiner generellen Fragen sind nämlich schon beantwortet worden. Weitere 0,9% indirekt. Und diese eine Frage die dir einfällt, die noch nie zuvor eine cis Person einer trans Person gestellt hat, die wird dir vermutlich jede trans Person gerne beantworten.

 

Vielen lieben Dank für Deine Erläuterungen, Ravna. 

 

Die Familienrollen gibt es nun schon relativ lange, aber immer noch gibt es jede Menge Geschichten, die noch nicht erzählt wurden. Du hast einen Aspekt, den Du bisher vermisst hat, oder möchtest Deine Familiengeschichte erzählen? Dann schreib mir eine Mail an blog@fruehesvogerl.de.

Elternfragen, Kultur mit Kind, Nachgefragt, Unterwegs

Bamberg: Highlights mit Kindern

[nextpage title=“Bamberg: Highlights mit Kindern“]In Bamberg war ich noch nie. Nadine (bloggt auf „Mama und die Matschhose„) hat mir nun verraten, was man in 24 Stunden Bamberg auf jeden Fall sehen sollte, was das Sams mit der Stadt zu tun hat und bei welchem Thema man sich doch besser für Nürnberg entscheidet. 

Eine vierköpfige Familie ist für 24 Stunden in Bamberg: Welche touristischen Stationen müssen sein?

 

Das Alte Rathaus in Bamberg ist wunderschön anzusehen, schon allein aufgrund seiner Lage: Es wurde auf einer künstlichen Insel mitten im Fluss Regnitz errichtet und ist nur über Brücken zu erreichen. Die Fassade ist herrlich mit ihren plastischen Fresken. Da ist die ganze Familie beeindruckt.

 

Auch der Bamberger Dom mit seinem mysteriösen Bamberger Reiter ist einen Besuch wert. Es gibt tolle Kinderführungen, bei denen die Kinder etwa Ausschau nach den Tieren im Dom halten und auch das einzige Papstgrab nördlich der Alpen entdecken. Zum Ausgleich sollte die Sightseeing-Tour noch auf die Erba-Insel führen, auf das Gelände der ehemaligen Landesgartenschau: Dort wurden wunderbare (Wasser-)Spielplätze geschaffen, auf denen immer wieder das Sams als Skulptur auftaucht: Sein Erfinder, Paul Maar, ist nämlich Bamberger.

[nextpage title=“Kaffee und Kuchen, oder Nudeln für die ganze Familie: Welche kulinarischen Highlights in der Domstadt kannst Du empfehlen?“]

Berühmt ist Bamberg für seine Bierkeller, wie die Biergärten hier heißen. Viele davon haben tolle Spielplätze dabei. Besonders gern mögen wir den Schmausenkeller, der rund 10 Autominuten außerhalb Bambergs liegt, in Reundorf: Die Preise dort sind unverschämt günstig – und, noch besser: Ein toller Spielplatz ist dort im Wald versteckt.

 

Wer Kuchen mag, geht am besten zum Café Zuckerl am Erba-Spielplatz (siehe oben). Es gibt dort auch vegane Leckereien. Wer Pizza mag, könnte ins Aposto gehen. Dort gibt es öfter sonntags Kasperl-Aufführungen zum Essen, und dauerhaft einen eigenen Speise-Raum für Eltern mit kleinen Kindern mit netter Spielecke.

Wie sieht es mit den Museen der Stadt aus – welches ist mit Kindern besonders toll?

Oh, um gute Kindermuseen zu sehen, würde ich den Zug nach Nürnberg nehmen … Nein, Quatsch, ein bisschen was hat Bamberg auch zu bieten. Mein Geheimtipp ist das Diözesanmuseum direkt neben dem Dom. Da gibt es in der Weihnachtszeit immer eine Ausstellung mit Krippen aus aller Welt. Das beeindruckt Kinder wie Erwachsene gleichermaßen.

[nextpage title=“Shoppen als Familie: Wo lohnt sich ein Besuch?“]

Wir gehen gern ins Einkaufszentrum Ertl in Hallstadt, einer Ortschaft, die nahtlos mit Bamberg verknüpft ist. Bei Ertl gibt es eine hölzerne Riesenrutsche zwischen Erdgeschoss und dem tollen Spielzeugladen im Untergeschoss, es gibt nostalgische Kinderkarussells, die die Kinder kostenlos nutzen dürfen – und immer wieder Kinderaktionen.

 

Wir Erwachsene können derweil in den meist kleinen Geschäften des Einkaufszentrums in Ruhe einkaufen. Wer Kindermode kaufen möchte, sollte zudem unbedingt im Lollibel in den Theatergassen (Nähe Innenstadt) vorbeischauen: Dort gibt es eine riesige Auswahl von deutschen und nordischen Marken (Maxomorra!) zu sehr günstigen Preisen. Plus: Die Chefin ist sehr nett. Wer durch die Altstadt schlendert, wird zudem über viele kleine Modeboutiquen für Kinder stolpern.

[nextpage title=“Pssst, und nun: Wie kinderfreundlich ist Bamberg wirklich?“]

Familien haben hier eine hohe Lebensqualität. Die Wege sind kurz, die Angebote für Familien von tollem Vereinssport hin zu Kursen und Spielplätzen sind vielfältig, die Kosten für all das halten sich im Vergleich zu denen in der Großstadt in Grenzen. Und wer es grüner mag, macht von hier aus Ausflüge in die Fränkische Schweiz mit ihren Burgen und Tropfsteinhöhlen oder Radtouren entlang Regnitz und Main. Für einen Kurzurlaub jedenfalls kann ich unser Städtchen und sein Umland nur empfehlen.

 

Vielen lieben Dank nach Bamberg. Der Mann von Nadine, Harry Luck, schreibt übrigens Bamberg Krimis. 

 

Eure liebste Stadt fehlt noch? Dann schreibt mir eine Mail an fruehesvogerl@gmail.com.

Tipps für andere Städte gibt es zum Beispiel hier Salzburg, Münster, Hamburg, Hannover, Wien. 

Kultur mit Kind, Meinung, Schöne Dinge

Holzspielzeug: Ein Plädoyer dafür inkl. Einhorn-Gewinnspiel – Werbung

Anzeige. Wir haben zwei Kinder und dementsprechend viel Spielzeug. In den ersten beiden Jahren plädiere ich übrigens ganz klar für Holzspielzeug, was nicht daran liegt, dass ich ein Klischee erfüllen will. Wie es dazu kam und warum ich Euch ein paar unsere liebsten Produkte von Jako-o ans Herz liege und Ihr eines davon gewinnen könnt, kommt hier.

Die Kinder bekommen Biokleidung, gestillt wird lange, Holzspielzeug muss es sein und dann gibt es noch ein paar Klischees, die Müttern, die sich rund um den Kollwitz-Platz, Prenzlauer Berg, tummeln, angehaftet werden.

 

Der gemeine Bioschnuller, den es dort zu kaufen gibt, den fand ich ziemlich eklig. Und auch von viel Bioprodukten haben wir uns nicht rund um die Uhr inspirieren lassen. Holzspielzeug fand ich aber immer recht überzeugend. Die Gründe sind so einfach wie kurz:

Der Geruch: Plastikspielzeug riecht einfach widerlich. Grad in den ersten beiden Jahren ist ja mitunter damit zu rechnen, dass ein Spielzeug auch mal im Mund landet, da ist es echt toll, wenn nicht gleich ein Würgegefühl mit kommt.

Die Haptik: Ob man jetzt mit dem Spielzeug spielt, oder nachts drauf tritt – Holz ist einfach besser.

Die Verweildauer: Es gibt Sachen, die sind – wenn sie der Hund nicht erwischt – einfach wunderbar unkaputtbar und wenn wir auch nicht die Verfechter vom Spielzeug über Generationen sind, so konnten wir schon Spielzeug weitergeben, dass hier schon beiden Kindern große Freude gemacht haben.

Vier Produkte finden wir besonders toll:

 

Das Holzauto: „Es driftet“,  sagt mein Sohn heute begeistert, wenn er das kleine Holzauto seiner Schwester in die Kurven legt. Auch wenn er mit seinen vier Jahren natürlich auch schon jede Menge kleine Plastikautos hat, fehlt diesem scheinbar nichts. Und was mich besonders freut, wenn die Kleine damit spielt: Es ist stabil und kann schwerlich Einzelteile verlieren.

Das Steckspiel: Als ich das Steckspiel für Kinder ab  1 das erste Mal gesehen habe, dachte ich mir, das ist so pädagogisch wertvoll, das muss nicht unbedingt so gut ankommen wie bei den Eltern. Und täuschte mich. Meine fast Zweijährige spielt mit Hingabe und steckt die Püppchen immer wieder neu zusammen. Pro-Tipp: Gut aufpassen, dass keines verloren geht.

Die Murmelbahn: Der Zauber von Murmelbahnen hatte sich mir nie so ganz erschlossen, bis eine Murmelbahn bei uns einzog. Die Kinder lieben es. Wie die Kugeln rasen, wie Dinge, die da gar nicht dazu gehören, eingebaut werden können und wie die Püppchen wackeln. Und mein Mann, der die Kinder beim Testen beobachtet, zeigt ganz deutlich, die Begeisterung kann auch ganz lange halten.

Das Einhorn: Diese kleinen Figuren zum Rumfahren habe ich bei meinem Sohn erst recht spät entdeckt, so spät, dass ich dann keine mehr gekauft habe, obwohl wir die echt süß fanden. Wie gut, dachte ich mir bei meiner Tochter, jetzt können wir ihr mal etwas schenken, dass hier noch nicht vorhanden ist. Dass es sich um eine Einhorn handelt, hat mich besonders gefreut und sie liebt das Teil, man sieht es ihm mittlerweile auch echt an.

Dieses besagte Einhorn könnt Ihr nun auch gewinnen: Sagt mir, was ist Euer Punkt für Holzspielzeug und gewinnt eines von zwei Holz-Einhörnern. Direkt im Blog oder auf den sozialen Medien (sobald dort sichtbar) Facebook oder auf Instagram: Jeder Kommentar gilt. Gelost wird am 1. Juli um 18 Uhr: Viel Spaß.

Die zwei Einhörner werden freundlicherweise von Jako-o zur Verfügung gestellt: Der Gewinn kann nicht in bar abgegolten werden.

 

Das Gewinnspiel ist bereits beendet: Die Gewinner werden schriftlich benachrichtigt.